Urteil: Besteuerung einer Abfindung für Grenzgänger bei Wegzug

Eine Abfindung an einen Grenzgänger bei Wegzug während eines bestehenden Dienstverhältnisses unterliegt teilweise der inländischen Steuerpflicht. Der steuerpflichtige Anteil ermittelt sich auf Basis der in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitstage. Das geht aus einem aktuellen FG-Urteil hervor.

Grenzgänger sind Steuerpflichtige, die regelmäßig zwischen ihrem Wohnsitz in einem Vertragsstaat und dem Arbeitsort im anderen Vertragsstaat pendeln. Das Besteuerungsrecht für Grenzgänger steht nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) dem Wohnsitzstaat zu.

Grenzgänger: Besteuerungsrecht liegt bei Frankreich

Der Kläger in einem aktuellen Urteilsfall hatte bis Ende November 2008 seinen Wohnsitz in Deutschland. Dann verzog er nach Frankreich und arbeitete weiterhin bei seinem inländischen Arbeitgeber. Sein laufender Arbeitslohn unterlag nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug. Der Kläger versteuerte diesen als Grenzgänger in Frankreich. Das Arbeitsverhältnis endete mit Aufhebungsvertrag zum 30. September 2014. Der Kläger erhielt eine einmalige Abfindung und steht seit Oktober 2014 in einem neuen Beschäftigungsverhältnis. Auch diesen Arbeitslohn versteuert er als Grenzgänger in Frankreich. 

Abfindung: Bei Wegzug teilweise steuerpflichtig

Das Finanzamt bescheinigte dem (früheren) Arbeitgeber des Klägers, dass 260/330-tel der Abfindung dem Lohnsteuerabzug unterlägen. Der Kläger sei an 330 Monaten beim früheren Arbeitgeber beschäftigt gewesen und habe davon an 260 Monaten seinen Wohnsitz im Inland gehabt. Insoweit sei die Abfindung steuerpflichtig. Der Kläger ist der Ansicht, diese sei im Inland gänzlich steuerfrei.

Abfindung als Nachzahlung für frühere Tätigkeit

Nach dem Urteil des Finanzgerichts ist die Abfindung jedenfalls anteilig steuerpflichtig. Sie sei steuerpflichtig, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Der Mitarbeiter sei während des Beschäftigungs­verhältnisses über einen Zeitraum von 260 Monaten im Inland wohnhaft gewesen. Zumindest insoweit unterliege die Abfindung der inländischen Besteuerung. Die sog. Grenzgängerregelung komme lediglich für eine laufende, aktive Tätigkeit zur Anwendung. Die Abfindung beziehe sich jedoch auf eine vergangene Tätigkeit.

Das Gericht hatte die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Weil der Kläger davon aber keinen Gebrauch gemacht hat, ist das Urteil rechtskräftig.

Regelung zur Vermeidung von "weißen Einkünften"

Praxis-Hinweis: Nach dem ab dem Veranlagungszeitraum 2017 anzuwendenden § 50d Absatz 12 EStG gelten Abfindungen als für eine frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt. Abfindungen sind daher insoweit im ehemaligen Tätigkeitsstaat zu besteuern, als diesem das Besteuerungsrecht für die aktive Tätigkeit zustand. Trifft das einschlägige DBA für Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, in einer gesonderten Vorschrift ausdrücklich eine abweichende Regelung, ist diese vorrangig.

Damit keine sogenannten "weißen Einkünfte" entstehen, regelt § 50d Absatz 12 Satz 3 EStG den Rückfall des Besteuerungsrechts an Deutschland, soweit die Abfindungen im vormaligen Tätigkeitsstaat aufgrund eines abweichenden DBA-Verständnisses nicht besteuert werden.


Quelle:  Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Januar 2018, Aktenzeichen 6 K 1405/15 (rkr.) - Teilweise Steuerpflicht einer Abfindung an einen Grenzgänger bei Wegzug während der Dauer des Dienstverhältnisses.


Zum Weiterlesen: 

Neuer Erlass zur Arbeitslohnbesteuerung nach DBA

Grenzgänger aus Frankreich - neue Aufzeichnungspflichten für Arbeitgeber


Schlagworte zum Thema:  Abfindung, Doppelbesteuerungsabkommen