Krebskranker hat Auskunftsanspruch gegen Pharmahersteller

Ist eine Krebserkrankung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf die Einnahme eines Medikamentes zurückzuführen, das mit einem möglicherweise krebsverursachenden Stoff verunreinigt war, dann kann der Erkrankte vom Pharmahersteller Auskunft über die Wirkungen des Medikaments verlangen. 

Ein Pharmahersteller hatte eine Charge des Arzneimittels Valsartan zurückgerufen, da eine produktionsbedingte Verunreinigung mit einem Stoff festgestellt worden war, der als wahrscheinlich krebserregend bei Menschen gilt. Zwar arbeitete der Pharmahersteller mit mehreren Wirkstoffherstellern zusammen und nur bei einem der Vertragspartner waren die Verunreinigungen aufgetreten. Aus organisatorischen Gründen musste jedoch alle Chargen - auch der nicht betroffenen Wirkstoffhersteller - zurückgerufen werden. 

Krebserkrankung durch verunreinigtes Medikament verursacht? 

Eine an Krebs erkrankte Frau hatte im betreffenden Zeitraum das Medikament eingenommen und war der Auffassung, dass die Krebserkrankung dadurch bei ihr hervorgerufen worden sei. Sie meinte, das von ihr eingenommene Valsartan hätte aus den verunreinigten Chargen gestammt; ihr sei es verordnet worden, bevor die kontaminierten Chargen zurückgerufen worden waren. 

Pharmahersteller muss Auskunft erteilen!

Die betroffene Frau verlangte von dem Pharmahersteller Auskunft über die Wirkungen des Medikamentes und hatte damit vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Das Gericht verurteilte den Pharmahersteller zur Auskunft über die ihm bekannten Wirkungen und Erkenntnisse des Medikamentes, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen, soweit diese Krebserkrankungen betreffen, von Bedeutung sein können. Dem OLG genügte der Nachweis, dass die an Krebs erkrankte Frau das betreffende Medikament eingenommen hatte. 

Überwiegende Wahrscheinlichkeit der Schadensverursachung ausreichend

Zwar hat die Klägerin nicht den vollen Beweis dafür erbringen können, dass das von ihr eingenommene Medikament tatsächlich aus einer verunreinigten Chargen stammte. Ein solcher Nachweis ist nach Ansicht des Gerichts aber schlichtweg nicht möglich. Es wäre lebensfremd, anzunehmen, dass sich ein Patient bei der Einnahme eines Medikaments die auf der Packung aufgedruckte Chargenbezeichnung notiert. Es bestehe hier aber - so das OLG - eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass die an Krebs erkrankte Frau tatsächlich ein Medikament aus einer der verunreinigten Chargen erhalten hat, da der Stoff, mit dem die Chargen kontaminiert waren, potentiell krebserregend ist. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich, dass das Arzneimittel den geltend gemachten Schaden verursacht hat. 

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.8.2021, Az: 26 U 62/19


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Schlagworte zum Thema:  Auskunftsanspruch, Beweislast, Auskunftspflicht