Heizsysteme: Warum Immobilieneigentümer jetzt handeln müssen

Eine Investition in die Heizungsanlage steht möglicherweise erst in zehn Jahren an. Doch die Optionen, die es hier für Immobilieneigentümer gibt, sollten schon jetzt klar sein. Sebastian Herkel vom Fraunhofer-Institut ISE erklärt, warum.

Herr Herkel, wie sehen Sie das aktuelle Regelwerk in Bezug auf mehr Effizienz in Immobilien?

Sebastian Herkel: Vergangenes Jahr haben wir ein ziemlich komplexes Regelwerk eingeführt. Seit Anfang des Jahres sind zudem bestimmte Berufsgruppen mit einer Beratungspflicht beauftragt. Das bedeutet, wenn es um die Erneuerung eines Heizungssystems geht, muss das Handwerk beratend zur Seite stehen. Die Frage ist dann: "Wie soll ich beraten und in welcher Situation?" Davon sollten zuerst mal die Haus- und Immobilieneigentümer profitieren, aber auch nur dann, wenn die Beratung fachgerecht erfolgt.

Kann die kommunale Wärmeplanung Verwaltern helfen, dieses Problem der Beratung und dann anschließend der Auswahl eines nachhaltigeren Wärmesystems zu umgehen, weil die Verantwortung ja dann bei den Wärmelieferanten, also den Fernwärmeversorgern, liegt?

Die kommunale Wärmeplanung wird nicht für jede Kommune erst ab 2028 relevant. Es gibt durchaus Kommunen, die deutlich schneller vorangehen. Besonders in großen Kommunen, wo der Anteil der Mehrfamilienhäuser höher ist, sind die Wärmepläne oft früher fertig. Es ist für mich spannend, zu sehen, wann diese Pläne tatsächlich in Kraft treten. Denn es gibt noch einige offene operative Fragen. Wenn ich etwa in einem Fernwärmevorranggebiet bin, könnte ich Probleme bekommen, zum Beispiel Förderungen für ein System zu erhalten, das ich doch frei wählen will, weil ich es für effizienter und nachhaltiger erachte als eben Fernwärme.

Was spräche dennoch für Überlegungen hin zu einer eigenen Wärmeversorgung?

Ich betrachte mich als frei in der Wahl meines Heizungssystems, vorausgesetzt, es erfüllt die 65-Prozent-Regel. Und im Falle eines Schadens habe ich auch die Möglichkeit, eine Ersatzheizung einzubauen, für, sagen wir, noch einmal drei oder fünf Jahre, bis ich aktiv werden kann. Das bedeutet für den Betreiber oder Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, je nach Konstellation, dass die kommunale Wärmeplanung natürlich Hinweise darauf gibt, welches System infrage kommt. Aber er muss immer noch lokal prüfen, welche Möglichkeiten er wirklich hat. Aufgrund von Lärmschutzbestimmungen ist eventuell zu prüfen, ob eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Dachbodenaufstellungen eine Alternative ist.

Mein Rat an Mehrfamilienhauseigentümer ist: Wartet nicht, bis eure Heizungsanlage kaputtgeht. Selbst wenn die Investition erst in zehn Jahren ansteht, kümmert euch jetzt. Macht euch schlau, welche Optionen ihr habt. Wenn ihr ein Haus aus den 1960er Jahren habt, das nie angefasst wurde, dann ist möglicherweise eine andere Investition notwendig, um bestimmte Technologien zu ermöglichen. Das ist die erste wichtige Aussage. Und dann kommt leider wieder das "Es kommt darauf an". Wenn ich ein Haus habe, das bereits teilweise modernisiert wurde, wo ich ausreichend große Heizkörper habe und es platz- und lärmtechnisch machbar ist, dann ist die Wärmepumpe definitiv eine sehr gute Lösung.

Das kann natürlich auch dazu führen, dass Entscheidungen deutlich nach hinten vertagt werden …

Letztendlich gibt es zwei zentrale Optionen. Zum einen die Fernwärme: Wenn ich die Möglichkeit habe, mich daran anzuschließen, macht das in der Regel Sinn. Zum anderen wäre da das eigene System. Und hier sehe ich noch eine Herausforderung, die aber lösbar ist: Wir brauchen gute Handwerker und Energieberater, am besten im Tandem. Da ist vieles noch im Fluss.

Letztlich ist es auch immer eine wirtschaftliche Entscheidung. Darum dreht es sich auch in Ihrer Studie, die ja die Wärmepumpe als Mittel der Wahl benennt. Gilt das auch für Luft-Luft-Wärmepumpen, die Sie zwar nicht untersucht haben, die aber in der Wohnungswirtschaft wegen der geringen Investitionskosten zunehmend beliebt sind?

Wir haben uns in der Studie auf die mittleren Preisspannen konzentriert, auch bei der Fernwärme. Wir haben uns für die Systeme entschieden, die unserem Wissen nach aktuell am häufigsten genutzt werden. Mir ist bewusst, dass Luft-Luft-Systeme eine Rolle spielen, und das liegt klar an den Investitionskosten. Die Technologie wird vor allem von asiatischen Unternehmen geliefert. In anderen europäischen Ländern sieht der Marktanteil ganz anders aus. Das ist ein spezifisches Thema der deutschen Marktsituation, dass diese Systeme hier eine geringere Verbreitung haben. Technisch gesehen ist die Performance vielleicht ein bisschen schlechter, aber das interessiert den Kunden manchmal nur teilweise. Was zählt, ist, dass man auf der Innenseite eine Luftheizung hat, ein System, das in Deutschland als unkomfortabel gilt und nicht den gleichen Komfort wie eine Strahlungsheizung bieten kann. Ein dritter Punkt ist, dass man immer ein bewegtes Teil auf der Innenseite hat und unter Umständen den Ventilator hört. In den USA würde man sich freuen, dass diese Luft-Luft-Systeme so leise sind, wie sie hier eingebaut werden. Technisch ist es auf jeden Fall machbar, über Ästhetik lässt sich streiten und die Akzeptanz ist eine andere Frage. Ich bin noch nicht überzeugt, dass es einen Riesenboom geben wird, aber ich sehe, dass dies von Handwerkern an verschiedenen Stellen beworben wird.

Die Wärmpumpe schneidet ja auch deswegen so gut ab, weil Gaspreise genauso steigen werden wie Fernwärmepreise …

Wir haben bei den Gaspreisen drei Effekte. Das Erste sind die Importkosten. Trotz aller Unsicherheit sehen wir, das LNG zwar teurer als das Gas aus Russland ist, aber unsere Erwartung ist, dass sich die Preise nicht so stark erhöhen werden, weil es einfach genug auf dieser Welt gibt. Dann haben wir die beiden anderen Preisbestandteile: Das ist der CO2-Preis, bei dem wir zwei Pfade angenommen haben, und der dritte Bestandteil sind die Netzentgelte. Skeptiker gehen davon aus, dass immer weniger ans Netz angeschlossen sind, gemäß der aktuellen Rechtslage. Das bedeutet, wenn die Kosten momentan auf 100 verteilt sind und es nur noch 50 gibt, dann kann erwartet werden, dass das Doppelte genommen wird. Ob das so kommt, ist aber offen. Mit den aktuellen Regulierungsvorgaben werden die Kosten jedoch für Gaskunden exponentiell steigen.

Dias Interview ist Teil des Schwerpunkts "Zukunftstechnologien" der Immobilienwirtschaft. Lesen Sie den ergänzenden Beitrag "Weniger ist manchmal mehr" in der aktuellen Ausgabe 02/2024

Schlagworte zum Thema:  Heizung, Energiemanagement, Energieeffizienz