Wie gut gehen Stellenanzeigen auf Hochschulabsolventen ein?
Unternehmen können Personal suchen, ohne sich Gedanken über die spezifischen Erwartungen ihrer Zielgruppe zu machen. Empfehlenswert ist dies jedoch nicht. Denn jede Zielgruppe hat klare Vorstellungen davon, was ihr bei einem Arbeitgeber wichtig ist.
Studie zu Stellenanzeigen für die Zielgruppe der Hochschulabsolventen
Unternehmen, die Hochschulabsolventinnen und -absolventen ansprechen wollen, sollten daher wissen, worauf diese Wert legen. Stellenanzeigen sind eine Möglichkeit, den Stellensuchenden zu signalisieren, was das Unternehmen für die angesprochene Zielgruppe bietet. Eine Analyse von Stellenanzeigen hat deshalb den Blick auf die kommunizierten Inhalte in Jobinseraten für Hochschulabsolventinnen und -absolventen gerichtet und ist der Frage nachgegangen, ob potenzielle Arbeitgeber in den Anzeigen das betonen, was die junge Arbeitnehmergeneration erwartet.
Die Erwartungen der Generation Z an Arbeitgeber
Die Generation Z ist inzwischen auf dem Arbeitsmarkt angekommen und stellt einen bedeutenden Teil des Arbeitskräftepotenzials: 2019 waren laut Statista 11,32 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 1996 und 2009 geboren. Ein Großteil der Personen, die aktuell die Hochschulen verlassen, kommt aus dieser Generation.
Dass sich die Generation Z ebenso wenig wie die Generationen zuvor über einen Kamm scheren lässt, ist offensichtlich. Bei der Typologie der Generation liegt der Fokus auf den generationstypischen Merkmalen, ohne dabei zu unterstellen, dass alle Zugehörige dieser Kohorte so sind. Nicht alle Personen der jungen Arbeitnehmergeneration sind Anhänger von "Fridays for Future" und nicht alle stufen – überzogen formuliert – den Ausfall des WLAN als lebensbedrohliche Situation ein. Dennoch gibt es Merkmale, die typischerweise dieser Generation zugeschrieben werden. Dies bedeutet, dass diese Eigenschaften in dieser Kohorte signifikant auftreten.
Welche Spezifika sind es bezogen auf die Arbeit? Nach einer Metaanalyse verschiedener Erhebungen, lassen sich Erwartungen auf den oberen Rangplätzen der Generation Z herausfiltern. Personen aus dieser Generation legen demnach im Arbeitsleben besonderen Wert auf (in alphabetischer Reihenfolge):
- ein angenehmes Arbeitsklima
- planbare und flexible Arbeitszeit
- (angemessenes) Einkommen
- Entwicklungsmöglichkeiten
- Feedback
- (betriebliche) Gesundheitsförderung
- Sicherheit des Arbeitsplatzes
- Sinn/Sinnstiftung/Sinnhaftigkeit (der Arbeit/des Unternehmenszwecks)
- Vereinbarkeit von Leben und Arbeit
- Zufriedenheit
In den einzelnen Erhebungen waren die zehn genannten Faktoren unterschiedlich priorisiert, auch zwischen Männern und Frauen sowie in verschiedenen Ausbildungszweigen ergaben sich Unterschiede bei den Präferenzen.
Stellenanzeigen der Dax-Unternehmen unter der Lupe
Werden die Stellenanzeigen der Unternehmen diesen Erwartungen gerecht? Gibt es dabei Unterschiede zwischen Großunternehmen und Unternehmen mit geringerer Mitarbeiterzahl? Diese beiden Fragen waren der Ausgangspunkt einer Stellenanzeigen-Analyse. Vom 3. bis 7. Mai 2021 wurden auf den Webseiten der 30 Dax-Unternehmen Stellen für Absolventinnen und Absolventen ausgewählt. Die Kriterien waren:
Studienfach/Tätigkeitsfeld | (Wirtschafts-)Informatik/ IT (Priorität 1) oder Betriebswirtschaftslehre/ Finance-Accounting (Priorität 2) |
Studienabschluss | Bachelor |
Anstellungsart | Direkteinstieg (Priorität 1) oder Trainee (Priorität 2)/ unbefristeter Vertrag/ Vollzeit |
Berufserfahrung | keine |
Arbeitsort | Deutschland |
Von den angezeigten Stellen wurde jeweils die erste selektiert, die diesen Kriterien entsprach. Bei 24 Dax-Unternehmen wurden passende Stellen gefunden, 16 für (Wirtschafts-)Informatikerinnen und Informatiker im IT-Bereich sowie acht für BWL-Absolventinnen und -Absolventen im Bereich Finance und Accounting. Von den 24 Stellen waren 18 für den Direkteinstieg und sechs für Trainees.
Wie aussagekräftig sind Stellenausschreibungen kleinerer Unternehmen?
Zum Vergleich mit den Großunternehmen wurden im gleichen Zeitraum auf Stepstone.de in zwei Suchläufen Anzeigen von Unternehmen mit bis zu 1.500 Beschäftigten herausgefiltert. Die Verteilung der Stellen war bezogen auf die Tätigkeitsfelder und Anstellungsart identisch mit der bei den Dax-Unternehmen. Die Mitarbeiterzahl der untersuchten Arbeitgeber lag zwischen 50 und 1.500 Beschäftigten.
Die Auswertung bezog sich ausschließlich auf die Stellenanzeigen. Weitere Informationen, beispielsweise auf der Homepage, flossen nicht mit ein. Bei der Auswertung wurde ermittelt, welche der oben genannten zehn Erwartungen der jungen Arbeitnehmergeneration in den Stellenanzeigen angesprochen werden. Ferner lag das Augenmerk auf Auffälligkeiten zwischen Dax-Unternehmen und den Unternehmen mit weniger als 1.500 Mitarbeitenden (U1500).
In der Auswertung wurden Synonyme bei den Erwartungen berücksichtigt. Die Begriffe "Work Life Balance" oder "Vereinbarkeit von Familie und Arbeit" waren beispielsweise der Erwartung "Vereinbarkeit von Leben und Arbeit" gleichgesetzt.
Sinn und Zufriedenheit werden in Stellenanzeigen kaum thematisiert
Von den zehn Erwartungen der Generation Z an Arbeitgeber sprechen die Dax-Unternehmen und die U1500 am häufigsten die flexiblen Arbeitszeiten, das Einkommen und die Entwicklungsmöglichkeiten an. Alle anderen Erwartungen werden in den Stellenanzeigen der U1500 relativ selten thematisiert. Die Faktoren Gesundheitsförderung, Sinn und Zufriedenheit waren sogar in keiner der 24 U1500-Anzeigen zu finden.
Dabei fällt insbesondere bei der Gesundheitsförderung die Diskrepanz zu den Dax-Unternehmen auf: Immerhin neun Dax-Unternehmen erwähnen diese in ihren Inseraten. Die Faktoren Sinn und Zufriedenheit kommen auch bei den Dax-Unternehmen selten in den Stellenanzeigen zur Sprache. Das von der Generation Z gewünschte Feedback ist bei beiden Unternehmenstypen nur je einmal genannt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird in sieben Anzeigen der Dax-Unternehmen erwähnt, aber nur in drei Anzeigen der U1500.
Erwartungen | U1500 | Dax |
Arbeitsklima | 2 | 4 |
Flexible Arbeitszeit | 13 | 13 |
Einkommen | 15 | 11 |
Entwicklungsmöglichkeit | 9 | 14 |
Feedback | 1 | 1 |
Gesundheitsförderung | 0 | 9 |
sicherer Arbeitsplatz | 4 | 1 |
Sinn | 0 | 3 |
Vereinbarkeit von Leben und Arbeit | 3 | 7 |
Zufriedenheit | 0 | 2 |
Kleinere Betriebe gehen weniger auf Wünsche der Zielgruppe ein
In der Gesamtbetrachtung dieser nicht-repräsentativen Analyse der Stellenanzeigen ist festzustellen:
- Die U1500 sprechen in ihren Stellenanzeigen weniger die Erwartungen der Generation Z an als die Dax-Unternehmen. In den 24 Stellenanzeigen der U1500 wurde 47 Mal die Erwartungen der Generation Z angesprochen, in den 24 Stellenanzeigen der Dax-Unternehmen 65 Mal.
- In zehn Stellenanzeigen der U1500 wurde nur eine der Erwartungen der Generation Z angesprochen, bei den Dax-Unternehmen kam dies drei Mal vor. Das bedeutet, dass diese Stellenanzeigen im Gesamtbild nur wenig von dem offerieren, was die junge Arbeitnehmergeneration erwartet. Dem stehen die Stellenanzeigen gegenüber, die sehr viele Erwartungen der Generation Z berücksichtigen. Im Dax-Bereich lag der Spitzenwert bei sieben Treffern, bei den U1500 gab es maximal fünf angesprochene Erwartungen.
- Sowohl bei den Dax-Unternehmen als auch bei den U1500 spielen Feedback, Sinn und Zufriedenheit nahezu keine Rolle in den Texten der Stellenanzeigen.
Vorhandene Leistungen fehlen in Stellenanzeigen oft
Insbesondere die geringe Trefferzahl beim Feedback kann als Indiz dafür gewertet werden, dass die in den Stellenanzeigen genannten Faktoren nur bedingt die gelebte Realität in den Unternehmen widerspiegeln. Viele der Dax-Unternehmen haben klassische Feedback-Instrumente wie Mitarbeitergespräche, aber auch Instrumente einer modernen Feedbackkultur. Aber lediglich in einer der 24 Stellenanzeigen wird das Thema Feedback explizit genannt. Soll die junge Arbeitnehmergeneration mit dem Stelleninserat für das Unternehmen begeistert werden, ist es empfehlenswert, einen solchen Punkt zu thematisieren.
Die gleiche Vermutung greift bei den Null-Treffern in puncto Gesundheitsförderung bei den U1500. Da Gesundheitsförderung aufgrund der Vielfalt an möglichen Maßnahmen mit keinen großen Einstiegshürden verbunden ist, wird vermutet, dass in den Unternehmen mehr vorhanden ist als in den Stellenanzeigen mitgeteilt wird.
Zusammengefasst heißt das, dass es bei beiden Unternehmenskategorien – Dax wie U1500 – Luft nach oben gibt, was die Inhalte ihrer Stellenanzeigen betrifft. Bei den kleineren Firmen ist der Optimierungsbedarf noch deutlich ausgeprägter als bei den Dax-Unternehmen. Wollen die Unternehmen Hochschulabsolventinnen und -absolventen für sich gewinnen, so sollten sie deren Erwartungen kennen, berücksichtigen und dann auch in den Stellenanzeigen zum Ausdruck bringen. Das gilt erst recht, wenn bereits vorhandene Personalinstrumente dem entsprechen, was erwartet wird.
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