Der BGH hat sich zur Einbeziehung des sog. „Goodwills“ einer Freiberuflerpraxis in den Zugewinnausgleich geäußert. Dabei wurde deutlich: Nicht nur Kate und William brauchen einen Ehevertrag ...

In der Presse wurde vor der Hochzeit des Jahres viel darüber spekuliert, ob Kate und William eigentlich einen Ehevertrag geschlossen haben. Das dürfte der Fall gewesen sein, was angesichts des Vermögens von Prinz William und seiner eines Tages zu erwartenden Erbschaft auch nicht verwundert. Ein Ehevertrag ist aber nicht nur für Royals ein Thema.

 

... auch für Selbstständige sind Eheverträge ein „must have“

Auch Selbstständige sollten rechtzeitig an die Möglichkeit eines Ehevertrages denken, um sich gegen die finanziellen Folgen einer Scheidung abzusichern. Zwar fällt nach den gesetzlichen Regeln das vor der Ehe bestehende wie auch das später ererbte Vermögen im Falle der Scheidung nicht in die Berechnung des Zugewinnausgleichs.

Doch sind die Wertsteigerungen, die ein Vermögen in der Ehezeit erfährt, ausgleichspflichtig. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf ein aktuelles Urteil des BGHs, wonach auch der während der Ehezeit gewachsene „Goodwill“ eines Unternehmens bzw. einer freiberuflichen Praxis, in den Zugewinnausgleich fällt und dem anderen Ehegatten im Scheidungsfall hälftig auszuzahlen ist.

 

Vorsicht bei Unternehmensgründung nach Heirat

Nach den Regeln des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft muss der Ehepartner, der während der Ehe den höheren Vermögenszuwachs erzielt hat, bei der Scheidung die Hälfte dieses Zugewinns an den anderen Partner abgeben. Gerade Selbstständige, die während der Ehe ein Unternehmen gegründet, eine Praxis oder Kanzlei aufgebaut haben, können davon betroffen sein.

Soweit das Kapital im Unternehmen gebunden ist, müssen ggf. Darlehen zur Finanzierung der Ausgleichsforderung aufgenommen oder – schlimmstenfalls – das Unternehmen oder die Praxis verkauft werden. Ein Ehevertrag kann vor diesem Risiko etwa durch die Vereinbarung, bestimmte Gegenstände des Betriebsvermögens aus dem Zugewinnausgleich herauszunehmen, oder eine Deckelung des Ausgleichsbetrags effektiv schützen. Der vom Gesetzgeber beim Abschluss eines Ehevertrags zwingend vorgesehene Notar hilft dabei, eine die gegenläufigen Interessen der Eheleute gerecht ausgleichende Lösung zu finden.

 

Hintergrund: Der Güterstand der „modifizierten Zugewinngemeinschaft“

Bei der sog. „modifizierten Zugewinngemeinschaft“ weichen die Eheleute – gleiches gilt für eingetragene Lebenspartner – durch notariellen Ehevertrag vom gesetzlichen Regelfall der Zugewinngemeinschaft ab.

So kann entweder der Zugewinnausgleich generell oder nur hinsichtlich bestimmter Vermögensbestandteile ausgeschlossen werden, beispielsweise können vorhandenes Betriebsvermögen und/ oder Geschäftsanteile eines Ehepartners aus dem Anfangs- und Endvermögen ausgeklammert und so vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden. Diese Gestaltungsmöglichkeit wird auch von den Finanzämtern anerkannt.

 

 „Goodwill“ erhöht den Zugewinn

Im Fall der Scheidung muss zur Ermittlung des Zugewinns der objektive Verkehrswert der Vermögensgegenstände beider Partner ermittelt werden. Selbstständige unterschätzen oft den Wert ihres Unternehmens.

Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs sind aber auch immaterielle Werte, wie beispielsweise der so genannte „Goodwill“ mit einzubeziehen. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des BGH hervor (Urteil v. 9.2.2011, XII ZR 40/09). Beim Goodwill handelt es sich um Imponderabilien wie

  • den Standort,
  • Art und Zusammensetzung der Mandanten/Patienten,
  • die Konkurrenzsituation und
  • ähnliche Faktoren, soweit sie auf einen Nachfolger übertragbar sind.

Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist danach als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen. Er hat in der Regel sogar einen eigenen Marktwert, so der BGH:

  • Mit dem Goodwill bezahle der Käufer einer freiberuflichen Praxis die Chance, die Mandanten des bisherigen Praxisinhabers oder Teilhabers zu übernehmen
  • und auf dem vorhandenen Bestand und der gegebenen Konkurrenzsituation aufbauen zu können.

Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert.

 

Kein Verstoß  gegen das Doppelverwertungsverbot

Die Berücksichtigung eines Goodwills im Zugewinnausgleich verstößt nach Ansicht der Karlsruher Richter auch  nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (beim Unterhalt einerseits  und beim Zugewinnausgleich andererseits), weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen beruht.

 

Individueller Unternehmerlohn ist abzuziehen

Eine Doppelverwertung - so der BGH – ist bei der Berücksichtigung des Goodwills einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich zumindest dann ausgeschlossen, wenn der nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn in Abzug gebracht wurde.

Hintergrund: Weil der Ertrag einer freiberuflichen Praxis nicht nur von dem vorhandenen Goodwill, sondern auch von dem persönlichen Einsatz des Inhabers bestimmt wird, muss die am Ertrag anknüpfende Bewertung des auf einen Übernehmer übertragbaren Goodwills einen Unternehmerlohn absetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert.

Nur auf diese Weise kann der auf den derzeitigen Praxis(mit)inhaber bezogene Wert ausgeschieden werden, der auf dessen persönlichem Einsatz beruht und nicht auf einen Übernehmer übertragbar ist.

Die Entscheidung macht deutlich, wie schwierig die Bewertungsfragen im Einzelnen sind. So muss etwa ermittelt werden, inwieweit der Ertrag auf den individuellen Einsatz des Inhabers des Unternehmens oder der Praxis zurückzuführen ist. Rechtzeitige Vorsorge mithilfe eines notariellen Ehevertrags kann hier Zeit, Kosten und Nerven sparen helfen.

(BGH, Urteil v. 9.2.2011, XII ZR 40/09).

Praxishinweis: Hat man den Abschluss eines Ehevertrages vor der Hochzeit versäumt, kann dieser auch noch während der Ehe geschlossen werden. Kostengünstiger ist es jedoch, den Vertrag möglichst früh abzuschließen, da sich die Kosten für den Vertrag sich nach dem Vermögen der Ehegatten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses richten.