"Da ist sie wieder, die Altersteilzeit! Wieder auferstanden aus dem tiefen Dornröschenschlaf – wachgeküsst von dem Prinzen Corona."
Nicht wenige Betriebe sehen sich in der Krise mit dem Problem konfrontiert, Personal abbauen zu müssen. Eine Möglichkeit, gerade älteren Beschäftigten einen vorzeitigen Abschied schmackhaft zu machen, bietet die Altersteilzeit. Schauen wir uns also vorab die Grundzüge des Altersteilzeitmodells an, um uns anschließend mit den obigen Fragestellungen auseinanderzusetzen.
Harmonischer in den früheren Ruhestand
Das Charakteristische an dem Modell der Altersteilzeit ist, dass es sich hierbei um eine Art "Vorruhestandsmodell" handelt, denn im Rahmen dieses Modells wird die Arbeitszeit um die Hälfte der üblichen Arbeitszeit reduziert. Der ältere Arbeitnehmer (mindestens 55 Jahre alt) kann mit diesem Modell auf harmonische Weise früher in den Ruhestand gehen. Grundlage der Altersteilzeit ist das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23. Juli 1996, mit dem das Altersteilzeitgesetz in Kraft getreten ist. Das Gesetz wurde immer wieder geändert und ergänzt. Eine grundlegende Änderung erfuhr das Gesetz mit Wirkung ab dem 1. Juli 2004.
Zwei Altersteilzeitmodelle
Das Altersteilzeitmodell unterscheidet zwischen zwei Basismodellen:
- Dem kontinuierlichen Altersteilzeitmodell, das eine Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte bis zur Rente vorsieht, das heißt der Mitarbeiter arbeitet weiterhin bis zum Renteneintritt, jedoch mit verkürzter Arbeitszeit;
- und dem fast ausschließlich genutzten Blockmodell, das sich aufteilt
- in eine Arbeitsphase, in der der Arbeitnehmer weiterhin die volle Arbeitsleistung erbringt, hierfür jedoch nur noch die Hälfte seines Bruttoentgelts erhält und auf diese Weise ein Wertguthaben aufbaut
- und einer Freistellungsphase, die sich direkt an die Arbeitsphase anschließt und den Übergang in eine gesetzliche Altersrente vollzieht. Auf diese Weise wird der Mitarbeiter deutlich früher von der Arbeitsleistung bezahlt freigestellt.
Ein Arbeitnehmer in Altersteilzeit reduziert somit seine Arbeitszeit für die Gesamtlaufzeit der Altersteilzeit immer genau um die Hälfte. Der Arbeitnehmer erhält in Altersteilzeit folglich nur noch die Hälfte seines bisherigen Bruttoentgelts - jedoch liegt die Besonderheit darin, dass der Arbeitnehmer nach dem Altersteilzeitgesetz einen Aufstockungsbetrag zu seinem Bruttoentgelt und zur Rentenversicherung (RV) nach dem Altersteilzeit-Gesetz erhalten muss. Somit ergibt sich eine ungefähre Auszahlung von annähernd 70 Prozent des bisherigen Nettoentgelts und auch mit Rentenminderung ist nur in geringem Umfang zu rechnen. Das Merkmal dieser Aufstockungsbeträge ist, dass diese steuer- und sozialversicherungsfrei an den Mitarbeiter ausgezahlt werden.
Gesetzliche Förderung seit 2010 ausgelaufen
In vielen Tarifverträgen zur Altersteilzeit (beispielsweise Metall- und Chemiebranche) fallen diese Aufstockungsbeträge höher aus und können auch ohne Tarifbindung den gesetzlichen Mindestbetrag überschreiten. Die gesetzlichen Aufstockungsbeträge wurden bis Ende 2009 von der Agentur für Arbeit unter gewissen Voraussetzungen gefördert, diese Förderung ist mit ATZ-Beginn ab Januar 2010 ausgelaufen.
Auf welches Modell - kontinuierliches Modell oder Blockmodell – die Entscheidung fällt, unterliegt, wenn nicht tariflich vorgegeben, einer Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wichtig ist hierbei lediglich zu beachten, dass das Blockmodell nur einen gesamten Verteilzeitraum von maximal drei Jahren gesetzlich zulässt, dieser kann jedoch im Rahmen eines Tarifvertrages und/oder einer Betriebsvereinbarung verlängert werden.
Die Grundzüge sind nun bekannt und bisher wurde eindeutig sichtbar, dass dieses Modell aus der Sicht des Mitarbeiters hoch attraktiv ist: Wer möchte nicht gerne seine Arbeitszeit mit einem gewissen Lohnausgleich reduzieren?! Spannend folglich herauszuarbeiten, wie es ein guter Wirkstoff sein kann, um eine Genesung im Unternehmen herbeizuführen.
Deutliche Senkung der Lohnkosten
Als Oeuvre für meine Argumentationskette anbei eine Vergleichsübersicht der direkten Lohnkosten mit und ohne Altersteilzeit:
Direkte Lohnkosten/Monat | ||
Vor ATZ | In ATZ | |
Gehalt | 5.000,00 € | 2.500,00 € |
Aufstockung Nettoerhöhung ATZ-G 20% | 500,00 € | |
Aufstockung zur Rentenversicherung | 372,00 € | |
Sozialversicherung/AG | 994,00 € | 497,00 € |
Direkte Lohnkosten 1AN/Mo | 5.993,50 € | 3.869,00 € |
An der Vergleichsübersicht ist deutlich zu erkennen, dass die direkten Lohnkosten in Altersteilzeit trotz Aufstockungsbeträge absinken, allerdings steht eine geringere Arbeitsleistung gegenüber. Der Mitarbeiter erhält folglich mehr "Geld" für eine geringere Arbeitsleistung. Betrachten wir aber die Absenkung der direkten Lohnkosten nicht in Verbindung mit der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit, sondern bedenken, dass gerade ältere Mitarbeiter oftmals nicht unbedingt durch ihre Arbeitszeit, sondern durch ihr umfangreiches Wissen, ihre Erfahrung und Entspanntheit auffallen, dann können wir als Unternehmen von eben diesen wichtigen Qualitäten weiterhin profitieren. Zugleich können wir uns entweder darauf vorbereiten, dass diese Kompetenzen an jüngere (oftmals günstigere) Mitarbeiter weitergegeben werden bzw. es können auch Unternehmensbereiche, die nicht mehr benötigt werden – wie beispielsweise zahlreiche Bankfilialen in Deutschland – schneller abgebaut werden, da der Mitarbeiter mit der Freistellungsphase das Unternehmen zu einem früheren Zeitpunkt als ursprünglich geplant verlassen wird.
Eine weitere Erleichterung wäre es auch, wenn der Gesetzgeber sich nochmals durchringen könnte und die Unternehmen in dieser schwierigen Phase mit einer geförderten (durchaus befristeten) Altersteilzeit – die Aufstockungsbeträge würden erstattet werden – unterstützen könnte.
Es bleibt folglich spannend, wie lange das Wiedererwachen der Altersteilzeit anhalten wird!
Christiane Droste-Klempp arbeitet im eigenen Unternehmen als Trainerin, Beraterin und Projektleiterin für sämtliche Themen des Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrechts und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei der Auswahl und Umsetzung strategischer Personalmodelle.