Ende 2017 beziehen die ersten der insgesamt 190 Bewohner und ein Gewerbeunternehmen das neue Mehrfamilienhaus im Münchner Stadtteil Allach.
Mieterstromprojekte, Beispiel in München-Allach: Wirtschaftlich attraktives Energiekonzept
Das Besondere an diesem Gebäude ist sein anspruchsvolles und zugleich wirtschaftlich attraktives Energiekonzept. Das Wohnhaus verfügt über eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage), einen Batteriespeicher und zwei Wärmepumpen, eine Luft-Luft-Wärmepumpe zum Heizen und eine Brauchwasser-Wärmepumpe für die Erzeugung von Warmwasser. Damit wird nicht nur ein Großteil der benötigten Energie vor Ort produziert, durch das Angebot von Mieterstrom wird sie auch zu 99 Prozent vor Ort genutzt.
Bauherr und Immobilienunternehmer Dr. Hendrik Schlune hat sich für Mieterstrom entschieden, weil "es eine wirtschaftlich attraktive und sinnvolle Chance ist, die Energiewende im Mietwohnbereich voranzubringen". Zumal das Mieterstrommodell sowohl ihm als Immobilienbesitzer als auch den Mietern einen finanziellen Zusatznutzen bietet.
Hendrik Schlune plant und baut nicht nur Gebäude. Er betreut sie auch mit der eigenen Hausverwaltung GVD. Dies beeinflusst seine Investitionsaktivitäten.
"Es geht mir nicht um eine kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern um nachhaltige und zukunftsorientierte Lösungen." Bauherr und Immobilienunternehmer Dr. Hendrik Schlune
Ein Haus habe schließlich eine Lebensdauer von 60 bis 80 Jahren. Sein Portfolio umfasst Reihenhäuser und größere Wohnanlagen mit Schwerpunkt im geförderten Wohnungsbau. Hier sieht er große Chancen für Mieterstrom.
"Die Dächer eignen sich ideal für die Stromerzeugung mit PV-Anlagen. Anders als bei Münchner Eigentumswohnungen steht eine PV-Anlage hier nicht in Konkurrenz zu einer Dachterrasse." Bauherr und Immobilienunternehmer Dr. Hendrik Schlune
Zudem senke der Mieterstrom die Wohnnebenkosten der Mieter, an denen die Energieausgaben einen besonders hohen Anteil hätten.
Mieterstromprojekte im sozialen Wohnungsbau: Beispiel in München-Aubing
Im letzten Jahr hat Hendrik Schlune mit dem Energieversorger und Mieterstrom-Dienstleister Polarstern bereits ein Mieterstromprojekt im sozialen Wohnungsbau im Münchner Stadtteil Aubing realisiert. Dort beziehen bereits 103 Parteien Mieterstrom aus einer 92 kWp PV-Dachanlage und einem Blockheizkraftwerk (BHKW) mit 20 kW elektrischer Leistung. "Die guten Erfahrungen dort haben mich bestätigt, Mieterstrom auch im nächsten Objekt umzusetzen", erzählt er. Die Mieter haben verglichen zum örtlichen Grundversorgungstarif einen Preisvorteil von 15 Prozent. Für den Immobilienbesitzer rechnet sich Mieterstrom alleine schon über die Stromerlöse, die er vom Dienstleister erhält. Diese zusätzliche Rendite liegt gegenüber einer Netzeinspeisung im genannten Fall bei rund 16 Prozent. Werden – wie in der Verordnungsermächtigung der EEG-Novelle genannt – Mieterstrommodelle mit Eigenversorgungsmodellen gleichgestellt, liegt die Rendite voraussichtlich mehr als doppelt so hoch.
In der Ausschreibung des neuen Grundstücks in Allach war, wie schon in München-Aubing, kein Mieterstromangebot vorgesehen. Die Stadt hatte zunächst Vorbehalte gegenüber einer PV-Dachanlage und bevorzugte begrünte Dächer. Die geltenden Kriterien der Energieeinsparverordnung (EnEV) hätten auch ohne Mieterstrom erfüllt werden können.
Die aktuell höchste KfW-Förderung, KfW 40 Plus, hingegen erfordert, dass im Gebäude selbst Strom produziert und dieser überwiegend dort verbraucht wird. Dazu ist neben einer Stromerzeugungsanlage auch ein Speicher Voraussetzung. Mit der Nutzung von PV-Anlage und Speicher im Rahmen von Mieterstrom werden zusätzliche Renditen erzielt, so dass sich die höheren Investitionskosten auch im Vergleich zur KfW-40-Förderung rechnen. Zumal die höhere KfW-40-Plus-Förderung einen Tilgungszuschuss in Höhe von 15.000 Euro je Wohneinheit beinhaltet und die Stadt München zudem Förderungen für Passivhäuser vergibt. "Am Ende war Mieterstrom für das Objekt keine Frage mehr, sondern wurde quasi Pflicht", erklärt Hendrik Schlune.
Erster Gewerbespeicher in Münchner Mieterstromprojekt
Die Zahl installierter Stromspeicher in Wohngebäuden ist laut Bundesverband Energiespeicher (BVES) im Jahr 2016 um die Hälfte gestiegen. Bisher wurden sie als Hausspeicher in Ein- und Zweifamiliengebäuden realisiert.
Dass es bisher keine Gewerbespeicher in Mehrparteiengebäuden gebe, liege vor allem an der geringen Zusatzrendite, wie der Energieversorger und Mieterstrom-Dienstleister Polarstern mitteilt. Jetzt wird in einem Münchner Mieterstromprojekt der erste Gewerbespeicher in einem KfW-Effizienzhaus 40 Plus installiert. Der Speicher hat eine Kapazität von 79 Kilowattstunden (kWh). Typische Speicher für Ein- und Zweifamilienhäuser haben meist eine Kapazität von fünf bis zehn kWh.
„Das Delta zwischen selbst erzeugtem und genutztem Strom und Strom aus dem öffentlichen Netz ist einfach zu gering“, sagt Polarstern-Geschäftsführer Florian Henle.
Da habe sich die Investition in einen großen Batteriespeicher nicht gerechnet. „Das ändert sich mit der geplanten Direktförderung von Mieterstrom, sagt Henle.
Dieser Artikel ist Teil eines Beitrags, der auch in der Fachzeitschrift DW Die Wohnungswirtschaft, Ausgabe 2/2017, S. 28, erschienen ist. Autor: Florian Henle, Geschäftsführer Polarstern GmbH, München