Ein ungeliebtes Stiefkind deutscher Personaler sind Arbeitgeberbewertungsportale. Obwohl bereits seit acht Jahren um Aufmerksamkeit buhlend, sind sie längst noch nicht in der breiten Masse angekommen. Ob sich das mit dem Markteintritt der weltweit größten Plattform, Glassdoor, ändern wird, bleibt abzuwarten. Denn die HR-Community empfängt Glassdoor nicht gerade mit Begeisterung. Schade eigentlich, schließlich bedeutet ein weiterer Anbieter in Deutschland doch endlich mal etwas Wettbewerb im bis dato Quasi-Monopolmarkt von Kununu.
Employer Branding könnten von Bewertungen profitieren
Und das wäre wirklich begrüßenswert, bieten diese Plattformen doch hervorragende Potenziale in Sachen Employer Branding. Wer das Ganze als "Arbeitgeber-Pranger" versteht, hat das Prinzip nicht verstanden. Schaut man nämlich den Durchschnitt aller Bewertungen an, so liegt der bei größer drei auf einer Skala von 0 bis 5. Ein durchaus guter Wert. Denn natürlich gibt es immer wieder Mitarbeiter, die eben nicht mit allem zufrieden sind. Und wie wahrscheinlich ist es, als Arbeitgeber volle fünf Sterne zu bekommen?
Personaler verkennen den Nutzen von Kununu und Glassdoor
Allerdings unterschätzen nach wie vor viele Personaler das Thema Digitalisierung, wie auch die letzten IAB-Berichte verdeutlichen. Die ganze Bandbreite an Maßnahmen, die das Internet in Sachen Personalbeschaffung bietet, wird demnach nur von einem Bruchteil (gemessen an der Gesamtheit deutscher Unternehmen) der Unternehmen genutzt. So ist selbst das Veröffentlichen von Stellenanzeigen auf der Website noch längst kein Standard. Und so ist es natürlich wenig verwunderlich, dass auch die Relevanz von Arbeitgeberbewertungsportalen noch nicht bei den Verantwortlichen angekommen ist.
Bewertungsportale kommen vor allem beim Googeln ins Spiel
Selbst wenn uns die ein oder andere Studie etwas anderes suggerieren will: Weder auf Personaler- noch auf Bewerber-Seite sind diese Portale im Bewusstsein verankert. Da Bewerber allerdings zunehmend direkt nach Stellenangeboten respektive Informationen über Arbeitgeber googeln, finden viele über die Suchergebnisse zu den Portalen, informieren sich dort oder geben gleich eine Bewertung ab.
Von Seiten der Unternehmen werden die Potenziale bis dato nur ansatzweise genutzt, wie eine kurze Stichprobe bei Kununu zeigt. So gibt es dort je Arbeitgeber im Schnitt vier Bewertungen. Selbst Großunternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern haben im Verhältnis nur wenige Bewertungen. Auch der Zuwachs dieser Bewertungen innerhalb eines Jahres hält sich stark in Grenzen. Allerdings: Auch wenn die Anzahl der Bewertungen oftmals verhältnismäßig gering ausfällt, sie werden sehr wohl wahrgenommen. Und mehr als 100.000 Aufrufe sind keine Seltenheit.
Unternehmen reagieren kaum auf Aussagen in Bewertungsportalen
Vor diesem Hintergrund ist das Engagement der dort aktiven Unternehmen eher ein Trauerspiel. Schließlich ist es nicht damit getan, um jeden Preis Bewertungen einzusammeln - egal ob positiv oder negativ. Entscheidend ist, die entsprechende Wertschätzung zu zeigen, "Danke" zu sagen und die Bewertungen zu kommentieren. Schließlich kann selbst der richtige Umgang mit einer (negativen) Bewertung, sprich eine Stellungnahme auf eine solche, positiv wirken. Die Bewerber merken: Da kümmert sich jemand, die Bewertung und der dahinter stehende Mensch werden ernst genommen.
Aber die Angst davor, dass nun auf einmal nicht mehr das Unternehmen, sondern der Bewerber oder Mitarbeiter die Informationshoheit hat, sitzt bei Personalern tief. Dabei bekommen sie hier sogar unentgeltlich Marktforschungsdaten, die ins Qualitätsmanagement einfließen können. Denn auch wenn Arbeitgeberbewertungsportale keine Mitarbeiterbefragung ersetzen, so sind sie dennoch ein Indikator für die aktuell herrschende (Miss)-Stimmung im Unternehmen.
Positiv verfälscht Bewertungen hätten Bumerang-Effekt
Ein anderes oft gehörtes Argument gegen den Nutzen von Bewertungsportalen: Solche Bewertungen seien ohnehin geschönt. Das wäre dann allerdings viel zu kurz gedacht. Denn zum einen müsste man in der Tat massiv fälschen, um einen (negativen) Gesamteindruck zu korrigieren. Zum anderen würde man mit unrealistisch positiven Bewertungen Bewerber anlocken, die dann, wenn sie mit der Realität konfrontiert werden, natürlich unzufrieden das Weite suchen. Und das natürlich schnell bei Kununu & Co. mitteilen.
Henner Knabenreich ist Geschäftsführer der Knabenreich Consult GmbH. Er berät Unternehmen bei der Optimierung ihres Arbeitgeberauftritts. Zudem ist er Initiator von www.personalblogger.net und betreibt selbst den Blog personalmarketing2null.de.
da hast du wohl recht. Allerdings geht es ja auch in diesem Falle weniger um die Qualität der Portale, sondern darum, dass diese entsprechend durch Arbeitgeber genutzt werden. Macht sich ein Mitarbeiter/Bewerber die Mühe, eine Bewertung abzugeben (ob gut oder schlecht, ist dabei erst einmal egal), so ist es ein Zeichen der Wertschätzung, auf diese einzugehen (klar, dass ein Unternehmen nur auf eine qualifizierte Bewertung eingehen kann und nicht auf eine, die ausschließlich auf der Vergabe von Sternen besteht). Im Zweifelsfall erzielt ein Unternehmen damit eine positivere Wahrnehmung als Unternehmen, die ihr Profil mit Hochglanzfotos und sonstigem schmücken, aber in keinster Weise auf die Bewertungen eingehen.
Alle Welt (zumindest aber ein kleiner HR-Mikrokosmos :-)) spricht über die Candidate Experience - auch das Agieren auf Arbeitgeberbewertungsportalen zahlt auf diese ein. Tja, und da ist eben noch ganz viel Luft nach oben. Ob das Portal nun Glassdoor oder kununu heißt :-)
An dieser Stelle verweise ich einfach noch mal auf meinen Artikel "Recruiting wird bei uns von Profis gemacht" (http://personalmarketing2null.de/2014/12/16/recruiting-wird-bei-uns-von-profis-gemacht-eine-bestandsaufnahme-von-arbeitgeber-bewertungen-im-internet/), hier findet der geneigte Leser noch mehr Gedanken zum Thema.
In diesem Sinne Ahoi und ein schönes Wochenende,
Henner
Der Nutzen dieser "Portale" insbesondere für die Auffindbarkeit und Employer Branding ist unbestritten, gerade für KMUs. Das merken wir selbst immer wieder mit unseren Kunden bei feelgood@work.
Also, dran bleiben :-)
Herzlichen Gruß, Henrik