LAG Berlin: Mindestlohn für 24-Stunden-Pflege

Eine bulgarische Pflegerin, die im Rahmen einer 24-Stunden-Pflege eine 96-Jährige häuslich betreute, erhielt dafür eine Vergütung für 30 Stunden pro Woche. Das LAG Berlin entschied, dass der Arbeitgeber ihr deutlich mehr Stunden mit dem Mindestlohn vergüten muss.

Eine Pflegerin aus Bulgarien wurde auf Vermittlung einer deutschen Agentur nach Deutschland entsandt, um in der "24-Stunden-Pflege" bei einer 96-jährigen pflegebedürftigen Frau tätig zu werden. Bei dieser Art der Pflege lebt die Pflegekraft rund um die Uhr im Haushalt der von ihr zu betreuenden Person. Die tatsächliche Arbeitszeit ist mit dem Mindestlohn zu vergüten. Doch wie viele Stunden arbeitet eine 24-Stunden-Pflegekraft tatsächlich? Im konkreten Fall vergütete der Arbeitgeber 30 Stunden die Woche. Diese Arbeitszeit hielt das LAG Berlin-Brandenburg für unrealistisch.

24-Stunden-Pflege: Streit um Vergütung von Arbeitszeiten

Der Arbeitsvertrag sah eine umfassende Betreuung mit Körperpflege, Hilfe beim Essen, Führung des Haushalts und Gesellschaftleisten vor. Zudem setzte er voraus, dass die Pflegekraft in der Wohnung der zu betreuenden Dame wohnt und übernachtet. Dafür wurde eine Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich vereinbart.

Mit ihrer Klage verlangte die Pflegerin nach einigen Monaten für die Zeit ihres "Rund-um-die-Uhr-Einsatzes" eine Vergütung von 24 Stunden täglich. Dies begründete sie damit, dass sie täglich von 6 Uhr morgens bis 22 oder 23 Uhr abends im Einsatz gewesen sei. Zudem habe sie sich auch nachts bereithalten müssen. Der Arbeitgeber bestritt diese Arbeitszeiten und berief sich auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit.

LAG Berlin: Mindestlohn gibt es für 21 Stunden am Tag

Das LAG Berlin entschied, dass der Arbeitgeber der Pflegerin den Mindestlohn für eine tägliche Arbeitszeit von 21 Stunden am Tag zahlen muss. Das Gericht hielt es in diesem Fall für treuwidrig, dass sich der Arbeitgeber auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Zeit von 30 Stunden pro Woche berufen wollte. Vorliegend sei der Pflegekraft vom Arbeitgeber sowohl die Verantwortung für die zugesagte umfassende Pflege als auch für die Einhaltung der Arbeitszeit übertragen worden. Grundsätzlich sei es Aufgabe des Arbeitgebers, zu organisieren, dass die Arbeitszeiten eingehalten werden. Dies habe der Arbeitgeber in diesem Fall versäumt.

Vergütungspflichtiger Bereitschaftsdienst in der Nacht

Das Gericht hielt aufgrund der zugesagten Leistungen im vorliegenden Fall die angesetzte Zeit von 30 Stunden wöchentlich für eine 24-Stunden-Pflege für unrealistisch. Es ging von einer vergütungspflichtigen Zeit von 21 Stunden am Tag aus. Dies ergebe sich daraus, dass neben der geleisteten Arbeitszeit für die Nacht von vergütungspflichtigem Bereitschaftsdienst auszugehen sei. Drei Stunden täglich, so schätzte das Gericht, sei es der Pflegekraft aber zumutbar gewesen sich den Anforderungen zu entziehen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Hinweis: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. August 2020, Az: 21 Sa 1900/19


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