Zeiterfassung mit Fingerprint geht nach DSGVO nur mit Arbeitnehmereinwilligung
Abmahnung wegen Weigerung, die Fingerprint-Zeiterfassung zu nutzen
Der Arbeitgeber wollte in seiner MRT-Praxis (Praxis für Magnetresonanztomographie) das alte System der Zeiterfassung im Wege handschriftlicher Einträge im Dienstplan ablösen durch eine moderne, digitale Methode und entschied sich für den elektronischen Fingerprint. Einer seiner MTAs (Medizinisch-technischer Assistent) wollte partout nicht mitmachen. Das wurde mit einer Abmahnung quittiert.
Fingerprint: Ist Verarbeitung biometrischer Daten für das Arbeitsverhältnis erforderlich?
Der abgemahnte Arbeitnehmer setzte sich weiterhin gegen Teilnahme an der Fingerprint-Zeiterfassung zu Wehr und und über den Sachverhalt entschied das Arbeitsgericht Berlin in I. Instanz.
Da die Fingerabdruckspeicherung eine Datenspeicherung war, spielte der Datenschutz eine entscheidungserhebliche Rolle. Weil der betreffende Arbeitnehmer in die Datenerfassung und -verwendung nicht einwilligte und auch keine entsprechende Kollektivvereinbarung vorlag, kam es darauf an, ob die Verarbeitung der biometrischen Daten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist (§ 26 Abs. 1 BDSG).
Arbeitgeberinteresse muss Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters überwiegen
Bei der Erforderlichkeitsprüfung liegen das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten und das Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitszeiterfassung per Fingerprint konkurrierend in den Waagschalen. Die Anforderungen an die Erforderlichkeit sind besonders hoch bei sog. sensitiven Daten, zu denen biometrische Abdrücke gehören (Art. 9 DSGVO).
Der Arbeitgeber konnte keine Fälle von Missbrauch des bisherigen „händischen“ Systems allgemein oder bezüglich des betroffenen MTAs benennen und auch sonst nicht darstellen, dass nur das Fingerprint-System als verlässliche Methode der Zeiterfassung für ihn funktioniert. Das Persönlichkeitsrecht blieb daher das schwerer wiegende Rechtgut; deshalb war auch die Abmahnung zu entfernen.
Abmahnung wegen verweigerter betriebsärztlicher Untersuchung
Zwischen den Parteien war noch eine weitere Abmahnung streitig. Sie betraf eine vom Arbeitgeber angeordnete betriebsärztliche Untersuchung. Auch diese sah der Arbeitnehmer nicht ein. Eine betriebsärztliche Untersuchung kann nicht beliebig angeordnet werden, es muss gute Gründe für sie geben.
Verpflichtende Untersuchungen bei bestimmten Tätigkeiten
Vorsorgeuntersuchungen sind da zum Schutz der Mitarbeiter selbst, aber auch aller anderen Personen, die mit dem Betrieb in Berührung kommen und nicht unnötigen Gesundheitsgefahren ausgesetzt werden dürfen. Sie sind laut ArbMedVV (Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge) Pflicht bei Tätigkeiten
- mit Gefahrstoffen,
- mit biologischen Arbeitsstoffen oder
- physikalischen Einwirkungen.
Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen war fraglich
Im Fall des MTA wurde diskutiert, ob er Tätigkeiten ausübt, bei denen es regelmäßig zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann, und deshalb für ihn eine Untersuchungspflicht besteht (Anhang Teil 2 Abs. 1 Ziffer 3 lit. bb ArbMedVV). Das konnte der Arbeitgeber aber nicht hinreichend darstellen, sodass er im Ergebnis auch diese Abmahnung annullieren musste.
(ArbG Berlin, Urteil v. 16.10.2019, 29 Ca 5451/19, noch nicht rechtskräftig).
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