Wildgewordener Keiler attackiert seinen Käufer

Wildschwein lässt die Sau raus und beißt zu
Im Jahre 2009 kaufte der Kläger, ein österreichischer gelernter Tierpfleger, einen siebenjährigen 150-Kilo-Keiler von einem Freizeitpark in Niederbayern für etwas mehr als 150 EUR. Als der Mann das Tier verladen wollte, passierte das Unglück: Das Absperrgitter kippte zur Seite und der Keiler ergriff die Flucht. Ohne eine Betäubungsspritze einzusetzen, versuchte der Kläger daraufhin das Tier mit den Händen und Spanngurten einzufangen. Das Wildschwein wehrte sich jedoch heftig und attackierte den Mann mit mehreren Bissen u.a. in den Arm und die Hand. Noch während der Kläger notärztlich behandelt wurde, musste die Polizei nach erfolglosen Einfangversuchen das Wildschwein erschießen.
Verkäufer muss zahlen
Der Käufer verklagte den Freizeitpark auf 90.000 EUR Schmerzensgeld und Schadenersatz. Aufgrund der schweren Bisswunden am linken Arm und linker Hand ist und bleibt die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers stark eingeschränkt, so dass er seinen Beruf als Tierpfleger nicht mehr ausüben kann. Die Sozialversicherung des Kläger stufte den Vorfall als Arbeitsunfall mit 35-prozentiger Erwerbsminderung ein. Nachdem das LG Landshut die Klage zunächst abgewiesen hatte, sprachen die Richter des OLG München dem Kläger 7.500 EUR Schmerzensgeld zu sowie 75 Prozent seines Verdienstausfalls seit dem Unglück. Zusätzlich ist auch der künftige materielle und immaterielle Schaden – ebenfalls zu 75 Prozent – zu ersetzen.
Keine ordnungsgemäße Übergabe, aber Mitschuld
Im Gegensatz zur Vorinstanz kamen die Münchener Richter zu dem Ergebnis, dass die Beklagte als Halter des Tieres haften muss. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Keiler noch nicht ordnungsgemäß an den Kläger übergeben worden. Eine Haftungsbefreiung komme nicht in Betracht. Da der Kläger als gelernter Tierpfleger und damaliger Besitzer eines Wildparks die Gefahr allerdings hätte besser einschätzen müssen, treffe ihn eine Mitschuld in Höhe von 25 Prozent. Einen 150-Kilo-Keiler ohne Betäubung mit bloßen Händen einfangen zu wollen, sei schon recht unvorsichtig. Mit einem wilden Wildschwein ist eben nicht zu spaßen.
(OLG München, Urteil v. 8.8.2012, 20 U 1121/12)
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