Automobilindustrie im Wandel: Die Berater-Challenge

Fünf Unternehmensberatungen haben einen fiktiven Fall aus der Automobilindustrie bearbeitet und ein Transformationskonzept vorgelegt. Was die Modelle von EY, HR Pioneers, Detecon, Mercer-Promerit und Haufe unterscheidet, verrät BWL-Professor Ingo Weller im Einzelcheck.

Beratungsleistungen orientieren sich an mehr oder weniger strukturierten Modellen (Frameworks oder "Rahmenwerke"). Grundsätzlich haben Modelle die Aufgabe, komplexe Sachverhalte zu vereinfachen und zu verdichten, sodass die charakteristischen Eigenschaften des modellierten Problems besonders deutlich zutage treten und das Verständnis der leitenden Wirkmechanismen geschärft wird. Die von den Beratungen vorgeschlagenen Modelle geben Hinweise darauf, welchen generellen Ansatz die Beratungen verfolgen und wie die Beratungsleistungen letztlich kalkuliert werden.

Partizipative Transformationsinitiative von Mercer-Promerit

Mercer-Promerit schlägt eine komplexe Transformationsinitiative mit dem Akronym HEAT vor ("High Energy for Activating our Team"). Das HEAT-Modell ist partizipativ und wird von einer dialogorientierten Kommunikationsinitiative begleitet. Ausgelegt ist es auf zwei Jahre. Im Kern stehen drei Säulen: Purpose, Organisation und People, wobei die Purpose-Säule darauf zielt, ein gemeinsames Organisationsverständnis zu entwickeln (Vision, Mission, Werte). Der Vorschlag besticht durch seine klare Struktur und konsistente Aufbereitung.

Modellgestützte Strategieentwicklung von EY

Ähnlich wie bei Mercer-Promerit steht auch im Vorschlag von EY ("Future of Work Now"-Modell) die Strategieentwicklung am Anfang des Transformationsprozesses. EY schlägt eine straff organisierte Zeitachse vor und benennt die zu beteiligenden Akteure in den einzelnen Prozessschritten klar. Die Beratergruppe von EY, die als Teil der weltweiten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft fungiert, präsentiert einen klassischen Beratungsansatz, der auf das vorhandene und übergreifende Wissen des Hauses und ein sehr strukturiertes Vorgehen setzt.

Pilotprojekt bei Haufe

Haufe schlägt ein umfassendes Organisations- und Führungsmodell "Fleat" vor, mit dem wenige komplexe Geschäftseinheiten in viele "End-to-End-verantwortliche" Einheiten transformiert werden sollen. Das Fleat-Modell ist in eine Inkubations-, eine Transformations- und eine Performance-Phase unterteilt und verwendet Metaphern (vom Floß zum Kreuzfahrtschiff), um die Transformationslogik zu vergegenwärtigen. Das Haufe-Modell setzt (wie einige andere Ansätze auch) auf ein starkes Commitment der Geschäftsführung und schlägt eine Pilotierung in einem erfolgskritischen Bereich der Unternehmensgruppe vor, wodurch sich der Ansatz von den anderen Vorschlägen absetzt.

Restrukturierung und Technologiesupport bei Detecon

Unter dem Label "Company Rebuilding" sieht Detecon drei primäre Handlungsfelder: Entwicklung einer IT-Strategie zur Sicherstellung von Vernetzung und Transparenz, Restrukturierung von Overhead-Funktionen zur Effizienzsteigerung und eine kulturelle, digitale und organisatorische Transformation zur allgemeinen Zukunftssicherung. Letztere soll im Kern der Beratungsleistung stehen und durch flankierende Maßnahmen in den ersten beiden Handlungsfeldern unterstützt werden. Detecon schlägt unter anderem die Einrichtung einer Academy oder Weiterbildungseinheit vor, die den Lernerfordernissen der Organisation und der Beschäftigten gerecht werden soll.

Agile "Outside-in-Betrachtung" von HR Pioneers

HR Pioneers setzt mit seinem "Sechs-Erfolgsfaktoren-Modell" auf einen vordergründig klassisch wirkenden Beratungsansatz. Ansetzend an "guten Gründen", die die Beteiligten überzeugen und zu Trägern des Wandels machen sollen, sollen Zukunftsbilder entwickelt, Kollegen beteiligt, Rollen besetzt und Prozesse organisiert sowie Rahmenbedingungen verändert werden. HR Pioneers arbeitet konsistent mit einem explorativen und auf agile Methoden setzenden Beratungsansatz.

Berater-Challenge: Das Zwischenfazit

Aus der Vogelperspektive betrachtet arbeiten alle Beratungen mit individuellen Modellen. Bei näherer Betrachtung liegen diesen aber verwandte Ideen, Konzepte und Prozessschritte zugrunde. Trotzdem lassen sich auch einige Unterschiede konstatieren. Gerne möchte ich zwei Aspekte hervorheben: Grundsätzlicher Beratungsansatz und „Mikroklima“.


Dieser Artikel stammt aus dem Personalmagazin 05/2019 mit dem Schwerpunkt "Berater-Challenge". Hier können Sie sowohl die komplette Auswertung von Professor Ingo Weller, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze herausgearbeitet hat, lesen, als auch in Kurzform die eingereichten Konzepte der Berater, die einen Blick auf deren Handschrift erlauben. Lesen Sie das gesamte Magazin auch in der Personalmagazin-App.