Kein Versorgungsausgleich bei Geringfügigkeit
Im zu entscheidenden Fall hatte das Familiengericht die Ehe der Parteien im August 2012 geschieden. Im Rahmen der Durchführung des Versorgungsausgleichs schloss der Familienrichter den Ausgleich hinsichtlich einer von einem Ehepartner erworbenen betrieblichen Altersversorgung wegen Geringfügigkeit aus. Hiergegen legte die betroffene Ehefrau Rechtsbeschwerde beim zuständigen OLG ein.
Ermittlung der Geringfügigkeit
Maßgeblich für den Ausschluss des Versorgungsausgleiches wegen Geringfügigkeit ist § 18 VersAusglG. Hiernach soll der Versorgungsausgleich – nach Abs. 2 auch bezogen auf einzelne Anwartschaften – bei Geringfügigkeit nicht durchgeführt werden.
§ 18 Abs. 3 VersAusglG definiert die Geringfügigkeit:
Diese liegt vor, wenn der Ausgleichswert bezogen auf den Rentenbetrag als Maßstab 1% oder bezogen auf den Kapitalwert als Maßstab 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 IV SGB nicht übersteigt.
Der Bezugswert nach § 18 SGB IV ist das Durchschnittsentgelt der Rentenversicherung aus dem vorvergangenen Kalenderjahr (aufgerundet auf den nächsten durch 420 teilbaren Betrag).
Im vorliegenden Fall lag dieser nach dem Kapitalwert errechnete Grenzwert bei 3.150 €.
AG nimmt Vorababzug der Ausgleichskosten vor
Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der Ausgleichswert leicht über dem Grenzwert nämlich bei 3.163 € lag. Hierbei war aber nicht berücksichtigt, dass für den internen Ausgleich innerhalb der Vorsorgeversicherung Ausgleichskosten in Höhe von 3 % des Ehezeitanteils entstanden. Diese Ausgleichskosten gehen zu Lasten beider Eheleute.
Den Ausgleichskostenanteil der Ehefrau hat das Amtsgericht von dem errechneten Ausgleichswert sofort abgezogen und gelangte hierdurch auf einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 3.068 €, womit der Ausgleichswert in den Geringfügigkeitsbereich fiel. Nach Auffassung des AG soll nach Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichsgesetzes der Versorgungsausgleich dann nicht durchgeführt werden, wenn die Kosten außer Verhältnis zum zu übertragenen Ausgleichswert stehen. Dies war nach Ansicht des AG vorliegend der Fall, da der der Ehefrau zufließende Versorgungsvorteil im Ergebnis nach Abzug der Kosten geringfügig gewesen wäre.
OLG orientiert sich am Gesetzeswortlaut
In seiner Entscheidung über die Rechtsbeschwerde kam das OLG zu einem anderen Ergebnis. Nach Auffassung des Senats hat das Familiengericht in methodisch unzulässiger Weise an dem Wortlaut des $ 18 VersAusglG vorbei argumentiert. Für die Feststellung der Geringfügigkeit sei nach dieser Vorschrift der Ausgleichswert maßgeblich. Hierfür halte § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG eine Legaldefinition bereit. Ausgleichswert sei hiernach die „Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteils“. Damit sei der Inhalt dieses Begriffes eindeutig festgelegt. Rechtsstaatlich sei es bedenklich, wenn der Familienrichter den Begriff nachträglich dahingehend modifiziere, dass er die Ausgleichskosten gegen den Gesetzeswortlaut in diesem Begriff mit berücksichtigte. Der Rückgriff des Familiengerichts auf die angebliche „ratio legis“ sei zu allgemein und halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das OLG gab daher der Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin statt.
Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit und zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bedarf die Entscheidung dieser Auslegungsfrage nach Auffassung des OLG einer höchstrichterlichen Entscheidung. Deshalb hat das OLG die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.
(OLG Frankfurt, Beschluss v. 14. 01. 2013, 2 UF 333/12).
Vgl. zum Thema Versorgungsausgleich auch:
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