Ermäßigte Besteuerung bei Teilauszahlung einer Abfindung
Abfindungen sind steuerpflichtig und unterliegen dem Lohnsteuerabzug. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie nach der sog. Fünftelregelung tarifermäßigt besteuert werden (§ 34 Abs. 1 EStG). Dabei ist als Bemessungsgrundlage für den Lohnsteuerabzug aus der Abfindung ein Fünftel des Betrags anzusetzen. Die Steuer aus diesem Fünftel ist nach den für sonstige Bezüge geltenden Grundsätzen zu ermitteln und anschließend die sich hierfür ergebende Lohnsteuer mit fünf zu multiplizieren. Dadurch ergeben sich regelmäßig steuerliche (Progressions-)Vorteile.
Zusammenballung bei Entschädigungsleistungen
Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Anwendung der begünstigten Besteuerung voraus, dass die Entschädigungsleistungen zusammengeballt in einem Jahr zufließen. Der Zufluss mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ist deshalb grundsätzlich schädlich (vgl. BFH vom 3.7.2002, BStBl 2004 II S. 447).
Tarifermäßigte Besteuerung
In einem aktuellen Urteilsfall bekam der Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine betriebliche Abfindung in Höhe von 104.800 EUR sowie eine Tarifabfindung in Höhe von 10.200 EUR. Die Tarifabfindung und die betriebliche Abfindung flossen dem Kläger in zwei aufeinander folgenden Jahren zu. Die Teilauszahlung belief sich im Streitfall auf 8,87 % der Gesamtabfindung oder 9,73 % der Hauptleistung. Fraglich war die tarifermäßigte Besteuerung.
Fünftelregelung bei Abfindungen
Der BFH hat die Gewährung der Fünftelregelung bejaht. Nach dem Urteil kann eine Teilauszahlung ausnahmsweise unschädlich sein, wenn andernfalls der Zweck des Gesetzes verfehlt würde. Liegen keine besonderen Umstände vor, die die Teilleistung bedingen oder prägen (z.B. soziale Motivation, persönliche Notlage), kommt es allein auf die Höhe der Teilleistung an. Die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in zwei Teilbeträgen steht danach der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausnahmsweise nicht entgegen, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und wenn die Nebenleistung geringfügig ist.
Geringfügige Nebenleistung zu Abfindungen
Unter welchen Umständen von einer geringfügigen Teilleistung auszugehen ist, bestimmt sich nach dem Vorliegen einer Ausnahmesituation in der individuellen Steuerbelastung des einzelnen Steuerpflichtigen. Bisher hatten Verwaltung und Rechtsprechung maximal 5 % der Hauptleistung anerkannt. Eine geringfügige Nebenleistung hat der BFH nicht mehr angenommen, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt (vgl. BFH-Urteil v. 8.4.2014, IX R 28/13). Eine starre Prozentgrenze (im Verhältnis der Teilleistungen zueinander oder zur Gesamtabfindung) sieht aber weder das Gesetz vor noch kann eine solche die gesetzlich geforderte Prüfung der Außerordentlichkeit im Einzelfall ersetzen.
Nach diesen Grundsätzen hat der BFH die Teilauszahlung von 10.200 EUR im Vorjahr unter den besonderen Bedingungen des Streitfalls noch als geringfügige Nebenleistung anerkannt.
Tarifermäßigung
Ergänzend war zu berücksichtigen, dass die Nebenleistung niedriger ist als die Steuerentlastung der Hauptleistung. Müsste unter diesen Umständen die Tarifermäßigung versagt werden, stünde der Steuerpflichtige besser da, wenn er die Teilauszahlung nicht erhalten hätte. Das verdeutlicht, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach dem Zweck des Gesetzes trotz der Teilzahlung zur Abmilderung der einmaligen individuellen Progressionssteigerung im Streitjahr noch geboten ist.
Zu berücksichtigen war dabei auch, dass der Kläger auf die Höhe der Abfindung und die Modalitäten ihrer Auszahlung offenbar keinen entscheidenden Einfluss hatte.
Hinweis: BFH-Urteil vom 13.10.2015, IX R 46/14. Weitere Einzelheiten zur Besteuerung von Abfindungen enthält das BMF-Schreiben vom 01.11.2013 (IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl 2013 I S. 1326).
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