Kritik an Tarifrente
Nach dem Vorschlag aus dem Arbeitsministerim sollen sich bei der Tarifrente Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften im Tarifvertrag zur Errichtung einer gemeinsamen Versorgungseinrichtung als Pensionskasse oder Pensionsfonds verpflichten. Darüber, so der Plan, erhalten Mitarbeiter eine Beitragszusage zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) mit einer Mindestleistung. Um das System flächendeckend durchzusetzen, können Betriebe, die nicht tarifgebunden sind, durch Allgemeinverbindlichkeitserklärungen eingebunden werden. Der Vorteil für Arbeitgeber bestehe darin, so die Ausführungen von Nahles, dass Haftungsrisiken entfallen können.
Kritikpunkte: Tarifrente wäre ineffizient, teuer und aufwändig
Wie das Personalmagazin in der Sonderbeilage "bAV Spezial" berichtet, stößt diese Idee jedoch auf viel Widerstand bei Arbeitgebern wie Gewerkschaften. Kritikpunkte sind insbesondere, dass die Haftungsfreiheit der Arbeitgeber mit den Beiträgen der Arbeitnehmer erkauft werde. Das mindere die Effizienz der Altersvorsorge. Auch das Versprechen, die Tarifrente sei kostenneutral, bewerten Experten als unrealistisch. Sie zu etablieren würde, so die Leiterin des bAV-Fachcenter bei HDI, Sandra Spiecker, im "bAV Spezial", hohe Investitionen erfordern, ebenso wie die spätere Verwaltung von Vermögen und Verträgen.
Spiecker weist auch darauf hin, dass die Idee von Nahles, die Tarifrente ohne Beratung weiter zu verbreiten, nicht umsetzbar sei. "Die Erfahrung", so Spiecker, "zeigt, dass Vorsorgeprodukte keine Selbstläufer sind, die sich von alleine vermarkten. Ohne Beratung kann die versprochene, hohe Verbreitung kaum erreicht werden." Insgesamt, so die Expertin im "bAV Spezial", würde die Tarifrente die Betriebsrente für Unternehmen nicht einfacher, sondern eher komplizierter machen, zahlreiche Ungereimtheiten und offene Fragen müssten noch geklärt werden.
Herrmann: "Zwang zur bAV durch die Hintertür"
Als "Zwang zur bAV durch die Hintertür" bezeichnet Richard Herrmann, Vorsitzender des Vorstands der Heubeck AG, das Konzept der Tarifrente. Er erklärt: "Selbst wenn die Arbeitnehmer, wie vorgesehen, durch ein Opt-Out ihre Zustimmung verweigern könnten, wäre die Teilnahme für die Arbeitgeber verbindlich." Nahles Idee, befürchtet Herrmann, würde ein geschlossenes System schaffen, in dem der Markt für die tariflichen Pensionseinrichtungen am Ende von einigen wenigen Anbietern beherrscht werde. Zudem bestehe die Gefahr der politischen Einflussnahme, etwa bei Entscheidungen im Bereich der Kapitalanlage.
Karch: "So können Arbeitgeberverbände die Hand nicht zum Vertrag reichen"
Auch Heribert Karch, Vorsitzender der Aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., Berlin erklärt im "bAV Spezial" seine Skepsis gegenüber dem neuen Vorschlag: Alle Vorschläge zur leichteren Einführung von Betriebsrenten für die Sozialpartner könnten seiner Ansicht nach nur in dem Maße greifen, wie die seit Jahren von allen Beteiligten kritisierten sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen angepackt werden. "Wenn betriebliche Altersversorgung für Niedrigverdiener aufgrund der Anrechnung auf die Grundsicherung und der hohen Belastung mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen unattraktiv bleibt," so Karch, "dann werden Gewerkschaften für diese Arbeitnehmergruppe keine Tarifverträge abschließen können. Wenn die steuerlich zulässigen Dotierungsrahmen zu eng sind und Arbeitgeber über kurz oder lang neben der gemeinsamen Einrichtung noch einen weiteren Durchführungsweg einrichten müssen, werden Arbeitgeberverbände ihre Hand nicht zu einem solchen Tarifvertrag reichen können."
Hinweis: Alle Kritikpunkte und Vorschläge, wie ein Konzept einer Tarifrente diese Hürden überwinden könnte, lesen Sie im bAV Spezial, Beilage zu Personalmagazin Heft 4/2015. Sie können es hier direkt herunterladen.
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