Wann Arbeitsschutzmaßnahmen delegiert werden dürfen
Im konkreten Fall übertrug eine bayerische Universität durch ein Schreiben im April 2009, die Pflichten, die dem Dienstherrn hinsichtlich Arbeitsschutz, der Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren obliegen, an den damaligen Dekan der Juristischen Fakultät. Dazu sollte unter anderem gehören, dass der Rechtsprofessor die Gefahrenlagen ermittelt und prüft, erforderliche Schutzmaßnahmen feststellt, Betriebsanweisungen erstellt und Unterweisungen durchführt. Zusätzlich sollte er prüfen, ob arbeitsmedizinische Vorsorgeaufwendungen erforderlich sind und die Überwachung und Einhaltung der Bestimmungen des Brandschutzes übernehmen.
Aufgabenwahrnehmung beim Arbeitsschutz geht mit Vorgesetzteneigenschaft einher
Dies wollte der Universitätsprofessor nicht hinnehmen und beantragte beim Präsidenten der Universität, diese Übertragung aufzuheben. Das begründete er damit, dass er sich außerstande sehe, solche Aufgaben ohne die zugehörige Personal-und Sachausstattung durchzuführen. Neben seinen komplexen Aufgaben in Forschung, Lehre und akademischer Selbstverwaltung könne er die Aufgaben des Arbeitsschutzes nicht kompetent wahrnehmen.
Dieser Argumentation schloss sich der Universitätspräsident jedoch nicht an. Es fände vorliegend keine zusätzliche Pflichtenübertragung statt, denn mit der Führungs-und Vorgesetzteneigenschaft gehe einher, die Erfüllung von arbeitsschutzrechtlichen Regelungen zu überwachen. Zudem sei eine Übertragung dieser Aufgaben auf den Sicherheitsingenieur der Universität nicht möglich, da dieser kein Vorgesetzter sei. Er stünde jedoch zur Beratung, Unterstützung und Kontrolle zur Verfügung.
Verwaltunsgerichtshof bestätigt die Möglichkeit zur Delegation
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, vor dem der Fall verhandelt wurde, schloss sich dieser Auffassung an, ließ gleichzeitig aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu:
Im Bereich des Arbeitsschutzrechts gelte der Grundsatz, dass der Arbeitgeber für die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten zu sorgen hat, § 3 Abs.1 Satz 1 Arbeitsschutzgesetz(ArbSchG). Von diesem Begriff seien auch juristische Personen, wie im vorliegenden Fall der Freistaat Bayern, umfasst. Außerdem würden auch Personen, die vertretungsberechtigte Organe einer juristischen Person sind, als Verantwortliche einbezogen, sodass hier der Universitätspräsident ebenfalls für den Arbeitsschutz verantwortlich war. Nun könne der Arbeitgeber nach § 13 Abs. 2 ArbSchG zuverlässige und fachkundige Personen mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Arbeitsschutzmaßnahmen beauftragen, was durch das Schreiben auch wirksam getan worden sei.
Gericht: Keine Spezialkenntnisse erforderlich, um Aufgabe wahrnehmen zu können
Auch wenn die Anweisungen darin sehr allgemein gehalten seien, was der sehr abstrakten Materie des Arbeitsschutzes geschuldet sei, seien diese klar und verständlich genug, um dem Dekan verständlich zu machen, was sein übertragener Aufgabenbereich nun beinhalte. Dieser enthalte zwei Schwerpunkte: Zum einen die Gefährdungsbewertung anhand des Erhebungsbogens der Universität für Büro-und Bildschirmarbeitsplätze und die Berücksichtigung des Handbuchs Arbeitssicherheit im Arbeitsalltag. Anhand dieser Unterlagen sei es dem Dekan, zum Beispiel durch Weitergabe des Handbuchs an seine Mitarbeiter, möglich, seinen Pflichten nachzukommen.
Die für diese Aufgabenwahrnehmung konkret erforderliche Fachkunde sei gegeben, zumal der Kläger einige Jahre zuvor an einer Gefährdungsbewertung des Lehrstuhls teilgenommen hatte. Zusätzlich werde ihm durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit der Universität Unterstützung angeboten, sodass hier vereinzelt fehlende Kenntnisse bei technischen Detailfragen oder besonderen Problemstellungen aufgefangen werden würden.
Hinweis: Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. April 2015, 3 BV 13.834
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