Weiterbildungsplattform "Mein NOW" bleibt hinter Erwartungen zurück


Mein NOW: Weiterbildungsplattform kann nicht mithalten

Wer erinnert sich noch an das ehrgeizige Projekt einer nationalen Weiterbildungsplattform, das aus der nationalen Weiterbildungsstrategie 2021 hervorging? Seit Anfang 2024 steht die Plattform unter dem Namen "Mein NOW" der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Nach der Erprobung bleibt bei Kolumnistin Gudrun Porath vor allem eines zurück: Skepsis.

Eigentlich soll erst im Mai 2025 Bilanz gezogen werden, wenn das Projekt ausläuft. Aber da die nationale Online-Plattform für berufliche Weiterbildung, heute kurz "Mein NOW" genannt, seit Anfang des Jahres für die Öffentlichkeit zugänglich ist und immer mehr Funktionen erhält, kann man schon mal einen Blick darauf werfen und die Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen mit den eigenen vergleichen.

Da sucht eine junge Redakteurin (nicht ich) eine Weiterbildung und bekommt ein Seniorenstudium empfohlen. Da suche ich eine Online-Weiterbildung zum Thema Künstliche Intelligenz und finde sie nicht, weil die Plattform nur geförderte Vollzeit-Präsenz-Weiterbildungen auflistet. Das sind Momentaufnahmen, die man nicht überbewerten sollte, die aber die vorherrschende Skepsis schnell bestätigen. Das schreibe ich schnell runter, denke ich, als die Idee aufkommt, die Erfahrungen in einer Kolumne zu verarbeiten, und komme dann doch ins Grübeln. Also zurück zum Anfang.

"Mein NOW": nationale Plattform für berufliche Weiterbildung

Im Rahmen eines ambitionierten Projekts wurde die Plattform ins Leben gerufen, um als Teil einer nationalen Bildungsinitiative berufliche Weiterbildung in Deutschland zu fördern. Mit bis zu 630 Millionen Euro vom Staat sollte eine Meta-Plattform geschaffen werden, die digital gestütztes lebenslanges Lernen für alle Altersgruppen und Bildungsniveaus ermöglicht und auch KMUs einbezieht, ihnen etwa Tools für die Planung der internen Weiterbildung zur Verfügung stellt. Ziel des Portals sei es, so ist auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu lesen, "ein zentrales und niedrigschwelliges Online-Eingangsportal zum Thema berufliche Weiterbildung anzubieten." "Mein NOW" soll damit Orientierung bieten und das komplexe System der beruflichen Weiterbildung für die Zielgruppen digital an einem Ort zugänglich machen.

Die Plattform ermöglicht es privaten Nutzern, ohne vorherige Registrierung erste Schritte zu unternehmen: Man kann über den Button "Weiterbildung suchen" gezielt nach Weiterbildungsangeboten suchen. Dabei lässt sich nach Regionen, Themen und Berufsfelder filtern. Wer noch gar nicht weiß, was er hier soll, klickt auf "Einstieg finden" und findet Vorschläge, welche Fragen man beantwortet haben möchte. So kommt man zum Beispiel zur "New Plan"-Seite der Bundesagentur für Arbeit.

Auch Eignungs- und Kompetenztests stehen zur Verfügung, für die man sich zum Teil allerdings unter Angabe von Namen, Geburtsdatum, höchstem Bildungsabschluss, Berufsabschluss und Angabe der Postleitzahl anmelden muss. Wer auf geförderte Angebote zugreifen oder personalisierte Beratungen und Zertifikate nutzen möchte, muss sich über die Bundesagentur für Arbeit, die auch das Copyright über die Seite hält, registrieren. Unternehmen, an die sich die Plattform ebenfalls richtet, finden Tools zur Planung der internen Weiterbildung.

Schwächen in Design und Nutzerfreundlichkeit

Auch wenn der Zugang zu den Grundfunktionen einfach ist, bleibt das Design der Plattform hinter modernen Erwartungen zurück. Im Vergleich zu etablierten Plattformen wie Udemy, Linkedin Learning oder Coursera mit ihren multimedialen und interaktiven Inhalten wirkt "Mein NOW" veraltet. Technisch braucht es viel zu viele Klicks, um weiterzukommen. Auf der Angebotsseite gibt es oft nur Präsenzkurse, gerne auch Vollzeitkurse, die in den Bereich der geförderten Weiterbildung fallen. Einige Anbieter tauchen recht häufig auf, ebenso Berufsbezeichnungen wie "KI-Manager" mit wechselnden Schwerpunkten. Als Voraussetzungen werden, nebenbei bemerkt, Deutsch in Wort und Schrift und ein Vorbereitungsgespräch genannt.

Wege, um Intuitiv und flexibel an Informationen zu kommen, die anders aussehen als trockene Kursbeschreibungen in gedruckten Katalogen, kann die Plattform nicht bieten. Auch die Möglichkeit, ohne große Hürden durch die Kurse zu stöbern, fehlt, da wichtige Funktionen an die staatliche Registrierung gekoppelt sind. Auch optisch wirkt die Plattform statisch, während andere Anbieter eine lebendigere und dynamischere Lernumgebung schaffen.

"Mein NOW" bleibt hinter Konkurrenzangeboten zurück

Einer der zentralen Unterschiede zu kommerziellen Plattformen privater Anbieter ist das Fehlen persontalisierter Lernempfehlungen. Während kommerzielle Anbieter hoc hentwickelte Algorithmen verwenden, um den Nutzern auf der Grundlage ihrer Interessen, beruflichen Ziele und bisherigen Lernaktivitäten Kurse vorzuschlagen, sind solche Funktionen bei "Mein NOW" zumindest derzeit nicht leicht zugänglich oder verfügbar.

Plattformen wie Coursera analysieren dagegen kontinuierlich das Verhalten ihrer Nutzerinnen und Nutzer und geben auf dieser Grundlage präzise Empfehlungen, die den Lernenden helfen, ihren Lernweg gezielt zu steuern. Auch andere setzen auf ähnliche Mechanismen, um Nutzer mit für sie relevanten Kursen zusammenzubringen. Bei "Mein NOW" könnte ein Kompetenzprofil solche Empfehlungen ermöglichen, wenn es denn funktioniert. Derzeit stürzt die Seite jedenfalls bei meinen wiederholten Versuchen immer wieder ab.

"Mein NOW": niedrigschwellig ist nicht gleich attraktiv

Mit der Integration von Eignungstests und regional angepassten Angeboten hat "Mein NOW" durchaus Potenzial, bleibt aber eine Plattform, die vor allem auf geförderte Weiterbildung spezialisiert ist. Die enge Anbindung an die Bundesagentur könnte sie schwerfällig und für moderne Lernende, die mehr Flexibilität und Freiheit erwarten, weniger attraktiv machen.

Angesichts der großen Summen, die bereits investiert wurden, bleibt für mich die Frage offen, ob "Mein NOW" jemals die visionäre Metaplattform werden kann, die ursprünglich versprochen wurde. Wer Weiterbildung für sich selbst im Blick hat, wird sie kaum nutzen. Da führen kommerzielle Anbieter schneller zum Ziel. Die vielleicht größte Frage aber ist, ob die Strukturen, die mit "Mein NOW" aufgebaut werden, die nachwachsenden Generationen überhaupt ansprechen und wirklich, wie betont wird, "niedrigschwellig" sind. Wer an Tiktok und Netflix gewöhnt ist, wird "Mein NOW" als Rückfall in die Steinzeit empfinden. Das ist nicht gerade förderlich, auch wenn es viele geförderte Angebote gibt.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Zeitschrift "personalmagazin - neues lernen" die Trends auf dem E-Learning-Markt.