Diversity im Recruiting: Schneller Stellen besetzen

Vielfältige Teams sind eine Bereicherung für Unternehmen – auf menschlicher wie beruflicher Ebene. Doch wie stark ist der Fokus auf Diversity in deutschen HR-Abteilungen? Und was können Personalerinnen und Personaler tun, um eine diverse Zielgruppe anzusprechen? Eine Studie gibt Einblicke.

Ganze 40 Prozent der Unternehmen achten aktuell nicht auf Diversität im Recruiting. Das zeigt die Studie "Diversity in der Personalgewinnung" des Ifo-Instituts und der Jobplattform Indeed. Dafür wurden im Jahr 2022 insgesamt 554 Personalverantwortliche aus den Wirtschaftsbereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen befragt.

Mit Diversitystrategie schneller Stellen besetzen

Laut der Studie verkürzt mehr Vielfalt im Unternehmen die Zeit, die es braucht, um eine offene Stelle zu besetzen. Fast die Hälfte (48 Prozent) der Befragten, die bei Neueinstellungen auf Diversität achten, besetzen offene Stellen innerhalb von zwei Monaten. 18 Prozent von ihnen sogar in durchschnittlich vier Wochen – die übrigen 30 Prozent brauchen ein bis zwei Monate. Auch Weiterbildung zahlt sich aus: 43 Prozent der Unternehmen, die ihre HR-Verantwortlichen im vorurteilsfreien Umgang mit Bewerberinnen und Bewerbern schulen, brauchen nur zwei Monate, um offene Stellen zu besetzen.

Von den Unternehmen ohne Diversitätsstrategie schaffen das nur 32 Prozent. 11 Prozent von ihnen haben Vakanzzeiten von sieben bis zwölf Monaten – das ist nicht nur schwierig für die betroffenen Teams, sondern kostet die Unternehmen auch einiges. In den Unternehmen, die bewusst nach diversen Teams suchen, bleiben Stellen nur in 3 Prozent der Fälle so lange unbesetzt.

Viele Unternehmen konzentrieren sich auf die falsche Gruppe an Bewerbenden

Ein diverses Team besteht im Idealfall aus Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen mit breiter Altersstruktur und verschiedenen sozio-ökonomischen Hintergründen. Doch nach wie vor sehen 52 Prozent der Personalverantwortlichen die Gruppe der Berufsteinsteiger und Berufseinsteigerinnen als die mit dem größten Potenzial, wenn es um neues Personal geht.

Dabei fallen vielversprechende Gruppen an potenziellen Bewerbenden durchs Raster: Menschen mit Migrationshintergrund sowie Berufstätige über 55 Jahre halten nur 34 Prozent für eine vielversprechende Zielgruppe. Auch auf Zugewanderte aus dem Ausland würden sich nur 30 Prozent fokussieren. Noch weniger beachtet werden Personen mit Kindern (28 Prozent) und Geflüchtete (11 Prozent). Dabei schlummert in dieser, von den Studienverantwortlichen „Stille Reserve“ getauften Gruppe ein enormes Potenzial für HR-Verantwortliche.

Laut Statistischem Bundesamt gab es 2021 über drei Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren, die ohne Beschäftigung waren, aber durchaus arbeiten wollten. Die Mehrheit (71 Prozent) dieser „Stillen Reserve“ sind Deutsche mit oder ohne Migrationshintergrund, 29 Prozent stammen aus dem Ausland. Und über die Hälfte (60 Prozent) von diesen 3,1 Millionen Menschen haben eine mittlere oder hohe Qualifikation, also mindestens eine abgeschlossene Berufausbildung oder die Hoch- oder Fachhochschulreife.

So können Unternehmen diverse Personen ansprechen

Dieser verborgene Talentpool darf Personalabteilungen nicht kalt lassen, wenn sie auf der Suche nach neuen Mitarbeitenden sind. Doch wie können sie Diversity im Unternehmen sicherstellen – oder damit beginnen, vielfältigere Teams aufzubauen?

Zu den möglichen (und effektiven) Maßnahmen zählen zum Beispiel Trainings für die HR-Abteilung. Wenn Personalerinnen und Personaler im Umgang mit Vielfältigen Bewerberinnen und Bewerbern geschult werden, hat das einen positiven Einfluss auf die Vakanzzeiten. Auch divers zusammengesetzte Personalabteilungen führen nachweislich dazu, dass offene Stellen schneller besetzt werden.

Allerdings setzen bisher nur 19 Prozent der Befragten auf Diversity-Schulungen für die HR-Abteilung und noch weniger (sieben Prozent) haben ein divers zusammengesetztes Recruiting-Team. Vielmehr fokussieren sich Unternehmen auf niedrigschwellige Änderungen der Recruitings-Strategie: Die am häufigsten verfolgte Taktik ist die Anpassung der Formulierung in Stellenanzeigen (65 Prozent), gefolgt von der bewussten und gezielte Ansprache diverser Gruppen (35 Prozent).

Mehr zur Studie und acht Tipps für mehr Diversity im Recruiting finden Sie hier.


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