Werdender Wohnungseigentümer haftet für Hausgeld allein
Hintergrund: Teilender Eigentümer soll Hausgeld zahlen
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt die teilende Eigentümerin (im Folgenden: Verkäuferin) auf rückständige Hausgelder in Anspruch.
Die Verkäuferin war Eigentümerin einer Wohnanlage, die sie in Wohnungseigentum aufteilte. Nach wie vor ist sie Eigentümerin einer Wohnung und zweier Tiefgaragenplätze, die sie mit notariellem Vertrag vom 14.7.2004 verkaufte. Für die Erwerberin wurde am 19.7.2004 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Die Eigentumsumschreibung ist noch nicht vollzogen.
Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt überließ die Verkäuferin der Erwerberin die Wohnung und die Stellplätze zur Nutzung. Am 22.9.2004 wurde der erste weitere Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Verkäuferin Zahlung der Abrechnungsspitzen aus den Abrechnungen der Jahre 2007 und 2008 sowie rückständiges Hausgeld aus den Jahren 2009 und 2010 für die am 14.7.2004 verkaufte Wohnung, die noch in ihrem Eigentum steht.
Entscheidung: Nur Erwerber haftet für Hausgeld
Der BGH weist die Klage ab. Die Verkäuferin haftet nicht für die Hausgelder, auch wenn sie nach wie vor als Eigentümerin der Wohnung im Grundbuch eingetragen ist. Nur die Erwerberin muss für die Hausgelder aufkommen.
Erwerberin ist werdender Wohnungseigentümer
Die Erwerberin der Wohnung ist als werdender Wohnungseigentümer anzusehen.
In der Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten sein. Voraussetzung ist, dass der Erwerber aufgrund einer rechtlich verfestigten Erwerbsposition ein berechtigtes Interesse daran hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnanlage vorzeitig auszuüben. Eine solche Erwerbsposition ist entstanden, wenn
- ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt
- der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und
- der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist.
Dies hat zur Folge, dass der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann und andererseits gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten tragen muss.
Die Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft sind auch auf die Ersterwerber anzuwenden, die den Besitz an der Wohnung erst nach Entstehung der Gemeinschaft erlangt haben. Vorliegend kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Erwerberin der Wohnung den Besitz vor oder nach Eintragung des ersten Erwerbers ins Grundbuch und damit erst nach Entstehung der Eigentümergemeinschaft erlangt hat.
Keine fortdauernde Haftung des Veräußerers
Die Erwerberin haftet allein für die Kosten und Lasten der Wohnung, obwohl sie noch nicht im Grundbuch eingetragen ist. Der werdende Eigentümer tritt im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten an die Stelle des Veräußerers, dem nur in sachenrechtlicher Hinsicht das Eigentum verbleibt. Veräußerer und Erwerber haften nicht als Gesamtschuldner.
BGH: Werdender Wohnungseigentümer haftet für Hausgeld allein
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Dem Veräußerer könnten nur dann weiterhin Pflichten auferlegt werden, wenn ihm zugleich die Rechte eines Wohnungseigentümers zugestanden würden. Insbesondere muss das Stimm- und Anfechtungsrecht mit der Verpflichtung korrespondieren, Kosten und Lasten zu tragen. Stimmberechtigt ist jedoch allein der werdende Wohnungseigentümer. Es widerspräche dem mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft verfolgten Zweck, einen frühzeitigen Übergang der Entscheidungsmacht vom Veräußerer auf die Erwerber zu gewährleisten, wenn der Veräußerer weiterhin an der Willensbildung der Gemeinschaft beteiligt würde.
(BGH, Urteil v. 11.5.2012, V ZR 196/11)
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