Schlupflöcher beim Mindestlohn für Praktikanten
Arbeitgeber sind sehr kreativ, wenn es darum geht bei Praktika den Mindestlohn zu umgehen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der DGB-Jugend, der Jugendorganisation des Deutschen Gewerkschaftsbunds.
DGB-Bundesjugendsekretär Florian Haggemiller fordert deshalb die Abschaffung von Mindestlohnausnahmen bei freiwilligen Praktika und die generelle Einführung eines Mindestentgelts für Pflichtpraktika analog dem BAföG-Höchstsatz.
Ernsthaftes Praktikum oder verschleiertes Arbeitsverhältnis?
Tatsächlich sind die Regelungen für die Entlohnung von Praktikanten kompliziert und von zahlreichen Ausnahmen geprägt. Gemäß § 22 Abs. 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) gelten auch Praktikanten im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz (BBiG) als Arbeitnehmer und können den Mindestlohn verlangen.
Eine gesetzliche Definition des Praktikantenbegriffs findet sich erstmals in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiloG. Praktikant ist danach, wer sich für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) oder einer damit vergleichbaren praktischen Ausbildung handelt.
Ein Praktikantenverhältnis liegt also nur vor, wenn kein Arbeitsverhältnis gegeben ist, also nicht die Arbeitsleistung, sondern das Erreichen von Lehr-und Ausbildungszielen im Vordergrund der Tätigkeit stehen.
Mindestlohn-Ausnahmen bei vier Praktikantengruppen
Der Arbeitgeber hat ansonsten die übliche Vergütung zu zahlen, mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Hierzu zählen auch Teilzeitbeschäftigungen von Studenten zur Finanzierung des Lebensunterhalts oder Tätigkeiten als Werkstudent. Handelt es sich tatsächlich um ein Praktikum, muss differenziert werden.
Es gibt vier Ausnahme-Gruppen, die nicht als Arbeitnehmer im Sinne des MiloG gelten und folglich keinen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns haben.
- Dies sind insbesondere Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum aufgrund einer schulrechtlichen oder hochschulrechtlichen Bestimmung oder einer Ausbildungsordnung ableisten oder ein Praktikum im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie.
- Zur zweiten Gruppe zählen diejenigen, die ein bis zu dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums absolvieren.
- Zur dritten Gruppe zählen Praktikanten, die ein Praktikum begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten – bei einer Dauer bis zu drei Monaten und ohne dass zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Unternehmen bestand.
- Die vierte Ausnahme sind Praktikanten, die ein Praktikum als Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch machen oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen.
Arbeitgeber trägt die Darlegungs-und Beweislast
Die Darlegungs-und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für eine der vier Ausnahmen vorliegen, trägt der Arbeitgeber. Unternehmen sollten sich daher sowohl die Prüfungsordnung als auch das "Pflichtenheft" vorlegen lassen, aus dem sich ergibt, welche Praktika der Student bereits absolviert hat, empfiehlt Marco Ferme, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Beiten Burkhardt in München im Personalmagazin (hier können Sie das Personalmagazin als App herunterladen).
Bei einem Praktikum zur Orientierung sollte dieses Ziel im auch im Vertrag aufgenommen werden, rät Ferme weiter. Der Praktikant hat hingegen darzulegen, dass es sich um ein Praktikum im Sinne des § 26 BBiG handelt.
Zum Weiterlesen: Weitere rechtliche Erläuterungen, beispielsweise zur Nachweispflicht von Arbeitgebern bei Praktikantenverhältnissen, finden Sie im Beitrag "Die nächste Generation" von Rechtsanwalt Marco Ferme in Ausgabe 01/2015 des Personalmagazins.
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