Humor am Arbeitsplatz: Wenn der Witz nach hinten losgeht
Wer erfolgreich Witze erzählen kann, kann seinen Status verbessern – sowohl in bereits existierenden als auch in neuen Beziehungen mit Kollegen und Vorgesetzten. Das ist das Kernergebnis einer Studie, die Wissenschaftler der US-Business School Wharton an der University of Pennsylvania durchgeführt haben.
Sie stützen ihre Erkenntnisse auf acht Experimente, in denen sie die Studienteilnehmer mit Situationen konfrontierten, in denen ihr Gegenüber entweder einen ernsten Kommentar äußerte oder einen Witz zum Besten gab. Nach eigenen Angaben sind die Autoren damit die ersten, die experimentell nachweisen konnten, wie Humor sich auf den Status von Menschen auswirkt.
Schlechte Witze, schlechtes Standing
Warum humorvolle Menschen ihren Status verbessern können, erklären die Wissenschaftler so: Wenn jemand erfolgreich Gags zündet, wirkt er kompetent und selbstsicher. So verbessere sich sein Status.
Wer nun aber denkt, künftig in jedem Meeting oder Personalgespräch auf Witze am laufenden Band setzen zu müssen, sollte wissen, dass der Humoreinsatz am Arbeitsplatz auch ein Risiko mit sich bringt: Zieht der Versuch, humorvoll zu sein, nicht, weil der Witzbold etwa unangebrachte Scherze macht, kann sich das negativ auf sein Standing auswirken.
Auch Zotenerzähler und Klassenclowns wirken selbstsicher
Die Wissenschaftler machten eine weitere interessante Beobachtung: Wer selbstsicher wirken will, muss kein großes humoristisches Talent beweisen. Denn Witzeerzähler werden auch dann als selbstsicher wahrgenommen, wenn ihre Witze zotig sind oder sie permanent den Klassenclown geben.
Doch obwohl Selbstsicherheit sonst meist zu einer Statusverbesserung beiträgt, wird das Erzählen unangebrachter Witze offenbar als Zeichen von Inkompetenz gewertet. Die Kombination von großer Selbstsicherheit und wenig Kompetenz verschlechtert wiederum den Status.
Wie Humor die Hierarchieentwicklung beeinflusst
Trotz dieses Risikos plädieren die Studienautoren für mehr Humor am Arbeitsplatz. "Humor spielt in unserem täglichen Leben eine wichtige Rolle – trotzdem hat die Organisationsforschung das Thema bisher größtenteils vernachlässigt", sagt Co-Studienautor Brad Bitterly, Doktorand in Wharton, in einem Interview mit Knowledge@Wharton, einem Online-Portal der Business School. Die Studienautoren zeigen sich überzeugt, dass Humor eine grundlegende Rolle dabei spielt, wie wir andere wahrnehmen und wie Hierarchien in Gruppen entstehen.
Wie Humor die hierarchische Entwicklung in einer Organisation in der Praxis beeinflussen kann, belegen die Studienautoren anhand eines Beispiels: Als Dick Costolo als Chief Operating Officer (COO) beim Kurznachrichtendienst Twitter startete, setzte er – ganz im Stil seines neuen Arbeitgebers – einen Tweet ab. "Morgen ist mein erster Tag als COO bei Twitter. Erster Schritt: den CEO unterminieren und Macht sichern", twitterte Costolo damals sowohl selbstsicher als auch humorvoll. "Ein Jahr, nachdem er den Tweet abgesetzt hatte, wurde Costolo tatsächlich der CEO von Twitter", sagt Studienautor Bitterly.
Humorvoll sein lernen – geht das?
Was aber tun, wenn man große Karrierepläne, aber keinen Sinn für Humor hat? Die Studienautoren sehen zwei Ansatzpunkte. Zum einen könne eine Weiterbildung helfen. "Da Humor wirklich eine wichtige Fähigkeit im alltäglichen Leben und eine wirklich wichtige Führungsqualität ist, könnte es den Leuten helfen sich weiterzubilden", sagt Co-Autor Bitterly. Sie könnten beispielsweise Improvisationskurse machen, in denen Führungskräfte sich mit dem Witzeerzählen vertraut machen und das dafür nötige Selbstvertrauen entwickeln.
Zum anderen sollte Humor nach Ansicht der Studienautoren auch bei der Führungskräfteauswahl – also im Recruiting und bei Beförderungen – eine größere Rolle spielen. "Wenn wir einen Kandidaten screenen, sollten wir darauf achten, dass demjenigen Humor wenigstens nicht ganz fremd ist", sagt Wharton-Professor und Co-Studienautor Maurice Schweitzer. "Wir wollen keine Klassenclowns, aber für jemanden, dem es leicht fällt humorvoll zu sein, kann das wirklich ein strategischer Vorteil sein", so Schweitzer.
Humor bei Führungskräften: sozial muss er sein
Dass gerade Führungskräfte davon profitieren können, wenn sie mit ihren Mitarbeiter humorvoll umgehen, bestätigt auch eine Studie der Universität Mannheim aus dem Jahr 2015. Die Forscher stellten darin fest, dass humorvolle Führungskräfte bessere Beziehungen zu ihren Mitarbeitern aufbauen.
Auch hier warnen die Wissenschaftler jedoch vor unanständigem Humor: Zotige, derbe, sexistische Witze zu reißen oder Mitarbeiter zum Amüsement des Teams vorzuführen – also aggressiven Humor einzusetzen – sollte tabu sein. Erfolgreich als humorvolle Führungskraft ist demnach, wer die Kunst dessen beherrscht, was die Forscher als "sozialen Humor" bezeichnen: Dieser drückt sich bei Führungskräften etwa aus, wenn sie mit ihren Mitarbeitern freundschaftlich zu scherzen, um sie zu erheitern.
Louis-Vuitton-Taschen sind teuer – Witze kostenlos
Laut der aktuellen Studie können humorvolle Führungskräfte also nicht nur ihre Beziehung mit ihren Teammitgliedern verbessern, sondern auch ihren eigenen Status. Abschließend verweisen die Wharton-Autoren noch auf einen weiteren Vorteil des Führungsinstruments Humor: "Ein Witz ist kostenlos – im Gegensatz zu Statussymbolen wie einer Louis-Vuitton-Tasche, die extrem teuer ist", lautet das Fazit von Studienautor Bitterly. "Wenn den Leuten die Macht von Humor klar wird, kann das sehr effektiv sein."
Tipps zum Weiterlesen:
- Die komplette Studie "Risky Business: When Humor Increases and Decreases Status" finden Sie hier.
- Ein Video (in englischer Sprache), in dem die Studienautoren die Ergebnisse kommentieren, können Sie sich hier ansehen.
- Führung: Bitte recht humorvoll
- Stressmanagement: Stress steckt an – Humor hilft
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