China ist in vielerlei Hinsicht anders als die bisherigen Expansionsmärkte deutscher Firmen. Was in Europa oder Amerika funktioniert, funktioniert nicht notwendigerweise auch in China. Durch die industriepolitischen Vorgaben in China müssen viele internationale Firmen mit chinesischen Partnern in Joint Ventures kooperieren.
Personalarbeit in Joint Ventures
Der Einfluss der internationalen Partner auf die Personalarbeit in den Joint Ventures hängt stark von der Frage ab, welcher der beiden Partner für die Besetzung der Personalleiterfunktion verantwortlich ist. Um trotz unterschiedlicher chinesischer Partner als deutsche Firma in China eine gewisse Konsistenz der Personalpolitik sicherzustellen, ist es empfehlenswert, dem Thema „Joint Venture HR Support“ sowohl Aufmerksamkeit als auch gegebenenfalls entsprechende Kapazität zu widmen.
Auf interne Fairness achten
So ist zum Beispiel eine durchgängige Performance- und Potenzialbeurteilung oder eine durchgängige Stellenbewertung in den unterschiedlichen Unternehmenseinheiten in China von großem Vorteil, um interne Fairness zu gewährleisten, Mitarbeiterentwicklung zwischen den Firmen der eigenen Gruppe zu ermöglichen und Kooperationen zwischen den verschiedenen Businesseinheiten zu ermöglichen. Dies kann allerdings bei Joint Ventures nur in Abstimmung mit den chinesischen Partnern erfolgen. Meist haben die deutschen Firmen gegenüber ihren chinesischen Partnern die größere internationale Erfahrung, was bei einem respektvollen Einbringen dieses Erfahrungsvorsprungs in die Verhandlungen durchaus auf Akzeptanz stoßen kann. Oberlehrerhaftes Auftreten deutscher Manager führt hier – wie auch in allen anderen Verhandlungen mit chinesischen Geschäftspartnern – jedoch schnell zur Ablehnung.
Keine andere Funktion ist so stark von lokalen Spezifika geprägt wie die Personalfunktion. Daher ist es umso wichtiger, die lokalen Rahmenbedingungen zu kennen, um die richtigen Weichen für eine erfolgreiche Personalarbeit zu stellen.
Die P-Frage: Lokaler oder internationaler Personalleiter?
Aufgrund der erwähnten Abhängigkeit der Personalfunktion von lokalen Rahmenbedingungen besetzen internationale Firmen häufig die Personalleiterfunktionen im Ausland mit einer lokalen Führungskraft. Aber ist es auch in China ratsam, als deutsche Firma eine lokale Führungskraft zum obersten Personaler in China zu ernennen? In den meisten, auch internationalen, Firmen in China sind Englischkenntnisse bei den Mitarbeitern relativ gering ausgeprägt. Diese Tendenz wird sich voraussichtlich noch verstärken, da chinesische Mitarbeiter mit guten Englischkenntnissen auf dem Arbeitsmarkt heiß umworben werden und damit die Gehälter entsprechend hoch sind.
Englischkenntnisse sind Mangelware
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen daher auch internationale Firmen Abstriche bei den Englischkenntnissen der Mitarbeiter machen. Hinzu kommt, dass viele Chinesen auch trotz relativ guter Englischkenntnisse sich eher zurückhalten, wenn eine Konversation auf Englisch stattfindet. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für die Kommunikation mit Behörden und anderen Institutionen, mit denen Personalleiter in der Regel im Austausch sind.
Ein Personalleiter, der keine chinesischen Sprachkenntnisse hat, wird sich also stark auf seine zweite Führungsebene bei der Kommunikation an den eigenen Bereich und an das Gesamtunternehmen verlassen müssen. Alternative ist die Suche nach einem einheimischen Personalleiter.
Chinesische Mitarbeiter nach Deutschland entsenden
Andererseits verfolgen internationale Firmen häufig personalpolitische Ziele, die sie auch global umsetzen wollen. Hierzu ist die enge Anbindung der Personalleiter an die Unternehmenszentrale notwendig. Idealerweise sollten daher deutsche Firmen in China gezielt eine Nachwuchskraft aus China für ein paar Jahre nach Deutschland holen, um sie danach als Personalleiter in China zu positionieren.
Alternierende Lösungen in Erwägung ziehen
Bei den Verhandlungen um das Setup des Joint Ventures ist die Frage wichtig, wer welche Top-Funktion besetzt. Auch alternierende Lösungen sind möglich, zum Beispiel dass die eine Seite den CEO für eine bestimmte Anzahl von Jahren besetzt, und danach die andere Seite.
Vorsicht vor zu hoher Fluktuation
Bei der Personalleiterfunktion wird oft argumentiert, dass HR eine lokale Funktion ist und daher besser durch den chinesischen Partner besetzt wird. Dies ist auch so lange kein Problem, wie die chinesische Seite eine moderne, an internationalen und nationalen Best Practices ausgerichtete Personalarbeit betreibt. Häufig wird aber durch chinesische Partner das Management der Belegschaft unter einem sehr starken Fokus auf Kostenreduzierung geführt. Traditionell haben viele chinesische Personalmanager eine hohe Fluktuation eher in Kauf genommen, um Kostenziele zu erreichen. Je mehr die Funktionen in den Büros und in der Produktion jedoch anspruchsvoller werden, verlängern sich Einarbeitungszeiten. Damit schadet eine hohe Fluktuation der Performance und dem wirtschaftlichen Ergebnis. Sicher ist das chinesische HR-Management ebenso einem Wandel unterworfen und Fluktuation sowie die damit verbundene Mitarbeiterzufriedenheit gewinnt einen höheren Stellenwert. In den Verhandlungen mit den chinesischen Partnern gilt es also herauszufinden, welche Prioritäten diese bei den Partnern haben.
In den Verhandlungen auf Kernaussagen einigen
Sollte es für die deutsche Seite nicht möglich sein, die Personalleiterfunktion zu besetzen, empfiehlt es sich, in den Verhandlungen sich auf bestimmte Kernaussagen und auch Budgets zur Mitarbeiterentwicklung zu einigen, insbesondere im Produktionsbereich. Was zur Funktion des Personalleiters gesagt wurde, gilt selbstverständlich auch für alle anderen Funktionen, in denen Firmen mittelfristig Einheimische in den Leitungsrollen positionieren wollen.
Autor: Matthias Zeuch ist General Manager Human Resources Management bei Johnson Electric International. Zuvor leitete er die Beratungsfirma „HRM Next Limited“ in Hongkong.