Vielleicht kennen Sie folgenden Sachverhalt auch: Durch die Globalisierung entstehen immer mehr Jobs, die internationale Bestandteile beinhalten. Dabei kann der Umfang ganz verschieden sein:
- Dienstreisen in andere Länder für die Teilnahme an Meetings
- Dienstreisen für die Beteiligung an einem internationalen Projekt
- eine Position, die eine Tätigkeit permanent in mehreren Ländern beinhaltet
- Vertriebsmitarbeiter, Monteure et cetera, die permanent in verschiedene Länder reisen
- Versetzung in eine andere Niederlassung mit lokalem Vertrag
Dabei sind in allen Fällen immer auch entsprechende administrative Anforderungen zu erfüllen, um die gesetzlichen Vorgaben richtig zu erfüllen.
Mitarbeiterentsendung: Für Entgeltabrechnung nur 183-Tage-Regel prüfen?
Wenn man sich jedoch den Umgang in einigen internationalen Konzernen dazu ansieht, liegt die Annahme nahe: Gerade im Top-Management ist offenbar lediglich die 183-Tage-Regel bekannt. Das bedeutet: Wenn jemand nicht mehr als 183 Tage innerhalb eines Kalenderjahrs in einem anderen Land arbeitet, braucht nichts unternommen zu werden – egal, wie die Regelungen sonst sind.
Aber auch in den Fällen, in denen die Mitarbeiter länger als 183 Tage an einem anderen Standort tätig sind, wird versucht, die Gehaltsabrechnung genauso zu belassen, wie sie zuvor war. Manchmal bekommt der Mitarbeiter dann die Zuteilung einer Steuerberatung und die Mitteilung: Er/Sie möge doch in den jeweiligen Ländern eine entsprechende Steuererklärung abgeben (unter Mitthilfe der Steuerberatung).
Entsendung: Wann Gehaltsabrechnung über das Reiseland vorzunehmen ist
Ich weiß nicht, ob Sie schon mal einem Mitarbeiter diesen Sachverhalt in allen Facetten verständlich und nachvollziehbar erklären konnten. Offenbar ist es jedoch so:
Vielleicht mit Ausnahme der Dienstreise zu einem Meeting ist bei allen Sachverhalten vom Grundsatz her die Gehaltsabrechnung über die Tätigkeit in dem jeweiligen Land vorzunehmen. Unter bestimmten Umständen kann es davon Ausnahmen geben, wobei die Betrachtung von Lohnsteuer und Sozialversicherung getrennt vorzunehmen ist, weil unterschiedliche Kriterien dafür zu Grunde gelegt werden.
Lohnsteuer: 183-Tage-Regel nur bei Doppelbesteuerungsabkommen
In Bezug auf die Lohnsteuer muss zuerst geprüft werden, ob zwischen den Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde. Nur in diesen Fällen kann überhaupt die 183-Tage-Regel geprüft werden. Die Abkommen mit Frankreich, Österreich und der Schweiz zu Grenzgängern ist im Prinzip als Zusatz-Sonderregelung anzusehen und bildet die dritte Gruppe.
Häufig wird bei der Anwendung der 183-Tage-Regel übersehen, dass nicht nur ein Kriterium gelten muss, sondern alle folgenden:
- Der Arbeitnehmer darf sich in dem ausländischen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres (Steuerjahres) beziehungsweise eines Zeitraums von zwölf Monaten aufhalten.
- Der Arbeitgeber darf im ausländischen Tätigkeitsstaat nicht ansässig sein.
- Der Arbeitslohn darf nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im ausländischen Tätigkeitsstaat unterhält (sogenannter Betriebsstättenvorbehalt).
Alle drei Voraussetzungen müssen also gleichzeitig erfüllt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, besteht ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats für die vom Arbeitnehmer dort ausgeübte nichtselbständige Tätigkeit.
Häufig sind die Punkte 2 und 3 eben nicht erfüllt, sodass die 183-Tage-Regel nicht angewendet werden darf. Und letztlich ist jedes Land sehr darauf bedacht, die Steuereinnahmen zu erhalten. Nur bei den Grenzgängern wird dies im Prinzip zwischen den Ländern quasi verrechnet - auch um den Aufwand bei den Behörden zu vermindern.
Sozialversicherung: A1-Bescheinigung auch bei kurzer Entsendung
In Bezug auf die Sozialversicherung (Territorialprinzip) gibt es drei verschiedene Fallgruppen für die Prüfung:
- Es handelt sich um eine Tätigkeit innerhalb der EU.
- Es besteht ein Sozialversicherungsabkommen (hier Zweige der SV prüfen).
- Es besteht kein Abkommen.
Innerhalb der EU und auch bei den Ländern mit einem speziellen Abkommen ist es relativ einfach, die Sozialversicherung im Ursprungsland für zwei Jahre zu belassen (gegebenenfalls ist auch eine Verlängerung auf bis zu fünf Jahre möglich), wenn dies gewünscht wird. Es herrscht hierbei offenbar die Devise, es als nicht so gravierend anzusehen, da ja auch im Gegenzug Ansprüche entstehen, die auch erheblichen Verwaltungsaufwand bei Krankenkassen und Rentenversicherung erzeugen. Daher kann ein einfacher Antrag (A1) bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA; www.dvka.de) reichen. Auch wenn es so scheint, dass dies in der Praxis häufig nicht richtig umgesetzt wird: Der A1-Antrag ist eigentlich bei jeder Reise zu stellen.
Was meinen Sie?
Haben Sie auch schon Erfahrungen mit solch einem Fall gemacht? Oder kennen Sie auch Sachverhalte, die Sie als Entgeltabrechner den Mitarbeitern nur schwer erklären können, weil diese schwierig nachzuvollziehen sind?
Dann freuen wir uns auf Ihre Kommentare, Anmerkungen oder Sachverhalte.