bAV: Versicherungsvertragliche Lösung wird Standard

Die sogenannte "versicherungsvertragliche Lösung" beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers mit gesetzlich unverfallbarer Anwartschaft wird künftig der Standardfall für Direktversicherungen und Pensionskassen. Eine entsprechende Änderung des Betriebsrentengesetzes tritt in Kürze in Kraft.

Der Gesetzgeber hat mit einer Änderung des Betriebsrentengesetzes endlich Klarheit bei der Frage geschaffen, wann bei Pensionskasssen und Direktversicherungen die versicherungsvertragliche Lösung angewandt werden kann.

Versicherungsvertragliche Lösung im Falle des Ausscheidens

Bei der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft gemäß der versicherungsvertraglichen Lösung treten die von der Direktversicherung oder Pensionskasse zu erbringenden Leistungen an Stelle der zeitratierlichen Leistung. Für die Anwendung dieser Lösung sind folgende "soziale Auflagen" zu erfüllen:

  • Der ausgeschiedene Arbeitnehmer erhält das Recht, den Vertrag mit eigenen Beiträgen fortzuführen.
  • Alle Überschussanteile wurden zur Leistungserhöhung verwendet.
  • Bei der Direktversicherung zudem: Der Arbeitnehmer erhält spätestens drei Monate nach Ausscheiden ein unwiderrufliches Bezugsrecht; der Vertrag hat keine Beitragsrückstände und ist nicht beliehen oder abgetreten.

Erklärung der versicherungsvertraglichen Lösung nicht mehr notwendig

Seit einem Urteil des BAG vom 19. Mai 2016 war die versicherungsvertragliche Lösung in der Praxis nur sehr aufwändig anwendbar. Die obersten Arbeitsrichter urteilten damals, dass die versicherunsvertragliche Lösung ausschließlich bei Ausscheiden des Arbeitnehmers gewählt werden kann (BAG, Urteil  vom 19. Mai 2016, 3 AZR 794/14). Hierfür musste sie in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden gegenüber dem Arbeitnehmer und gegenüber dem Versicherer für jeden Einzelfall erklärt werden. Die bis dahin angewandte Praxis, die versicherungsvertragliche Lösung im Falle des Ausscheidens schon zu Vertragsbeginn zu vereinbaren, wurde von dem Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt.

Ist die Wahl der versicherungsvertraglichen Lösung nicht wirksam, wird die gesetzlich unverfallbare Anwartschaft auf die Altersgrenze hochgerechnet und anschließend zeitratierlich im Verhältnis von tatsächlicher Dienstzeit zur möglichen Dienstzeit bis zur Altersgrenze gekürzt (m/n-tel-Anwartschaft). Hieraus resultiert oftmals eine höhere Anwartschaft als die Leistungen aus der Versicherung, sodass es insoweit zur Leistungspflicht des Arbeitgebers kommen kann.

BRSG-Änderung: Pensionskassen und Direktversicherung haftungsärmer

Mit der Gesetzesänderung wird die Direktversicherung und die Pensionskasse insofern wieder einfacher und haftungsärmer: Der Passus "auf Verlangen des Arbeitgebers" innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden entfällt aus dem Gesetzestext. Damit wird die versicherungsvertragliche Lösung der Standardfall. Dies soll gemäß der Gesetzesbegründung auch für bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung ausgeschiedene Arbeitnehmer gelten. Als Voraussetzung bleiben jedoch die sozialen Auflagen weiter bestehen. Wird jedoch eine dieser sozialen Auflagen nicht erfüllt, findet die m/n-tel-Anwartschaft Anwendung.

Der Gesetzesentwurf hat am 5. Juni 2020 den Bundesrat passiert. Einen Tag, nachdem das neue Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet ist, treten die Änderungen in Kraft.


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