Auf eine Stellenanzeige bewirbt sich in zehn Jahren kein einziger Mensch mehr, meint Trendforscher Sven Gábor Jánszky, der dem Thema sogar ein ganzes Buch widmet namens " Recruiting-Dilemma". Da scheint das Unternehmen Zappos dann ja Trendsetter zu sein. Denn Zappos hat die Stellenanzeige vollständig abgeschafft und setzen ausschließlich auf ein eigenes Social Network.
Die Stellenanzeige ist weiterhin nötig
Aber was so großspurig angekündigt wurde, war wohl eher ein Marketinggag. Schaut man nämlich genauer hin, so findet man sehr wohl noch Stelleninserate. Auch wenn uns viele einreden wollen, dass das Zeitalter des Post & Pray – also das Schalten einer Stellenanzeige und Warten auf die Bewerber – vorbei sei: ohne die Stellenanzeige geht es nicht. Sage ich, obwohl ich kein Trendforscher bin.
Schaut man sich die Personalmarketingbemühungen der Unternehmen an, so stellt man schnell fest, dass heute noch die gleichen Fehler gemacht werden wie vor zehn Jahren auch. Klar hat sich in puncto Bewerberansprache vieles zum Besseren gewendet, aber es ist immer noch ganz viel Luft nach oben.
Die Print-Stellenanzeige wird überleben
Vor dem Hintergrund überrascht es dann vielleicht auch nicht, dass laut einer aktuellen Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) das erfolgreichste Instrument in der Bewerberansprache die Print-Stellenanzeige ist. Und das im Zeitalter von Social Media. Denn Social Media im Personalmarketing ist weder Realität noch endgültig in den Unternehmen angekommen. Vom IAB werden dazu schon gar keine Daten mehr erhoben. Schlicht und einfach, weil diese im Promillebereich liegen.
Social Media im Recruiting: nicht weit verbreitet
Moment mal, werden Sie sich jetzt fragen – wie kann das sein – Print ist stärker als Online, Social Media hat keine Relevanz? Aber viele Studien sagen uns doch das Gegenteil!
Stimmt. Jedoch bilden diese nur einen Bruchteil der Realität ab. Denn auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Das, was wir als selbstverständlich oder als Hype wahrnehmen, findet nur in einem kleinen Mikrokosmos statt. Oder anders gesagt: Ist nur die Spitze des Eisbergs.
Mittelständische Unternehmen sind in der Überzahl - mit wenig Recruiting-Aktivitäten
Natürlich gibt es einige Unternehmen, die die Klaviatur der Online-Welt perfekt beherrschen. Aber werfen wir doch mal einen Blick auf die breite Masse: Aktuell haben wir laut Destatis in Deutschland zirka 3,7 Millionen Unternehmen. Nur 0,7 Prozent davon entfallen auf die Großunternehmen. 18,4 Prozent machen den Klein- und Mittelstand aus. In diesen und in den Kleinstunternehmen sind aber 60,3 Prozent aller Erwerbstätigen beschäftigt.
Dazu kommt, dass nur 57 Prozent aller Unternehmen eine eigene Website haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 1,6 Millionen diese nicht haben. Sie de facto also nicht existieren. Sie online also auch keine Stellen ausschreiben und damit für Jobsuchende via Google nicht auffindbar sind. Und selbst die Unternehmen, die über eine eigene Website verfügen, schreiben in vielen Fällen keine Stellen aus. Geschweige denn, dass sie sich als Arbeitgeber präsentieren.
Web-Kenntnisse sind seltener als gedacht
Gut passt dazu auch, dass nur fünf Prozent der Bundesbürger über gute Internetkenntnisse verfügen (und was glauben Sie, wie viele Personaler darunter sind?). Tatsächlich ist das Internet also nicht nur für viele Neuland, für viele findet es nicht einmal statt. Denn obwohl 79 Prozent der Bevölkerung das Internet nutzen, gibt es immer noch Bevölkerungsschichten, die nicht online sind.
Vor diesem Hintergrund ist es also kaum verwunderlich, wenn für ein Großteil der Unternehmen Print die erste Wahl ist. Für viele mag auch der Spruch gelten "Das haben wir immer schon so gemacht". Wenn man aber eben nur auf ein einziges Medium setzt ist klar, dass man hier auch die größten Erfolge erzielt.
Print kann bleiben - muss aber mit Online einhergehen
Dass das grob fahrlässig ist, liegt auf der Hand. Denn auf diese Weise existieren diese Unternehmen gar nicht für einen Großteil potenzieller Bewerber. Übrigens handelt genauso fahrlässig, wer auf Print gänzlich verzichtet. Denn – das zeigen verschiedene Studien – Print ist nach wie vor sehr beliebt bei Bewerbern. Ein ausgewogener und auf die Zielgruppe zugeschnittener Mix ist also das richtige Mittel der Wahl. Und das auch in zehn Jahren. Wetten, dass?
Henner Knabenreich ist Geschäftsführer der Knabenreich Consult GmbH. Er berät Unternehmen bei der Optimierung ihres Arbeitgeberauftritts. Zudem ist er Initiator von www.personalblogger.net und betreibt selbst den Blog personalmarketing2null.de.