Digitalisierung ohne Chef
Die Digitalisierung ist da - doch ein Verantwortlicher im Unternehmen, der das Thema steuert und vorantreibt, fehlt. In den meisten Unternehmen gibt es keine Führungskraft für die digitale Transformation, nur elf Prozent der Firmen haben einen Chief Digital Officer (CDO). Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Kienbaum. Die große Mehrheit der Unternehmen wird daran auch erst einmal nichts ändern: Lediglich sieben Prozent der von Kienbaum befragten Firmen planen, in den kommenden zwölf Monaten eine solche Position neu einzurichten.
Digitalisierung meist dezentral organisiert
Viele Unternehmen ohne sogenannten "Transformer in Chief" gehen das Thema Digitalisierung bislang dezentral an: 48 Prozent haben die Verantwortung keiner speziellen Abteilung zugeordnet. Wenn das Thema doch in der Verantwortung eines bestimmten Bereichs liegt, ist in der Regel die IT gefragt: 35 Prozent der von Kienbaum befragten Firmen siedeln dort die Zuständigkeit für die Digitalisierung an.
Doch mit einer dezentralen Organisation der digitalen Transformation würden Unternehmen der Bedeutung des Themas keinesfalls gerecht, warnt Fabian Kienbaum, geschäftsführender Gesellschafter von Kienbaum. Er rät zum Aufbau einer so genannten "Digital Unit", also einer separaten Einheit neben der Organisationsstruktur des Unternehmens, die Digital-Projekte entwickelt und vorantreibt und so als Innovationsabteilung agiert.
Verantwortliche für Digitalisierung auf Führungsebene
In denjenigen Unternehmen, die bereits die Position eines Digital-Verantwortlichen geschaffen haben, ist diese mehrheitlich auf der Führungsebene angesiedelt: 56 Prozent der Verantwortlichen für Digitalisierung sind Führungskraft, ein Drittel ist Spezialist oder Experte und elf Prozent Geschäftsführer oder Vorstand. Der typische Digital-Chef arbeitet erst seit knapp drei Jahren in dieser Position, hat einen Hochschulabschluss und verantwortet in der Regel den Digitalisierungsprozess für ein Land, in dem sein Unternehmen tätig ist.
Neue Aufgaben von HR in der digitalen Transformation
Vom HR-Bereich ist der Chief Digital Officer meist getrennt, in der Regel ist er direkt dem Vorstand oder der Geschäftsführung unterstellt. HR kann bei der digitalen Transformation zwei Rollen übernehmen, erklärt Dr. Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Kienbaum Management Consultants. Erste Priorität habe die Unterstützung der Unternehmensentwicklung, denn der Chief Digital Officer brauche insbesondere im integrierten Transformationsansatz Change-Management-Unterstützung. Die zweite Rolle sollte ein eigenes Digitalprojekt des Personalbereichs sein – als Innovationseinheit für HR-Big-Data-Anwendungen, Technologieradar und die neue HR-Mobile-Produktwelt.
Unterstützung durch HR in den Kernaufgaben
Weiter müsse, so Mathias Weigert, Change- und Organisationsexperte bei Kienbaum, HR die Digitalisierung des Unternehmens in unterschiedlichen Kernaufgaben unterstützen. Dazu gehören die Ausgestaltung des digitalen Geschäftsmodells, beispielweise durch das Ableiten der Rollen und Verantwortlichkeiten, das Beschreiben des Mengengerüsts, das Ableiten relevanter Funktionsprofile entlang der definierten Kompetenzen sowie die Auswahl und Besetzung der Profile, insbesondere das des Chief Digital Officers, des Head of Technology und Head of Marketing durch die Nutzung neuer Methoden wie etwa Active Sourcing.
Entwicklung eines "Digital Mindset" im Unternehmen
„Ein weiterer Aufgabenkomplex von HR,“ erklärt Weigert, „sind Change Leadership und Transformationsbegleitung zwischen Bestandsorganisation und Digital Unit (Stichwort Two Speed Transformation) sowie das kontinuierliche Ausrichten und Schulen aller Mitarbeiter mit Fokus auf deren Digital Mindset; das gilt insbesondere für Führungskräfte in Bezug auf Digital Leadership. Und last but noch least steht auf der Agenda von HR im Zuge der digitalen Transformation das Schaffen von kreativen Laborräumen (Labs) zum permanenten Testen neuer Arbeitswelten und das Digitalisieren der eigenen HR-Produkte und -Prozesse."
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