Arbeitgeberübernahme von Knöllchen meistens steuerpflichtig
Ob aus Unachtsamkeit oder weil es keine anderen Möglichkeiten gibt: Parkverstöße von Mitarbeitenden mit dem Firmenwagen sind häufig anzutreffen, insbesondere im Transportgewerbe. Teilweise werden die Verstöße vom Arbeitgeber toleriert und/oder die Verwarnungsgelder dafür übernommen.
BFH urteilte zunächst: Geldbußen sind steuerpflichtiger Arbeitslohn
Geldbußen, die vom Arbeitgeber übernommen werden, sind nach bisheriger Rechtsprechung steuerpflichtiger Arbeitslohn. Ein rechtswidriges Tun ist keine beachtliche Grundlage einer betriebsfunktionalen Zielsetzung (BFH Urteil vom 14.11.2013 - VI R 36/12; lesen Sie dazu auch unseren Beitrag "Bußgeldübernahme durch den Arbeitgeber") und kann damit nicht im eigenbetrieblichen Interesse liegen.
Handelt es sich um Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber Verwarnungsgelder zahlt?
Im neuesten Urteilsfall betrieb die Klägerin einen Paketzustelldienst im gesamten Bundesgebiet. Soweit sie in Innenstädten bei den zuständigen Behörden keine Ausnahmegenehmigung erhalten konnte, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen (z. B. Halteverbots- oder Fußgängerzonen) unter bestimmten Auflagen ermöglicht hätte, nahm sie es hin, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhielten. Wenn für diese Ordnungswidrigkeit Verwarnungsgelder erhoben wurden, zahlte die Klägerin diese als Halterin der Fahrzeuge.
Zahlung von Verwarnungsgeldern (manchmal) kein Arbeitslohn
Das Finanzamt ging aufgrund obiger Rechtsprechung von Arbeitslohn aus, das zuständige Finanzgericht sah das anders (FG Düsseldorf Urteil vom 04.11.2016 - 1 K 2470/14 L). Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 13.08.2020 - VI R 1/17) das vorhergehende Urteil aufgehoben und die Sache nochmals zurückverwiesen.
Er bestätigt dabei, dass im Streitfall die Zahlung der Verwarnungsgelder auf eigene Schuld des Arbeitgebers erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Mitarbeiter führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat.
Im zweiten Rechtsgang hat das Finanzgericht aber noch zu prüfen, ob der Arbeitgeber gegenüber den Fahrern einen Regressanspruch hatte, auf den er verzichtet hat. Dadurch könnte den Mitarbeitenden, die einen Parkverstoß begangen haben, dann doch ein geldwerter Vorteil zugeflossen sein.
Finanzverwaltung übernimmt BFH-Rechtsprechung zu Verwarngeldern
Die Verwaltung wendet das inzwischen veröffentlichte Urteil an. Nach aktueller Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt ist dabei aber ausdrücklich zu prüfen, ob eine gegenüber dem Mitarbeitenden realisierbare Forderung durch den Arbeitgeber erlassen worden ist. Im Zeitpunkt des Erlasses soll dann Arbeitslohn vorliegen (OFD Frankfurt/M., Verfügung v. 30. Juni 2021, S 2332 A - 094 - St 212). Das dürften die Finanzämter wohl in ganz Deutschland ähnlichsehen.
Spielt Duldung durch den Arbeitgeber eine Rolle?
Offen bleibt aber die Frage, wie das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang entscheiden wird und/oder ob es sogar zu einer erneuten Vorlage an den Bundesfinanzhof kommt.
Gegen einen Regressanspruch könnte sprechen, dass der Arbeitgeber die Verstöße der Mitarbeitenden zumindest duldet. Dass es sich bei den zugrundeliegenden Parkverstößen um Ordnungswidrigkeiten im absoluten Bagatellbereich handelt, spielt nach dem Urteil des BFH hingegen für die Beurteilung, ob Arbeitslohn vorliegt, keine Rolle.
Regelfall bleibt: Knöllchenübernahme ist Arbeitslohn
Vom Urteilsfall klar zu unterscheiden ist die Konstellation, in der Verwarnungsgelder gegenüber Mitarbeitenden in Fahrtätigkeit wegen Verletzung von Halteverboten direkt festgesetzt und vom Arbeitgeber übernommen werden. Hier bleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung und damit jetzt wohl endgültig bei Arbeitslohn.
Auch die Verwaltung weist aktuell nochmals darauf hin, dass in diesen Fällen durch Bußgeldübernahme seitens des Arbeitgebers Arbeitslohn entsteht und kein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliegen kann (OFD Frankfurt/M., Verfügung v. 30. Juni 2021, S 2332 A - 094 - St 212).
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