Instandhaltungspflicht umfasst Instandsetzung nicht immer

Unterscheidet die Gemeinschaftsordnung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum und weist nur die Instandhaltung einem Sondereigentümer zu, ist die Instandsetzung im Zweifel Sache der Gemeinschaft. Einen Schaden im Sondereigentum durch eine Reparatur von Gemeinschaftseigentum kann der Sondereigentümer fiktiv auf Basis eines Kostenvoranschlags abrechnen.

Hintergrund: Eigentümer repariert Decke selbst

Ein Wohnungseigentümer verlangt von der Wohnungseigentümergemeinschaft die Erstattung von Kosten für die Reparatur einer Zwischendecke.

Bei der Einheit des Eigentümers (Einheit Nr. 3) handelt es sich um ein im Hof der Wohnanlage stehendes zweigeschossiges Einfamilienhaus. Darin verläuft in einer Zwischendecke ein wasserführendes Rohr der gemeinschaftlichen Heizungsanlage.

§ 4 Nr. 1 der Teilungserklärung enthält folgende Regelung:

1. Die Kosten der Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes (insbesondere Wände, Decken, Böden, Türen, Fenster, Rollläden) einschließlich der äußeren Fenster, 
(…)

c) trägt, soweit sich diese im Bereich der zum Sondereigentum der Wohnung Nr. 3 gehörenden Räumlichkeiten befinden, der Eigentümer der Wohnung Nr. 3, einschließlich der über diesem Wohnungseigentum liegenden Dachkonstruktion mit Dach, (…).

Die Kosten der Instandhaltung aller Ver- und Entsorgungsleitungen

a) trägt, soweit diese Leitungen nur von einem Eigentümer allein genutzt werden, derjenige Eigentümer allein, der die Leitungen allein nutzt, 
(…). 


Bezüglich der zu den einzelnen Einheiten gehörenden Hebeanlagen soll laut Teilungserklärung der jeweilige Eigentümer die Kosten der Wartung, Instandsetzung und Erneuerung sowie alle sonstigen etwaigen Unterhaltungskosten allein tragen. Die Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum und Anlagen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, soll dem betreffenden Wohnungseigentümer obliegen, als sie durch unsachgemäße Behandlung durch den Eigentümer oder dessen Angehörige erforderlich werden.

Im Juli 2011 gab es in der Einheit Nr. 3 einen Rohrbruch. Ein Unternehmen reparierte das defekte Rohr im Auftrag der WEG. Für die Reparatur musste die darunter befindliche Zwischendecke aufgebrochen worden. Ob und inwieweit die Zwischendecke durch den Rohrbruch durchfeuchtet und beschädigt worden war, ist unklar. Die Zwischendecke wurde im Zuge der Reparatur nicht instandgesetzt.

Der Eigentümer der Einheit holte einen Kostenvoranschlag für die Reparatur der Zwischendecke ein. Er führte diese in Eigenarbeit aus und verlangt auf der Grundlage des Kostenvoranschlags die Zahlung von 1.122,40 Euro. 

Entscheidung: Erstattungsanspruch kann bestehen

Der Eigentümer kann eine Kostenerstattung verlangen, sofern die Zwischendecke erst im Zuge der Rohrreparatur beschädigt worden ist und nicht schon durch den Rohrbruch. Um dies zu klären, wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

Sollte ein Erstattungsanspruch bestehen, kann der Eigentümer fiktiv in Höhe des Nettobetrages aus dem Kostenvoranschlag abrechnen.

Erstattungsanspruch bei Eingriff in Sondereigentum

Grundlage für einen Erstattungsanspruch des Eigentümers ist § 14 Nr. 4 WEG. Demnach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Den hierdurch entstehenden Schaden muss die Wohnungseigentümergemeinschaft ersetzen.

Die reparierte Wasserleitung gehört zum Gemeinschaftseigentum, während die beschädigte Zwischendecke, die keine tragende Geschossdecke ist, Sondereigentum des Eigentümers der Einheit Nr. 3 ist.

Teilungserklärung kann Instandhaltung und Instandsetzung abweichend regeln

Ein Ersatzanspruch aus § 14 Nr. 4 WEG ist nicht durch die Teilungserklärung ausgeschlossen.

Für die Instandhaltung und Instandsetzung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsleitung ist nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung in § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG die Gemeinschaft zuständig. Diese muss auch die damit verbundenen Kosten tragen. Die Wohnungseigentümer können aber durch Vereinbarung davon abweichen, sofern sie eine klare und eindeutige Regelung treffen; im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit.

Soweit die Zuständigkeit für die Instandhaltung und Instandsetzung wirksam auf den Sondereigentümer übertragen ist, muss dieser grundsätzlich sämtliche Kosten der Maßnahmen tragen. Dazu gehören auch die Kosten, die dadurch anfallen, dass bei der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums in das Sondereigentum eingegriffen und dieses beschädigt wird. Dann steht dem Sondereigentümer kein Ersatzanspruch zu.

Nur Instandhaltung wurde auf Sondereigentümer übertragen

Eine solche abweichende Regelung enthält § 4 der Teilungserklärung nur hinsichtlich der Instandhaltung der Versorgungsleitungen und der Kosten hierfür. Die Reparatur beziehungsweise Instandsetzung hingegen ist nicht dem Sondereigentümer zugewiesen und obliegt somit allen Wohnungseigentümern. Das ergibt sich aus einer Auslegung der Teilungserklärung.

Ausdrücklich regelt § 4 Nr. 1 nur die (kostenpflichtige) Instandhaltung der Ver- und Entsorgungsleitungen, nicht aber die Instandsetzung. Die Reparatur der beschädigten Wasserleitung gehört jedoch zur Instandsetzung. Der Rohrbruch ist ein erheblicher Schaden am Leitungsnetz, und die Reparatur dient der Wiederherstellung von dessen bestimmungsgemäßem Gebrauch.

Eine eindeutige Zuordnung auch der Instandsetzung der Leitungen an den einzelnen Wohnungseigentümer lässt sich der Teilungserklärung nicht entnehmen. Unterscheidet die Gemeinschaftsordnung begrifflich zwischen Instandhaltung und Instandsetzung von Bauteilen, die zum Gemeinschaftseigentum gehören, und weist sie nur die Pflicht zu deren Instandhaltung einem Sondereigentümer zu, ist die Instandsetzung im Zweifel Sache der Gemeinschaft.

Zwar kommt der begrifflichen Unterscheidung zwischen den Maßnahmen der Instandhaltung und denjenigen der Instandsetzung in der Regel keine praktische Bedeutung zu, da beide zur ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören. Die Abgrenzung der Instandhaltung von der Instandsetzung kann aber von Bedeutung sein, wenn die Kosten solcher Maßnahmen in einer Gemeinschaftsordnung oder Vereinbarung unterschiedlich geregelt worden sind, so wie hier.

Bezüglich der Ver- und Entsorgungsleitungen spricht die Teilungserklärung nur von der Instandhaltung, während hinsichtlich der Hebeanlagen die Kosten der Wartung, Instandsetzung und Erneuerung sowie alle sonstigen etwaigen Unterhaltungskosten auf die jeweiligen Sondereigentümer übertragen werden. Das bedeutet eine Zuweisung aller Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in einem weit verstandenen Sinn an den die Hebeanlage allein nutzenden Sondereigentümer. Auch weitere Regelungen der Teilungserklärung sprechen von Instandsetzung und Instandhaltung, während bezüglich der Leitungen nur von Instandhaltung die Rede ist, worunter nur die übliche Pflege und Wartung fällt, etwa die Rohrreinigung und die Vorsorge gegen das Einfrieren der Leitungen bei Kälte.

Nach all dem kann hier ein Ersatzanspruch aus § 14 Nr. 4 WEG bestehen.

Ersatz nur, wenn Sondereigentum durch Reparatur beschädigt wurde

Noch unklar ist aber, ob der Schaden an der Zwischendecke durch die Reparatur der Wasserleitung verursacht worden ist. Nur dann müsste die Gemeinschaft diesen ersetzen. § 14 Nr. 4 WEG gibt hingegen keinen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die durch den die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangel des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind.

Wenn die Zwischendecke bereits wegen der Durchfeuchtung beschädigt war und deshalb ohnehin erneuert werden musste, kann der Sondereigentümer keinen Ersatz von der Gemeinschaft verlangen. Da das Landgericht hierzu keine eindeutigen Feststellungen getroffen hat, verweist der BGH den Rechtsstreit dorthin zurück, um dies nachzuholen.

Abrechnung auf Basis von Kostenvoranschlag zulässig

Sollte sich ergeben, dass die Zwischendecke unbeschädigt war, kann der Sondereigentümer auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags Ersatz der Kosten verlangen, die bei der Reparatur durch eine Fachwerkstatt anfielen. Ein Eigentümer, der den Schaden in seinem Sondereigentum selbst repariert hat, ist nicht auf Erstattung des Marktwertes seiner Arbeitsleistung beschränkt. Vielmehr kann er kann den Schaden fiktiv in Höhe des Nettobetrags der Reparaturkosten abrechnen, und zwar auch dann, wenn ein Familienangehöriger die Reparatur vorgenommen hat. 

(BGH, Urteil v. 9.12.2016, V ZR 124/16)


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