Der Psychotrick "Power Posing"


Power Posing

Strahlen Sie Dank Ihrer Körpersprache Macht aus und Sie werden mächtig. So könnte man den Einsatz und das Ziel von "Power Posing" zusammenfassen. Was einfach klingt, lässt sich aber auch einfach widerlegen. Wirtschaftspsychologe Uwe P. Kanning nimmt in seiner Kolumne den Psychotrick "Power Posing" auf Basis von Studienergebnissen auseinander.

Sie sind auf der Suche nach einem einfachen Psychotrick, mit dem Sie in wenigen Sekunden zu mehr Kraft, Einfluss und Erfolg gelangen können? Sie wollen in jedem Einstellungsinterview als A-Kandidat brillieren? Sie wollen ein testosterongesteuertes Alpha-Männchen werden?

Prima, Ihnen kann geholfen werden. Der Name der Lösung klingt mindestens ebenso eindrucksvoll, wie die Effekte, die mit ihrem Einsatz erzielt werden sollen. "Power Posing" heißt das Zauberwort. Aber der Reihe nach.

Der Psychotrick "Power Posing"

Vor etwa zehn Jahren erregte eine wissenschaftliche Publikation viel Aufmerksamkeit, die insbesondere bei Leuten, die beständig auf der Suche nach dem nächsten Psychotrick sind, begierig aufgenommen wurde. Die Daten von zwei amerikanischen Forschern deuteten darauf hin, dass wir durch eine bewusste Körperhaltung Einfluss auf unsere Gefühle, unser Verhalten, ja sogar auf die Ausschüttung von Botenstoffen im Körper nehmen können. Der Psycho-Trick des Power Posing ward geboren.

Bewusste Körperhaltung 

Power Posing bedeutet, dass ein Mensch absichtlich eine Körperhaltung einnimmt, die nach herkömmlichen Deutungsmustern als Ausdruck von Macht und Stärke interpretiert wird. Hierzu stellt man sich beispielsweise aufrecht hin, zieht die Schultern nach hinten, hebt das Kinn an und stemmt vielleicht auch noch die Hände in die Hüften. In einer anderen Variante könnte man auf einem Stuhl sitzen und die Hände im Nacken verschränken. Folgen wir den Ergebnissen der ursprünglichen Studien, so sollte eine solche Körperhaltung bei den Untersuchungsteilnehmern dazu führen, dass sie sich positiver und machtvoller fühlen, risikobereiteres Verhalten an den Tag legen und erhöhte Ausschüttungen von Testosteron aufweisen.

Metastudie zu "Power Posing"

Nachfolgende Studien konnten die Ergebnisse nicht replizieren, fanden bisweilen aber auch Befunde, die in eine ähnliche Richtung gingen. Im Jahr 2020 wurde eine Metastudie vorgelegt, die Ordnung in die insgesamt widersprüchlichen Ergebnisse brachte:

  • Demzufolge lassen sich positive Effekte in Bezug auf das Erleben der Untersuchungsteilnehmer finden, allerdings ist die Effektstärke mit gerade einmal 4,8 Prozent weit entfernt von einem wirklich effektiven Power-Tool.
  • Bezogen auf das Verhalten der Untersuchungsteilnehmer fallen die Effekte mit 3,0 Prozent noch geringer aus.
  • Im Hinblick auf die Ausschüttung von Testosteron und Cortisol lässt sich überhaupt kein Effekt nachweisen.

Positive Effekte gleich Null

Das Beste kommt zum Schluss: All diese Effekt sind nicht die Folge des Power Posings, sondern ergeben sich aus der methodischen Gestaltung der Experimente. Untersucht werden meist zwei Gruppen – eine Gruppe, die eine kraftvolle Körperhaltung einnimmt und eine zweite Gruppe, die genau das Gegenteil macht. In der zweiten Gruppe nehmen die Untersuchungsteilnehmer also eine betont "schwache" Körperhaltung ein. Sie entspannen ihre Muskeln, lassen die Schultern hängen, schauen auf den Boden etc. Vergleicht man nun beide Gruppen miteinander, so ergeben sich die skizzierten Effekte. Nimmt man jedoch eine dritte Untersuchungsgruppe (Kontrollgruppe) hinzu, bei der die Teilnehmer eine neutrale Körperhaltung einnehmen – sich also nicht absichtlich kraftvoll oder kraftlos positionieren – so verschwinden die vermeintlichen Effekte des Power Posings komplett. Es ist also nicht so, dass Power Posing (im Vergleich zur neutralen Haltung) positive Effekte nach sich zieht. Vielmehr geht eine negative Körperhaltung (im Vergleich zur neutralen Haltung) mit negativen Effekten einher.

Es ist daher sinnlos, Klienten im Coaching Power Posing beizubringen, aber es kann für den Coach natürlich durchaus lukrativ sein, eine gegenteilige Illusion zu vermarkten.


Der Kolumnist  Prof. Dr. phil. habil. Uwe P. Kanning ist seit 2009 Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Seine Schwerpunkte in Forschung und Praxis: Personaldiagnostik, Evaluation, Soziale Kompetenzen und Personalentwicklung.

Schauen Sie auch einmal in den  Youtube-Kanal "15 Minuten Wirtschaftspsychologie" hinein. Dort erläutert Uwe P. Kanning zum Beispiel zusammenfassend, wie Sie gute von schlechten Testverfahren unterscheiden warum Manager scheitern, wie ein Akzent die Bewertung von Bewerbern beeinflusst oder wie "smart" gesetzte Ziele für eine Leistungssteigerung sein müssen.

Schlagworte zum Thema:  Personalentwicklung, Coaching, Personalarbeit