Entgeltbescheinigung: Die Verordnung, die keiner kennt


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Kolumne: Entgeltbescheinigung: Die Verordnung, die keiner kennt

Für Laien aber auch für Profis hält die Entgeltabrechnung manch Unbekanntes bereit. Robert Knemeyer, Personalberater und Interim-Manager, geht ausgefallenen Themen nach. Heute: Obwohl § 108 Gewerbeordnung auf jeder Entgeltbescheinigung steht, kennen nur wenige die Vorschriften, die die Details regeln.

Vielleicht kennen Sie folgenden Sachverhalt auch: Es gibt Gesetze, mit denen fast alle ständig zu tun haben und dennoch scheint es, als hätte noch niemand diese je wirklich gelesen. Ein Bespiel dafür ist die Vorgabe, dass jede Lohnabrechnung den Hinweis enthalten muss, es handele sich um eine „Bescheinigung nach § 108 Gewerbeordnung“. Das steht in § 1 Abs. 4 Entgeltbescheinigungsverordnung (EntBV), die 2013 eingeführt wurde.

Man könnte hier sogar von einer Art Zirkelbezug sprechen: § 108 Gewerbeordnung (GewO) ist die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die EntgBV, die „das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung“ bestimmt (§ 108 Abs. 3 Satz 1). Letztlich geht es also auf § 108 GewO zurück, dass die EntGBV wiederum vorschreibt, dass alle Entgeltbescheinigungen auf §108 GewO zu verweisen haben. 

Praktisch wichtig bleibt: Die für die Entgeltbescheinigung anzuwendenden Details stehen in der Entgeltbescheinigungsverordnung.

Details der Entgeltbescheinigung ergeben sich aus Verordnung?

Die Annahme liegt nahe: Die GewO bietet nur den gesetzlichen Rahmen, während alle einzelnen Punkte klar in der Verordnung (EntGBV) beschrieben sind: sowohl alle Bestandteile, die auf eine Gehaltsabrechnung gehören, als auch der Umstand, wie diese dann jeweils zu berücksichtigen sind und welchen Bestandteilen sie zuzuordnen sind. Ebenso ist damit klar vorgegeben, dass auf der Entgeltabrechnung steht, dass sich der Ersteller der Abrechnung auch an dieses Gesetz gehalten hat beziehungsweise dieses bei der Erstellung berücksichtigt wurde.

In der Praxis ist es jedoch offenbar so: Obwohl die Verordnung seit 2013 gilt, gibt es noch immer zwei problematische Sachverhalte.

Fall 1 zur Entgeltbescheinigung: EntBV wird nicht beachtet

Der erste Fall: Auf der Entgeltabrechnung steht, dass diese nach den Vorgaben der EntgBV erstellt wurde. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass entweder die Software-Hersteller (bei Outsourcing) diese Vorgaben nicht immer ganz genau umgesetzt haben oder dass die Unternehmen es (beim Inhouse-Betrieb) versäumt haben, entsprechende Umstellungen im System vornehmen zu lassen – also das „Customizing“ anpassen zu lassen. Tatsächlich wird die Entgeltbescheinigung also nicht nach den Vorgaben der EntBV erstellt. 

Im Normalfall fällt dies vielleicht gar nicht auf. Wenn das Unternehmen jedoch zum Beispiel das Entgeltabrechnungsprogramm wechselt und dabei die Abrechnungen vergleicht, bestehen plötzlich Unterschiede beim Bescheinigungsbrutto, die eigentlich nicht bestehen dürften.

Fall 2 zur Entgeltbescheinigung: Vergütungsbestandteile werden vergessen

Der zweite Fall: Das Unternehmen hat nicht wirklich konsequent alle Vergütungsbestandteile in der Entgeltabrechnung berücksichtigt. Vielmehr sind ein paar Sachverhalte neben der Abrechnung abgewickelt worden, wie zum Beispiel die Sachbezüge, Gutscheine, Geschenke, geldwerte Vorteile oder pauschal besteuerte Bezüge. Diese Thematik ist von größerer Wichtigkeit: Selbst wenn diese Vergütungsbestandteile keinen Einfluss auf die Sozialversicherung oder die individuelle Lohnsteuer haben, so sind sie vielleicht für eine Pfändung zu berücksichtigen.

Eine Lösung: Entgeltbescheinigungsverordnung wird angepasst

Da zumindest das zweite Problem vom Verordnungsgeber erkannt wurde, gab es zum 1. Januar 2018 eine Klarstellung in § 1 EntgBV Abs. 3, der nun wie folgt konkretisiert wurde:

(3) Bei der Ermittlung des Gesamtbruttoentgeltes nach Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c wirken sich folgende Werte wie folgt aus:

1. erhöhend die Werte für

a) die Entgeltaufstockung nach dem Altersteilzeitgesetz,

b) Nebenbezüge (geldwerte Vorteile, Sachbezüge, steuerpflichtige Bestandteile von sonstigen Personalnebenkosten, zum Beispiel Reisekosten, Umzugskosten, Trennungsgelder) sowie

c) Arbeitgeberzuschüsse zu Entgeltersatzleistungen und

2. mindernd die Werte für

a) Arbeitgeberleistungen, die von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer übernommen wurden, beispielsweise die abgewälzte pauschale Lohnsteuer, sowie

b) die Einstellung in ein Wertguthaben auf Veranlassung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und

3. weder erhöhend noch mindernd die Werte für

a) Entgeltumwandlungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes,

b) Beiträge der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Zukunftssicherung, im öffentlichen Dienst auch Umlagen und Sanierungsgelder.

Neue Vergütungsbestandteile für die Entgeltabrechnung

Damit gehören spätestens seit 1. Januar 2018 unter anderem folgende Vergütungsbestandteile auf die Entgeltabrechnung:

  • alle Sachbezüge, die unter die 44 Euro Sachbezugsfreigrenze fallen (zum Beispiel Benzingutschein, Büchergutschein, Betriebssportgruppe, Zinsvorteile et cetera)
  • Personalrabatte bei Anwendung des 1.080 Euro Freibetrags
  • Private Nutzung betrieblicher Telekommunikationseinrichtungen
  • Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung (500 Euro Freibetrag)
  • alle Vergütungsbestandteile, die mit § 40, § 40a oder § 40b pauschal besteuert wurden, wie zum Beispiel Essensmarken, Betriebsveranstaltungen, Gruppenunfallversicherung, Kantinenmahlzeiten, Erholungsbeihilfe, Verpflegungszuschüsse, Datenverarbeitungsgeräte, Fahrtkostenzuschüsse,

Die Liste ist nicht abschließend und muss im Einzelfall geprüft werden.

Was meinen Sie?

Haben Sie auch schon Erfahrungen mit solch einem Fall gemacht? Oder kennen Sie auch Sachverhalte, die Sie als Entgeltabrechner den Mitarbeitern nur schwer erklären können, weil diese schwierig nachzuvollziehen sind? Dann freuen wir uns auf Ihre Kommentare, Anmerkungen oder Sachverhalte.

Schlagworte zum Thema:  Entgelt, Sozialversicherung, Lohnsteuer