Mit Employee Listening kontinuierlich Feedback einholen
In Zeiten sinkender Performance kann es für Unternehmen ein wichtiger Produktivitätsfaktor sein, das Feedback ihrer Mitarbeitenden einzuholen und Mitgestaltung zu ermöglichen. Indem sie stetig die aktuelle Situation diagnostizieren, können sie Bedenken und Bedürfnisse, Erwartungen und Vorschläge sammeln und die Perspektive ihrer Mitarbeitenden verstehen. So ist es auch möglich, langfristige Entwicklungen nachvollziehen und daraus Maßnahmen ableiten. Hier setzt das Employee Listening an.
Employee Listening im Verlauf des Mitarbeiterlebenszyklus
"Employee Listening ist ein ganzheitliches Instrument und wird strategisch angesetzt", sagt Jens Ballendowitsch, Head of Employee Listening für DACH bei Mercer. Es gehe darum, die unterschiedlichen Erfahrungen der Mitarbeitenden über den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus einzuholen und so die Employee Experience stetig zu verbessern. Mercer hat dafür rund relevante 30 Punkte über den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus identifiziert.
Mithilfe des Employee Listenings lassen sich effizient große Datenmengen einholen und verarbeiten. "Wichtig ist dabei aber, nicht einfach nur zuzuhören und alles zu sammeln, sondern gezielt zuzuhören", betont Ballendowitsch. Die Frage müsse sein: "Wo und wann sollten wir strategisch zuhören bei Themen, die für uns wichtig sind, und bei der Zielgruppe, die für uns wichtig ist?" Nur wer wisse, wie eine Strategie bei den Betroffenen ankommt, könne sie auch effektiv ausführen.
Ein Unternehmen, das beispielsweise die Neuausrichtung der eigenen Diversity-Kultur plant, muss vorab die nötigen Daten sammeln, um die Sichtweise der Mitarbeitenden zum Thema Diversity zu evaluieren. "Wir sind dabei nicht an Einzelmeinungen interessiert, sondern immer an Gesamtmeinungen. Die können uns helfen, die Organisation zu verbessern."
Employee Listening: vom Listening zur Action
Vor Durchführung einer Employee-Listening-Maßnahme ist es also wichtig, die Ziele festzulegen und auszuformulieren. Erik Kirst, Inhaber des Beratungsunternehmens Phimea, empfiehlt, vorab Interesse für das entsprechende Feedback-Instrument zu wecken, um so die Mitarbeitenden zur Teilnahme zu motivieren.
Wenn die Ergebnisse dann vorliegen, muss der Schritt vom Listening zur Action erfolgen. "Die Ergebnisberichte sollen nicht nach wenigen Wochen in der Schublade verschwinden – nein, man sollte aktiv damit arbeiten", betont Kirst. Abhängig von den Erkenntniszielen, von den personellen und fachlichen Ressourcen und von den internen Strukturen können nun die nächsten Schritte folgen.
Der Umgang mit negativem Feedback
Was, wenn das Employee Listening unerwünschte Ergebnisse bringt? "Umso besser", sagt Simon Werther, Professor für Leadership an der Hochschule München und Beirat von HR Instruments. "Genau dafür ist das Employee Listening schließlich da." Wichtig sei in diesem Fall, die beteiligten Stakeholder und insbesondere Vorstand uns Geschäftsführung in Boot zu holen und in die kommunikative Begleitung der Ergebnisse sowie der Aktionen und Maßnahmen einzubinden. "Eine transparente Kommunikation und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit unerwünschten Ergebnissen ist letztlich der beste Anhaltspunkt dafür, dass es ein Unternehmen mit einer echten Feedbackkultur ernst meint. Das wird oftmals erst in solchen Krisensituationen richtig deutlich, wenn sich alle Beteiligten aus der eigenen Komfortzone herausbewegen müssen."
Der Schritt vom Listening zur Action gelinge insbesondere dann, wenn das Projektteam und die zuständigen Mitarbeitenden umfassende Befugnisse und direkten Zugang zu Ansprechpartner:innen in anderen Fachabteilungen und zu verantwortlichen höheren Führungskräften haben. Werther betont jedoch: "Viel hilft hier nicht immer viel, das muss unbedingt bereits im Vorfeld berücksichtigt werden." Liegen die Ergebnisse vor, gehe es also nicht darum, möglichst viele Aktionen und Maßnahmen umzusetzen. Stattdessen stünden die Aktionen und Maßnahmen oben auf der Prioritätenliste, die sich auf die Ergebnisse beziehen, die kritisch sind und die Aufmerksamkeit erfordern.
Worauf HR beim Employee Listening achten sollte
HR könne Führungskräfte dabei unterstützen, Feedback zu geben und zu empfangen, sagt Arne Sjöström, Lead People Scientist bei Culture Amp: "Die Rolle der HR-Teams besteht darin, Führungskräfte durch das Feedback der Mitarbeitenden zu führen, um ihnen dabei zu helfen, ihren eigenen Fokus für die Organisation zu finden." Es sei entscheidend, sich in die Sorgen der Mitarbeitenden hineinzufühlen und sie ernst zu nehmen.
Sjöström rät zu explorativen Fragen, um zusätzliche Erkenntnisse zu gewissen. Solche weiterführenden Fragen könnten beispielsweise sein: "Wenn wir diese Ergebnisse in bestimmten Bereichen verbessern würden, was würde sich ändern? Welche Bereiche haben den größten Einfluss auf die Employee Experience? Was liegt in unserer Kontrolle und kann verändert werden?"
Matthias Diete, Vorstand der Cubia AG, gibt zu bedenken, dass für HR die Implementierung von Employee Listening der kleinste Teil der Arbeit und des Prozess sei. Er betont: "Unbedacht eingeführt und ohne strategische Verankerung samt Ressourcenplanung bringt es nicht nur nichts, sondern schadet sogar, da sich die Mitarbeitenden letztlich frustriert abwenden."
Employee Listening als kontinuierliches Instrument
Werther rät dazu, frühzeitig, langfristig und kontinuierlich auf Employee Listening zu setzen: "Wenn ein Unternehmen erst mit Employee Listening startet, wenn bereits der Schuh drückt, dann ist es manchmal bereits zu spät. Zudem sind kurzfristige Messungen nicht immer sinnvoll auswertbar und interpretierbar."
Für Ballendowitsch von Mercer sind Mitarbeitermeinungen ein riesiger Datenschatz, den Employee Listening heben kann. "Im Grunde ist Employee Listening eine Art Customer Research im Unternehmen: Employee Research. Die Unternehmen können damit einfach ihrer Mitarbeitenden befragen – denn das sind die Nutzer und Nutzerinnen!"
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