BGH: Elternzeit ist für Zulassung als Syndikusrechtsanwältin kein Hinderungsgrund
Eine Juristen wurde von der beklagten Rechtsanwaltskammer Stuttgart im Februar 2012 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit anschließendem Bescheid wurde sie von der Klägerin, der Deutschen Rentenversicherung Bund, von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit.
Juristin war als als politische Sekretärin und Syndikusrechtsanwältin angestellt
Im Mai 2012 war sie als politische Sekretärin und Syndikusrechtsanwältin angestellt. Nachdem sie eine auf die Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin bezogene unwiderrufliche Einverständnis- und Freistellungserklärung und eine Stellenbeschreibung des Arbeitgebers vorgelegt hatte, erklärte die beklagte Anwaltskammer, dass keine Bedenken hinsichtlich der Anstellung als Syndikunsrechtsanwältin bestünden. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag auf Weitergeltung der Befreiung jedoch ab. Eine gerichtliche Entscheidung steht hierzu noch aus.
Deutsche Rentenversicherung Bund: Elternzeit steht Zulassung entgegen
Im März 2016 beantragte die Juristin sodann erneut die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin, woraufhin von Seiten der zuständigen Rechtsanwaltskammer dem Antrag zugestimmt wurde. Den Widerspruch der Deutschen Rentenversicherung Bund wies sie zurück.
- Zum Zeitpunkt der Zulassungs- bzw. Widerspruchsentscheidung befand sich die Juristin in Elternzeit.
- Die Deutschen Rentenversicherung Bund vertrat die Auffassung, dass schon die Inanspruchnahme der Elternzeit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwältin entgegenstehe.
Es könne nur für eine Tätigkeit, welche tatsächlich ausgeübt werde, eine Zulassung erteilt werden, so die klagende Rentenversicherung. Der Anwaltsgerichtshof hatte die Klage der Deutschen Rentenversicherung Bund gegen die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin abgewiesen. Auch der BGH Senat für Anwaltssachen wies die Berufung der Klägerin zurück.
BGH: Arbeitsverhältnis besteht weiterhin fort, lediglich zeitlich begrenzt unterbrochen
Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass zwar die dem Verfahren beigeladene Juristin aufgrund ihrer Elternzeit die Tätigkeit im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung nicht ausgeübt habe.
- Das Arbeitsverhältnis habe aber weiter fortbestanden.
- Nicht jede zeitlich begrenzte Unterbrechung führe dazu, dass die Zulassung zu widerrufen sei.
Auch eine erstmalige Zulassung während einer zeitlich begrenzten Unterbrechung einer grundsätzlich die Zulassung tragenden Tätigkeit sei nicht ausgeschlossen, argumentierten die Karlsruher Richter
Zulassung hätte auch nicht wegen Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit verweigert werden können
Der BGH führte aus, dass beispielsweise die Zulassung nicht versagt werden könne, wenn sich der Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung im bezahlten Erholungsurlaub befinde oder arbeitsunfähig wegen einer Erkrankung sei. Die Unterbrechung einer anwaltlichen Tätigkeit durch Elternzeit unterscheide sich in den wesentlichen Punkten nicht von derjenigen durch Urlaub oder Krankheit nach den einschlägigen Arbeitnehmerschutzgesetzen.
- Während der Elternzeit bestehe das Arbeitsverhältnis fort,
- lediglich die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen.
Wird allerdings während der Elternzeit eine Tätigkeit aufgenommen, welche nicht derjenigen entspricht, für welche die Zulassung beantragt oder erteilt wurde, ist eine Zulassung ausgeschlossen und erfordert den Widerruf einer bereits erteilten Zulassung. Dies war jedoch vorliegend nicht der Fall. Welche weiteren versorgungsrechtlichen Folgen sich aus der Zulassung ergeben, hatte der Senat nicht zu prüfen. Der Träger der Rentenversicherung ist bei seiner Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) an die Entscheidung über die Zulassung gebunden.
(BGH, Urteil v. 18.03.2018, AnwZ (Brfg) 6/18).
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