Studie zur Verwaltung in Krisenzeiten

Eine Befragung von Verwaltungsbeschäftigten und Bürgerinnen und Bürgern ergab, dass die Arbeit der Verwaltung in der ersten Phase der Corona-Pandemie funktionierte und viele Tätigkeiten ins Homeoffice verlagert werden konnten. Sie zeigt aber auch dringenden Handlungsbedarf im Hinblick auf die technische Ausstattung und Infrastruktur auf.

Die Studie „Verwaltung in Krisenzeiten – Eine Bestandsaufnahme der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Öffentlichen Dienst“ untersucht, welche Erfahrungen Mitarbeitende von Behörden in ihrem neuen Arbeitsalltag gemacht haben. In einer parallelen Befragung haben auch Bürgerinnen und Bürger die Arbeit der Verwaltung in der Corona-Krise eingeschätzt.

Umfrage unter Beschäftigten und Bürgern

Die Studie wurde von der Beratungsagentur Next:Public GmbH durchgeführt. Sie basiert auf der bisher größten zum Thema durchgeführten Verwaltungsbefragung mit 6.147 Teilnehmenden und fast 5.000 ausgewerteten Fragebögen. An einer weiteren, parallel durchgeführten Online-Umfrage haben außerdem 5.000 Bürgerinnen und Bürger teilgenommen. Die hohe Anzahl der Teilnehmenden an beiden Befragungen macht es möglich, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, vor welchen Herausforderungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltungen in der andauernden COVID-19-Krise stehen und wo es Optimierungspotenzial gibt, beispielsweise bei der internen Arbeitsorganisation und im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern.

Beschäftigte halten Behörden für leistungsfähig

Eine wichtige Erkenntnis ist: Deutsche Verwaltungen funktionieren aus Sicht der Mitarbeitenden auch in der Krise. Der Großteil der Befragten Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sah die Leistungsfähigkeit der eigenen Behörde während der ersten Welle der Corona-Pandemie nur geringfügig eingeschränkt, allerdings nur durch eine wesentlich höheren Arbeitsbelastung auf Seite der Mitarbeitenden. Dabei waren die Beschäftigten unterschiedlich betroffen: 44 Prozent gaben eine gleichbleibende und 14 Prozent eine niedrigere bzw. deutlich niedrigere Arbeitsbelastung an. 26 Prozent der Beschäftigten wurden mit anderen Aufgaben betraut – in den Kommunen waren es 35 Prozent der Beschäftigten.

Kommunen besonders wichtig in der Pandemiebekämpfung

Fast die Hälfte der Befragten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gab an, einer höheren oder sehr viel höheren Arbeitsbelastung ausgesetzt gewesen zu sein. Zusätzlich wurde jeder vierte Beschäftigte – auf kommunaler Ebene sogar jeder dritte – mit anderen Aufgaben betraut, zum Beispiel, um die Gesundheitsämter zu unterstützen. Mitarbeitende in den Kommunen schätzten ihren eigenen Einsatz für die Pandemiebekämpfung wesentlich höher ein als ihre Kolleginnen und Kollegen auf Landes- und Bundesebene.

Homeoffice-Quote im 1. Lockdown bis zu 67 Prozent

Im Ebenen-Vergleich zeigt die Studie, dass die Möglichkeiten der flexiblen Arbeitsorganisation, zum Beispiel beim Homeoffice, im Öffentlichen Dienst ganz unterschiedlich sind: Zwar hat rund die Hälfte der Befragten in der ersten Corona-Phase und im Lockdown hauptsächlich im Home-Office gearbeitet. Im genaueren Vergleich waren das allerdings 67 Prozent auf Bundesebene, 55 Prozent auf Landesebene und nur 37 Prozent auf der Kommunalebene. 25 Prozent gaben insgesamt an, dass sie während des ersten Lockdowns täglich an ihrem Arbeitsplatz waren. Beschäftigte, die hauptsächlich oder ausschließlich im Homeoffice gearbeitet haben, empfanden die Umstände weniger einschränkend und belastend als Mitarbeitende, die täglich oder größtenteils am Arbeitsplatz waren.

Für 45 Prozent der Verwaltungsbeschäftigten gab es vor Corona keinerlei Möglichkeit aus dem Homeoffice zu arbeiten. Auf Kommunalebene waren es 56 Prozent, Landesebene 50 Prozent und Bundesebene 30 Prozent. 30 Prozent der Personen, die angaben, während der Pandemie mehrheitlich im Homeoffice gearbeitet zu haben, hatten vor Corona keine Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, für sie war es eine neue Situation.

Die technische Ausstattung der Mitarbeitenden war an vielen Stellen unzureichend. So hatte nur etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten einen Dienstlaptop zur Verfügung. Dies führte u.a. dazu, dass zwei Drittel auf private Technik zurückgriffen, um arbeitsfähig zu bleiben. Auch kämpften zwei Drittel der Beschäftigten mit Server- und Netzproblemen

Die Mitarbeitenden in den Behörden wünschen sich, auch nach Ende der Corona-Krise, die Möglichkeit zum Homeoffice zu behalten. Nur 11 Prozent der Mitarbeitenden haben keinen Bedarf im Homeoffice zu arbeiten.

Verwaltungen digital besser befähigen

Die Urheber der Studie schließen, dass die Verwaltungen sich in der Krise bewährt haben, der öffentliche Dienst jedoch stärker digital befähigt werden muss – technisch, kulturell und in den digitalen Kompetenzen.

Daher schlagen sie einen Digitalpakt Verwaltung vor. Erst durch eine stärkere interne Digitalisierung werde es den Verwaltungen gelingen, mehr und zufriedenstellende digitale Bürger- und Unternehmensservices anzubieten.

Beamtenbund fordert flächendeckende Verbesserung der technischen Ausstattung

Der Vorsitzende des dbb beamtenbund und tarifunion Ulrich Silberbach sagte, dass es dem großartigen Engagement alter Beschäftigten zu verdanken sei, dass die Verwaltung in den vergangenen Monaten flexibel auf die sich nahezu täglich verändernden Anforderungen reagiert hat. Die Ergebnisse der Studie zeigten eindrucksvoll, dass die Umstellung auf neue Arbeitsformen weitgehend funktioniert habe. Die Krise habe aber auch schonungslos verdeutlicht, dass die öffentliche Infrastruktur nur unzureichend krisenfest aufgestellt sei. Silberbach fordert:

Die Verwaltung muss künftig krisenresilient gestaltet sein.“

Dazu gehöre eine entsprechende flächendeckende technische Ausstattung. Entscheidend sei jedoch, dass eine moderne Verwaltung nicht nur verlässlich vor Ort ist, sondern auch in der Lage ist, mobil zu arbeiten. Sein Fazit:

Wenn eine großer Anteil der Befragten in der hier vorliegenden Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die besondere Situation der vergangenen Monate ihre Arbeitsfähigkeit nicht besonders eingeschränkt hat, zugleich aber ein großer Anteil mit der Arbeitsausstattung nicht zufrieden ist, dann bestätigt das unsere Befürchtungen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, damit Verwaltung auch künftig „Krise kann“!

Bürgerbefragung: Bürger wünschen Verbesserung der Services

44 Prozent der Bürgerinnen und Bürger hat die Verwaltung zu Beginn der Pandemie als funktionsfähig wahrgenommen. Gleichzeitig gaben jedoch 36 Prozent der Befragten an, dass sie die Verwaltung als weniger (27 Prozent) bzw. gar nicht (9 Prozent) funktionsfähig wahrgenommen haben (unentschieden 19 Prozent Betrachtet man die Bundesländer, ergibt sich ein West-Ost-Gefälle: die Funktionsfähigkeit der Verwaltungen in den westdeutschen Bundesländern wurde besser bewertet als in den meisten ostdeutschen Bundesländern.

Bei der Befragung von Bürgerinnen und Bürgern gaben etwa 20 Prozent an, dass sie während der ersten Phase der Pandemie die Online-Dienste der Verwaltung stärker genutzt haben. Allerdings war knapp die Hälfte derer, welche die digitalen Angebote der Verwaltung genutzt haben, unzufrieden. Damit digitale Verwaltungsservices mehr überzeugen können, wünschen sich Bürgerinnen und Bürger:

  • Bessere Erreichbarkeit
  • Umfangreichere digitale Services
  • Mehr E-Mail-Kontakt
  • Mehr Online-Kommunikation und Information

40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gaben an, dass parallel dazu Vor-Ort-Termine in den Behörden für sie weiterhin wichtig bleiben.

Lesen Sie hierzu auch: Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“

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Schlagworte zum Thema:  Öffentliche Verwaltung, Coronavirus, Studie