Kurzfristiger Minijob: Keine anteilige Entgeltgrenze bei Berufsmäßigkeit
Ein kurzfristiger Minijob liegt vor, wenn die Beschäftigung für längstens drei Monate beziehungsweise 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres befristet ist und nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Die Prüfung der Berufsmäßigkeit hat aber nur zu erfolgen, wenn das Arbeitsentgelt 450 Euro im Monat übersteigt. Zur Berücksichtigung dieser Entgeltgrenze hat das BSG nun mit Urteil vom 5.12.2017 (B 12 R 10/15 R) eine neue Richtung eingeschlagen.
Anteilige Entgeltgrenze in der bisherigen Auslegung
Bisher galt: Die Prüfung der Berufsmäßigkeit ist nicht erforderlich, wenn das aufgrund dieser Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt die Arbeitsentgeltgrenze von 450 Euro im Monat nicht überschreitet. Nach der Auslegung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung entspricht dieser Monatswert einem Zeitraum von 30 Kalendertagen. Insofern war die Entgeltgrenze bei geringeren Zeiträumen anteilig zu reduzieren, wodurch beispielsweise für eine auf drei Tage befristete Beschäftigung 45 Euro (450 Euro : 30 x 3) maßgebend waren.
Argumentation für die bisherige Auslegung
Das Bundessozialgericht hat den Begriff der Berufsmäßigkeit geprägt. Danach wurde bisher argumentiert: Eine Beschäftigung wird berufsmäßig ausgeübt, wenn sie für die in Betracht kommende Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Berufsmäßigkeit steht somit im unmittelbaren Zusammenhang mit der für den Arbeitnehmer wirtschaftlichen Bedeutung der Beschäftigung. Aus diesem Grunde nimmt das mit der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt für die Bewertung des Vorliegens von Berufsmäßigkeit eine nicht unerhebliche Rolle ein. Der im Gesetz genannte Monatswert von 450 Euro dient hier als Orientierung für die Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung der Beschäftigung. Es besteht insofern ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zum Personenkreis der berufsmäßig Beschäftigten und der Höhe des erzielten Arbeitsentgelts. Diese Interpretation lässt nur den Schluss zu, dass es sich bei dem Wert von 450 Euro um ein Arbeitsentgelt für einen vollen Beschäftigungsmonat handelt. Das dieser Wert unabhängig von der Dauer der befristeten Beschäftigung auch für wenige Tage maßgebend sein soll, widerspricht dem Grundverständnis zur wirtschaftlichen Bedeutung einer Beschäftigung.
Monatliche Entgeltgrenze unabhängig von der Beschäftigungsdauer
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG ist für die Prüfung der Entgeltgrenze im Zusammenhang mit der berufsmäßigen Beschäftigung das in dem jeweiligen Monat insgesamt erzielte Arbeitsentgelt stets dem monatlichen Grenzbetrag von 450 Euro gegenüberzustellen. Eine Umrechnung auf die einzelnen Tage der Arbeitsleistung ist nicht vorzunehmen. Danach kann im Extremfall eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung auch für einen Kalendertag vorliegen, wenn das erzielte Arbeitsentgelt für diesen Tag 450 Euro nicht übersteigt. Berufsmäßigkeit ist in diesem Fall nicht zu prüfen. Dies gilt also beispielsweise auch dann, wenn diese Person arbeitsuchend gemeldet ist.
Begründung des BSG
Das BSG lässt die Frage des Vorliegens einer berufsmäßigen Beschäftigung in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt offen. Es konzentriert sich ausschließlich auf die Frage, ob die Anwendung einer anteiligen Entgeltgrenze für die Prüfung der berufsmäßigen Beschäftigung zulässig ist. Insofern wird auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Bedeutung einer Beschäftigung und dem Monatswert von 450 Euro hergestellt. Vielmehr begründet das BSG seine Rechtsauffassung zum stets zu berücksichtigenden Grenzbetrag von 450 Euro mit dem Sinn und Zweck der Regelung zur Versicherungsfreiheit, dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung zur kurzfristigen Beschäftigung sowie der Systematik der Verteilung der Beitragslast.
Überarbeitung der Geringfügigkeits-Richtlinien
Die Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung sollen im Laufe dieses Jahres überarbeitet werden. In diesem Zusammenhang dürfte aufgrund der Argumentation des BSG in dem Urteil von Dezember 2017 auch die Regelung obsolet sein, die eine anteilige Entgeltgrenze für die Beschäftigungsart der geringfügig entlohnten Beschäftigung bei einem Arbeitseinsatz unter 30 Tagen vorsieht.
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