WEG kann Zuständigkeit für Fensterinstandsetzung verlieren
Hintergrund
Die Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft sieht vor, dass die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile, Anlagen und Einrichtungen auf gemeinsame Kosten dauernd in gutem Zustand zu erhalten, Schäden an den nach außen weisenden Fenstern jedoch vom jeweiligen Wohnungseigentümer auf seine Kosten zu beseitigen sind.
In einer Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass anstelle der vorhandenen Schwingflügelfenster künftig nur noch Dreh-/Kippfenster eingebaut werden dürfen. Ein Eigentümer hat diesen Beschluss angefochten. Er meint, wegen der Regelung in der Gemeinschaftsordnung habe die Gemeinschaft kein Mitspracherecht bei einem Austausch von Fenstern.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Beschluss greift in die Zuständigkeit der einzelnen Eigentümer für die im Bereich ihres jeweiligen Sondereigentums befindlichen Fenster ein, ohne dass die Gemeinschaftsordnung die Eigentümer zu einer entsprechenden Regelung durch Mehrheitsbeschluss ermächtigt.
Durch die Regelung in der Gemeinschaftsordnung ist die Pflicht zur Instandsetzung der Fenster, nicht aber auch die Pflicht zur laufenden Instandhaltung wirksam auf den jeweiligen Wohnungseigentümer übertragen worden. Die Differenzierung zwischen Instandhaltung (Gemeinschaft) und Instandsetzung (einzelner Eigentümer) ist wirksam. Unter den Begriff Instandsetzung fällt auch die Ersatzbeschaffung schadhafter Teile, nicht nur deren Reparatur.
Der angefochtene Beschluss macht den einzelnen Eigentümern eine verbindliche Vorgabe, wie sie die ihnen obliegende Instandsetzung der Fenster zu erfüllen haben. Für diese Vorgabe durch einfachen Mehrheitsbeschluss bedarf die Gemeinschaft einer Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung. Eine solche fehlt.
Aufgrund der Übertragung der Zuständigkeit für die Instandsetzung der Fenster auf die einzelnen Eigentümer hat die Gemeinschaft ihre Verwaltungszuständigkeit für diesen Bereich des Gemeinschaftseigentums (nur für die Instandsetzung) verloren. Insbesondere hat die Gemeinschaft auch die Befugnis übertragen zu entscheiden, was wann zu tun ist. Die übrigen Eigentümer haben damit bezüglich der Instandsetzung der Fenster keine Befugnisse mehr. Allein ein sachlicher Grund (z. B. Einheitlichkeit der Fassade) reicht nicht aus, um eine verbleibende Verwaltungszuständigkeit der Gemeinschaft anzunehmen.
Da die Gemeinschaftsordnung keine Ermächtigung der Gemeinschaft enthielt, über Fragen der Instandsetzung der Fenster durch einfachen Mehrheitsbeschluss zu entscheiden, war der Beschluss für ungültig zu erklären.
Offen ließ das Gericht, ob die einzelnen Eigentümer bei einem Austausch statt Schwingflügelfenstern Dreh-/Kippfenster einbauen dürften und hierfür ein einfacher Mehrheitsbeschluss ausreichen würde. Jedenfalls konnte die Gemeinschaft den Eigentümern nicht durch einfachen Mehrheitsbeschluss verbieten, die Instandsetzung der Schwingflügelfenster durch den Einbau neuer Schwingflügelfenster zu bewerkstelligen.
(LG Hamburg, Urteil v. 9.4.2014, 318 S 133/13)
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