Kanzleiidentität: Was Ihre Kanzlei wirklich ausmacht

Können Sie Außenstehenden sagen, warum Sie sich die Juristerei antun? Um Geld zu verdienen, ist eine naheliegende, aber oft nicht ausreichende Antwort – Stichwort: Empfängerhorizont. Sinnfragen sind „in“. Wo liegt bei Ihnen der Schwerpunkt?

Variable Ansätze

Wer die Juristenwelt kennt, weiß um die Vielfalt erfolgreicher Ideen und Vorstellungen zu unserem Berufsstand. Da trifft die Pragmatikerin auf den Idealisten, der Einzelkämpfer auf die Anwältin, die am liebsten so arbeitet wie die Hand im Wasser: Sie ergreift den Schatz aus dem Nass, aber wenn Sie den Arm wieder aus der Flüssigkeit herausgezogen hat, schließt sich die Oberfläche wieder über ihr und hinterlässt keine Spuren. All diese Ansätze sind ganz unterschiedlich – und sie haben alle ihre Daseinsberechtigung.

Unterschiedliche Vorlieben

Unserem Personal, unserer Mandantschaft geht es nicht anders als uns selbst: Die Bandbreite des Nachvollziehbaren ist groß, aber deshalb ist noch längst nicht alles für jeden gleichermaßen attraktiv. Ich selbst beispielsweise bin im Laufe der letzten 40 Jahre manch einem Juristen, manch einer Kanzlei begegnet, die es mit Otfried Preußlers Hexen aus dem Kinderbuchklassiker Die kleine Hexe hält: Nur eine böse Hexe, heißt es dort, sei eine gute Hexe. Mit entsprechenden Bad Guys (and Girls) arbeite ich heute nicht mehr zusammen, und, kein Wunder: Sie auch nicht mit mir. Aber auch mit dieser Unterscheidung ist es noch nicht getan.

Verschiedene Ebenen

Um Ihre Kanzleipersönlichkeit zu erfassen, müssen Sie zunächst drei Ebenen auseinanderhalten. Sind Sie ein:e echte Einzelkämpfer:in ohne Mitarbeitende, ist es noch vergleichsweise einfach: Es gibt nur Sie und den Markt. Aber schon dann, wenn Sie mindestens zu zweit sind, gibt es außer des sogenannten individuellen auch eine soziale Ebene – seien es unterschiedliche oder eben gleiche Hierarchiestufen im Team, seien es vergleichbare oder unterschiedliche Qualifikationen.

Richtig kompliziert wird es dort, wo von der sozialen die Ebene der Gesamtorganisation zu unterscheiden ist. Eben noch eine Boutique in Augsburg, sind Sie unversehens eine Kanzlei mit zusätzlichem Standort in Aschaffenburg, wo ganz andere regionale Sitten und Gebräuche herrschen. Personal wird womöglich anders vergütet, die Mandantschaft ist an einem Ort sehr regional verwurzelt, wo andernorts selbst internationale Zulieferer dominieren.

Vielfältige Konzepte … und eine Falle

Damit Sie hier klar sehen und auch anderen klarmachen können, wofür Sie stehen, gibt es eine ganze Reihe von Konzepten. Vom Modell des US-amerikanischen Organisationspsychologen Edgar Schein reichen sie bis hin zu den „logischen Ebenen“ nach Robert Dilts. Diese in meinem Buch Erfolgsfaktor Kanzleiidentität näher beschriebenen Punkte sollten Sie sowohl für sich als auch für alle anderen Ebenen herausarbeiten.

Nur das schützt Sie vor einer ebenso häufigen wie ärgerlichen Falle der Kanzleientwicklung: „Culture eats strategy for breakfast“, um es mit US-Ökonom Peter Drucker zu sagen. Wenn Sie sich Ihrer eigenen juristischen Kultur nicht bewusst sind, heißt das frei übersetzt, dann können Sie noch die genialste Strategie in der Pfeife rauchen. Praktisch nutzen wird Sie Ihnen nicht.

Oder was meinen Sie? Wie immer freuen wir uns auf Ihre Rückmeldungen!


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