Bundesverfassungsgericht entscheidet über Jobcenter-Klage

Der Streit zwischen Landkreisen und Bundesagentur in Sachen Jobcenter schwelt seit Jahren. Am Dienstag haben die Karlsruher Verfassungsrichter das Wort.

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Dienstag (7. Oktober) über eine Jobcenter-Klage von fünf bayerischen Landkreisen. Sie wollen sich damit mehr Freiheiten bei der Betreuung von Hartz-IV-Empfängern gegenüber der Bundesagentur für Arbeit erstreiten. Auch streben sie auf diesem Wege eine größere finanzielle Unabhängigkeit gegenüber der Bundesagentur und dem Bundesarbeitsministerium an. Die Bundesagentur warnt dagegen bei einem Erfolg der Klage vor einer weiteren Zersplitterung des Hilfesystems für Langzeitarbeitslose.

Nur eine begrenzte Anzahl von Städten und Landkreisen betreut Hartz IV-Empfänger selbstständig

Bislang ist es in Bayern lediglich vier Städten und sechs Landkreisen erlaubt, Langzeitarbeitslose in Eigenregie zu betreuen. Im übrigen Freistaat betreiben kreisfreie Städte und Kreise die Jobcenter zusammen mit den örtlichen Arbeitsagenturen. An der Verfassungsklage habe sich auch zehn Städte und Kreise aus anderen Bundesländern beteiligt.

In einigen Landratsämtern stößt nach Angaben des Bayerischen Landkreistages vor allem das Bundesgesetz von 2010 auf Kritik, wonach bundesweit maximal 110 Kommunen Hartz-IV-Empfänger eigenständig betreuen dürfen. Deshalb seien bei der letzten Bewerbungsrunde 2011 mehrere interessierte bayerische Landkreise leer ausgegangen, berichtete Landkreistags-Sozialreferent, Klaus Schulenburg.

Kritik: Bund greift in kommunale Selbstverwaltung ein

Der mittelfränkische Landkreis Roth hält es zudem für verfassungswidrig, dass der Antrag auf Jobcenter-Eigenständigkeit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Kreistag erforderlich macht. Der Bund greife damit in die gesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung ein, so der Rother Landrat Herbert Eckstein (SPD). Die gesetzliche Zuständigkeit für das Kommunalrecht liege allein beim Land.

Die Bundesagentur für Arbeit befürchtet dagegen, dass bei einem Erfolg der Klage weitere Städte und Landkreise die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur in Jobcentern aufkündigen. Damit würde die Betreuung von Langzeitarbeitslosen in Deutschland weiter zersplittert und untransparent. Schon jetzt habe der Bund, der die Betreuung von Hartz-IV-Empfängern jährlich mit Milliardenbeträgen finanziert, nur unzureichend Überblick über die Verwendung der Gelder.

Dagegen sieht der Landkreis Neu-Ulm nur Vorteile: «Wenn wir das allein machen, ohne die Bundesagentur, wäre alles einfacher. Wir wären flexibler. Unsere Arbeit hätte mehr Bezug zur Region», sagt der Neu-Ulmer Landratsamtsjurist Martin Leberl. Die Arbeit der Bundesagentur empfinde die Kreisbehörde oft als «dirigistisch»: «Ohne die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur würde die große Weisungsflut entfallen». Die Entscheidungsprozesse in der Trägerversammlung der kommunal-staatlichen Jobcenter seien belastend.

dpa