Verfassungsbeschwerden gegen Tarifeinheitsgesetz unzulässig

Nach viel Aufregung ist es zuletzt ruhig geworden um das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz. Nun hat das Bundesverfassungsgericht zwei Beschwerden gegen das Gesetz als unzulässig abgewiesen. Jedoch: Eine Entscheidung über dessen Verfassungsmäßigkeit ist damit nicht getroffen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerden zweier Gewerkschaften gegen das Tarifeinheitsgesetz als unzulässig zurückgewiesen. Es sei keine Befugnis der Beschwerdeführer zu erkennen, entschieden die Richter in den Beschlüssen. Den Verfassungsbeschwerden könne nicht entnommen werden, dass die Gewerkschaften durch das Tarifeinheitsgesetz in ihrem Recht auf kollektive Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG gegenwärtig betroffen seien, begründeten die Richter die Beschlüsse.

Tarifeinheitsgesetz: Wenn sich Tarifverträge überschneiden

Das Tarifeinheitsgesetz ist am 10. Juli 2015 in Kraft getreten. Danach gilt durch eine Ergänzung im Tarifvertragsgesetz (TVG) eine Kollisionsregel, wenn sich nicht inhaltsgleiche Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften in einem Betrieb überschneiden.

Diese Kollisionsregel richtet sich nach dem Mehrheitsverhältnis der im Betrieb gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer und gibt der Gewerkschaft, deren Tarifvertrag folglich nicht zur Anwendung gelangt, ein Nachzeichnungsrecht. Folge ist damit, dass nur noch der Tarifvertrag mit den meisten Mitgliedern im Betrieb gilt.

Beschwerden unzulässig, Gewerkschaften nicht ausreichend betroffen

Einer der beteiligten Gewerkschaften ist die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG). Die Verfassungsrichter lehnten jedoch eine sogenannte Beschwerdebefugnis – also eine unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit der Gewerkschaft selbst – ab, da die Gewerkschaft bisher nicht am Abschluss eines Tarifvertrags beteiligt gewesen sei. Auch im zweiten Verfahren der NAG (Neue Assekuranz Gewerkschaft) sei die Beschwerde unzulässig, da der Gewerkschaft durch Arbeitsgerichte die Tariffähigkeit abgesprochen worden sei.

Somit seien die beiden 2010 und 2011 gegründeten Gewerkschaften durch das Tarifeinheitsgesetz vom Juli 2015 nicht in ihrem Recht auf kollektive Koalitionsfreiheit betroffen. In beiden Verfahren sei mangels substantiierter Ausführungen zur Tariffähigkeit nicht ersichtlich, dass die Gewerkschaften derzeit oder in naher Zukunft von der Kollisionsregel des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG erfasst werden, weil von ihnen wirksam abgeschlossene Tarifverträge verdrängt werden könnten.

Eilanträge gegen das Tarifeinheitsgesetz bereits gescheitert

Wie die beiden Gewerkschaften jetzt, hatten bereits mehrere kleine Gewerkschaften, darunter die Pilotengewerkschaft Cockpit und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund vergeblich versucht, das Tarifeinheitsgesetz mit Eilanträgen beim Bundesverfassungsgericht zu stoppen. Sie sehen sich dadurch in ihrer Arbeit beeinträchtigt.

Allerdings: Wie in den aktuellen Verfahren auch, hatte das Bundesverfassungsgericht keine inhaltliche Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Tarifeinheitsgesetzes getroffen. Die Eilanträge haben die Richter "lediglich" deshalb abgelehnt, weil keine schwerwiegenden Nachteile für die Spartengewerkschaften erkennbar seien, die den Erlass einer Eilanordnung rechtfertigten. Und auch in den beiden aktuellen verfahren waren es quasi der formale Grund der mangelnden Beschwerdebefugnis, weshalb die Richter die Beschwerden als unzulässig abgelehnt haben.

Hinweis: BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juni 2016, Az. 1 BvR 1707/15 und Az. 1 BvR 2257/15


dpa

Schlagworte zum Thema:  Tarifeinheit, Bundesverfassungsgericht