Führung ist fast ausschließlich Kommunikation. Denn mit dem, was wir sagen, wie wir auftreten, was wir tun, untermauern wir einen Führungsanspruch und gewinnen Menschen, uns zu folgen. Zeit also, dem Thema "Führungskommunikation" eine eigene Kolumne zu widmen.
Das ist gewagt, denn das Feld ist weit. Daher möchte ich drei Aspekte herausgreifen, die in ihrer Zusammenstellung ungewöhnlich erscheinen mögen. Sie machen für mich aber die Essenz dessen aus, worum es in der Führungskommunikation eigentlich geht. Die drei Aspekte sind
- Beeindrucken, besser gesagt: einen Eindruck hinterlassen.
- Überzeugen, also Commitment bei anderen erzielen.
- Aktivieren, das heißt andere zum Mitmachen bewegen.
Beginnen wir mit dem "Beeindrucken". Kann, ja darf es darum in der Führungskommunikation gehen? Meine klare Antwort lautet "ja". Allerdings geht es mir nicht um die Zerrbilder des Blendens, Aufschneidens oder Wichtigmachens.
Wie Sie nachhaltig Eindruck hinterlassen
Vielmehr geht es darum, schon bei der Formulierung eines Führungsanspruchs Hirn und – jawohl – Bauch der Menschen zu erreichen. Ziel ist es, einen Eindruck zu machen und sich damit abzuheben von Menschen, die – weil sie irrelevant und im Wortsinne nichtssagend erscheinen – links liegen gelassen werden und schnell wieder in Vergessenheit geraten.
Denn Führung ist ohne die Bereitschaft, sich zu exponieren und den Unterschied zu machen, nicht zu haben. Wer will, dass andere folgen, sollte vermitteln, besser, schlauer, erfahrener, kreativer oder stärker als andere zu sein – zumindest in der Aufgabe, in der sie oder er die Führung beansprucht. Noch besser ist es, wenn dieser Eindruck sich verfestigt hat und der Person als guter Ruf (Reputation) vorauseilt.
Eindruck machen wir dabei auf Ebenen, die wir im Alltag oft gar nicht als Kommunikation beschreiben. Das Auftreten ist so eine Ebene. Wie jemand sich im Raum bewegt, wie sie oder er sich ausdrückt, wie man sich kleidet spielt alles hier hinein. Selbstbewusstsein, Entschlossenheit und Führungsstärke werden so vermittelt. Auch hier gilt es, sich ein Stück abzuheben von dem, was die Gruppe, die folgen soll, als "normal" und "durchschnittlich" empfindet.
Einen dauerhaften Eindruck hinterlassen wir, indem wir uns mit dem, was wir sind und was wir wollen, ins Gedächtnis einbrennen. Dieser Effekt wird erzielt, indem man die Menschen überrascht, ihnen klare, einfache Botschaften vermittelt und diese Botschaften am besten noch in emotionale Geschichten einbettet.
Wie Sie Menschen von Ihrer Sache überzeugen
Beim "Überzeugen" geht es demgegenüber vor allem darum, die Hirne der Menschen zu erreichen – auch wenn wir wissen, dass unsere Gehirne in weit höherem Maße von Gefühlen, Vorurteilen und Bewertungsirrtümern gelenkt werden als es sich die Anhänger von Rationalität und Logik lange eingestehen wollten.
Dennoch braucht es gerade in Organisationen, in denen kluge Menschen gemeinsam Erfolge erzielen, diese sachlich-intellektuelle Ebene, auf der ein Führungsanspruch erhoben und eingelöst wird. Wer nicht begründen kann, warum sie diese Lösung vorschlägt oder er diesen Weg einschlägt, muss Macht- und Druckmittel benutzen, damit die Kollegen mitziehen. Mit Macht- und Druckmitteln aber erzielt man bestenfalls murrende "Compliance". Indem frau überzeugt, gewinnt sie das "Commitment" ihrer Follower.
In der Welt des "Überzeugens" geht es darum, geschickt und durchaus einfühlsam zu argumentieren, Zweifeln zu begegnen, Einwände zu hören, Kritik ernst zu nehmen. Auch sollte man berücksichtigen, was andere wünschen und was sie bewegt. Dennoch ist das A & O, einen klaren Kurs zu fahren. Neuere Forschung hat gezeigt: Wer für seinen Vorschlag Gegenwind erfährt, erreicht mehr, wenn er am stärksten Argument festhält und dieses unermüdlich ausschmückt und erklärt. Wer ständig neue Argumente einbringt, läuft Gefahr, dass die schwachen Argumente die Kraft des starken Arguments schmälern.
Wie Sie Menschen zum Mitmachen bewegen
Die Welt des "Aktivierens" wiederum ist die Welt, die Führung in der Wirtschaft ausmacht. Denn wer nur Anhänger gewinnt, die gut und richtig finden, was man meint, sagt oder anregt, der taugt vielleicht zum Influencer in Social Media. Als Leader in Projekten oder Initiativen kommt jedoch nur infrage, wer diese Anhänger auch zum Mitmachen bewegt.
Auch hierbei spielt Kommunikation die entscheidende Rolle. Denn Mitmacher zu gewinnen, ist oft die Folge einer klugen kommunikativen Strategie. Hierbei hilft, die Menschen auf etwas Größeres einzuschwören als das, worum es vordergründig geht. Auf keinen Fall sollte man ihnen das Gefühl geben, sie würden vor den eigenen Karren gespannt.
"Die Menschen zu Komplizen machen", umschreibt diese Strategie treffend. Ihren Effekt steigert, wer seine Botschaften in Geschichten verpackt, die uralte Instinkte berühren. So kann man Mitmacher im übertragenen Sinne dafür begeistern, "die Prinzessin zu gewinnen" (also einen höchst erstrebenswerten Zustand aller durch die gemeinsame Handlung zu erzielen) oder "den Drachen zu töten" (eine große Gefahr für alle abzuwehren).
Führung ist damit gelingende Kommunikation, die Herz, Hirn und Bauch jener Menschen erreicht, die folgen sollen und in der Konsequenz auch folgen wollen. Weil das gar nicht so einfach ist, misslingt Führung so oft. Schade eigentlich, denn Führungskommunikation lässt sich in weiten Teilen gut trainieren.
Randolf Jessl ist freier Journalist und Inhaber der Kommunikations- und Leadershipberatung Auctority. Er unterstützt Menschen und Organisationen, die etwas bewegen und in Führung gehen wollen.