Keine Entschädigung ohne Hinweis auf Schwerbehinderung
Nach § 82 Satz 2 SGB IX sind öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Pflicht entfällt, wenn die fachliche Eignung des Kandidaten offensichtlich fehlt. Aufgrund dieser Vorgabe hatte sich zuletzt das Regierungspräsidium Gießen mit einem schwerbehinderten Bewerber auf einen Vergleich geeinigt, da dieser nicht zum Vorstellungsgespräch geladen wurde.
Schwerbehinderung: ein Hinweis auf 30 Seiten
Im aktuellen Fall vor dem BAG hatte sich ein diplomierter Kaufmann bei der Universität Köln auf eine befristete Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Staatswissenschaftlichen Seminar beworben. In der über 30 Seiten starken Bewerbung befand sich lediglich ein Hinweis auf seine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 50: Zwischen zwei Fortbildungsbescheinigungen aus dem Jahr 1985 befand sich eine Kopie der Vorderseite des Schwerbehindertenausweises.
Da die Universität dem Bewerber eine Absage erteilte, ohne ihn zuvor zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verlangte er eine Entschädigung von mindestens 10.757,16 Euro. Die Uni habe ihn durch die Absage benachteiligt, so die Argumente des Schwerbehinderten. Zumal er sich gut einen Monat zuvor auf eine andere Stelle an der Universität – ebenfalls erfolglos – beworben hatte. Zu diesem Verfahren, das jedoch eine personalführende Stelle bearbeitete, wurde auch die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen. Die Vorinstanzen hatten der Klage teilweise stattgegeben.
BAG: Unauffälliger Hinweis genügt nicht
Anders das Bundesarbeitsgericht. Der Achte Senat wies die Klage ab. Unauffällige Informationen oder eine in den Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises sind keine ausreichende Information des Arbeitgebers, begründete das Bag das Urteil. Zudem habe die Mitteilung bei jeder einzelnen Bewerbung erneut zu erfolgen. Schließlich sei die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des SGB IX im Zeitpunkt der Bewerbung entscheidend, nicht zu einem früheren Zeitpunkt, entschieden die Richter. Es liege in der Entscheidung des potenziellen Beschäftigten, ob er seine Schwerbehinderung bei der Bewerbung nach SGB IX berücksichtigt haben will oder nicht.
Hinweis: BAG, Urteil vom 18. September 2014, Az. 8 AZR 759/13; Vorinstanz: LAG Köln, Urteil vom 24. Oktober 2012, Az. 9 Sa 214/12
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
8.902
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
8.6662
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
6.957
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
6.7552
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
4.518
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
4.416
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
3.851
-
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel richtig berechnen
3.55916
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
3.3061
-
Auswirkungen der Zeitumstellung auf Arbeitszeit und Vergütung
3.301
-
Ein arbeitsrechtlicher Rückblick auf die Ampelkoalition
21.11.2024
-
Umgang mit Geschlechts- und Namensänderungen am Arbeitsplatz
20.11.20243
-
Inflationsausgleichsprämie während Passivphase der Altersteilzeit
18.11.2024
-
Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
15.11.2024
-
Grundsätzliches zum Bereitschaftsdienst
14.11.2024
-
Schriftform im Arbeitsrecht: Klassische Fehler und deren Konsequenzen
13.11.2024
-
Aushangpflichtige Gesetze für Arbeitgeber 2025
12.11.2024
-
Altersfreizeit auch für Teilzeitbeschäftigte
11.11.2024
-
DSGVO-Schadensersatzanspruch wegen heimlicher Mitarbeiterüberwachung
07.11.2024
-
Vorsicht bei Weihnachtsgeschenken von Geschäftspartnern
06.11.2024