Dass darauf noch niemand früher gekommen ist: Die Unterschiede zwischen einer Partnerbörse und einer Stellenbörse sind vernachlässigbar gering. Topf sucht Deckel. Mit dieser naheliegenden Erweiterung des Geschäftsmodells von Singles auf Jobs ist die amerikanische Partnerbörse E-Harmony nun auf dem weltweiten Arbeitsmarkt aktiv. Wenn von bisher weit über einer halben Million angebahnten Eheschließungen nur knapp vier Prozent wieder geschieden wurden, wird der digitale Suche-Finde-Algorithmus von „Elevated Careers“ bestimmt auch im professionellen Bereich funktionieren: „E-Harmony wants to match you with the perfect boss“. Von einem erstklassigen Vorgesetzten träumt jedes Talent.
"Matching" entspricht der Partner-Such-Logik
Die Psycho-Logik solcher Börsen ist ziemlich simpel. Ein Arbeitgeber weist ein Profil aus. Ein Bewerber besitzt ebenfalls gewisse Eigenschaften. Legt man beides übereinander erkennt man bei diesem „Matching“ den „Fit“. Je gleicher, je besser. Im Grunde, so meint der E-Harmony-Chef Neil Warren, seien Erwartungen im Arbeits- und im Liebesleben ohnehin weitgehend gleich. Beidseits würden vor allem Anpassungsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit zählen. Ob wie bei der Partnerbörse im Arbeitsleben das Aussehen eine Rolle spielt, lies Warren im Interview der Washington Post mit vielsagendem Lächeln offen.
Wie funktioniert nun die Stellenbörse im Detail? Ein Fragebogen mit annähernd 200 Items vergleicht Kandidat und Jobofferte in vier Dimensionen: kultureller Status der Firma, Aufgabenprofil der Stelle, Persönlichkeitseigenschaften des direkten Vorgesetzten sowie Charakteristika von engen Arbeitskollegen.
Erstes Date beim Arbeitgeber
Wenn nun die Papierform große Übereinstimmung aufweist, kommt es zum persönlichen Treffen. Die Frage „bei mir, bei dir oder doch besser an einem neutralen Ort?“ erübrigt sich. Es gilt als eisernes Gesetz der Stellenbörse, dass der Arbeitgeber einlädt.
Diese Talent-Management-Kolumne möchte nicht schließen ohne vor den – laut investigativer Internet-Recherche – fünf übelsten Sätzen beim ersten Date zu warnen: Am schlechtesten kommt „Ich verrate nicht wie ich bin, das musst du schon selbst herausfinden“ (53 Prozent). Unmittelbar danach „Ich bin nichts Besonderes“ (50 Prozent). Platz Nummer drei belegt ein allzu lässiges „Carpe Diem“ (33 Prozent). Beim Singletreffen gelten werbliche Worthülsen wie „Für mich ist das Glas nicht halbleer“ (27 Prozent) und „Ich bin treu, ehrlich und zuverlässig“ (24 Prozent) ebenfalls als problematisch. Und selbst bei der Stellenbörse zählt am Ende des Tages nichts anderes als Authentizität.
Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.