Willensbildung und Eigentümerversammlung


Eigentümerversammlung nach der WEG-Reform

Die Willensbildung der Wohnungseigentümer in Form der Beschlussfassung wird durch die WEG-Reform erheblich vereinfacht. Die Eigentümerversammlung wird deutlich aufgewertet und die Beschlussfassung im Umlaufverfahren „entbürokratisiert“.

Aufwertung der Eigentümerversammlung

Eigentümerversammlungen werden durch die WEG-Reform deutlich aufgewertet. Wesentlich sind hierbei zwei Faktoren:

  1. § 25 WEG sieht kein Beschlussfähigkeitsquorum mehr vor.
  2. Mit Ausnahme von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG sieht das Gesetz keine besonderen Mehrheits-Quoren mehr vor.

Eigentümerversammlungen sind künftig immer beschlussfähig

Nach Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 wird jede Eigentümerversammlung beschlussfähig sein, solange nur ein Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten ist. War die Eigentümerversammlung bislang nur beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile anwesend bzw. vertreten war, entfällt also insbesondere das Erfordernis von Zweit- bzw. Wiederholungsversammlungen.

Längere Einberufungsfrist für Eigentümerversammlung

Größere Planungssicherheit der Wohnungseigentümer gewährt die Verlängerung der Einberufungsfrist für die Eigentümerversammlung. Diese beträgt nach § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG künftig drei statt bisher zwei Wochen.

Einfache Mehrheit reicht für alle Beschlüsse

Künftig werden grundsätzlich alle Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Nach wie vor ist insoweit das Kopfprinzip maßgeblich. Jeder Wohnungseigentümer hat also eine Stimme, unabhängig davon, wie viele Sondereigentumseinheiten in seinem Eigentum stehen.

Wie bisher auch werden sich die Miteigentümer einer Sondereigentumseinheit darüber zu einigen haben, wie die Stimmabgabe erfolgen soll, weil sie das Stimmrecht gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG nur gemeinschaftlich ausüben können.

Abweichendes Stimmprinzip kann vereinbart werden

Auch weiterhin ist das Kopfprinzip durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abdingbar. Deshalb kann insbesondere das Objekt- oder Wertprinzip vereinbart werden. Bislang entsprechend bestehende Vereinbarungen bleiben weiterhin maßgeblich.

Kosten baulicher Veränderung

Einzige Ausnahme vom einfachen Mehrheitsprinzip bildet der neue § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG. Hiernach sind die Kosten für eine Maßnahme der baulichen Veränderung von allen Eigentümern zu tragen, wenn die Maßnahme mit einer Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, die die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren müssen, beschlossen wurde und deren Kosten nicht unverhältnismäßig sind. (Lesen Sie hierzu vertiefend das Kapitel Bauliche Veränderungen)

Zu beachten ist hier, dass sich die erforderliche Mehrheit nicht auf Basis sämtlicher Wohnungseigentümer errechnet, sondern auf Basis der in der Eigentümerversammlung abgegebenen Stimmen.

Vereinbarte Quoren gelten weiterhin

Über diese gesetzliche Ausnahme hinaus bleiben die Mehrheits-Quoren vereinbarter Öffnungsklauseln maßgeblich. Soweit Vereinbarungen hier bestimmte Mehrheiten vorsehen, bleiben diese weiter zu beachten.

Im Übrigen werden die Wohnungseigentümer also beachten müssen, dass ggf. eine Minderheit die Geschicke der Gemeinschaft wird lenken können, wenn eine Mehrheit kein Interesse hat, an Wohnungseigentümerversammlungen teilzunehmen. Zwar besteht nach wie vor die Möglichkeit der Beschlussanfechtung, von Erfolg gekrönt wird eine solche Klage nach wie vor aber nur sein, wenn der konkrete Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht.

Teilnahme an der Eigentümerversammlung in elektronischer Form

Nach der neuen Bestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer beschließen, dass Wohnungseigentümer auch in elektronischer Form an Eigentümerversammlungen teilnehmen können. Hierbei sind zwei Aspekte zu beachten:

  1. Es bedarf eines Beschlusses.
  2. Die Möglichkeit der Präsenzteilnahme muss unverändert fortbestehen.

Das Gesetz sieht keine weiteren Vorgaben bezüglich der konkreten Ausgestaltung der Teilnahme in elektronischer Form vor. Die Wohnungseigentümer sind frei, die technischen und organisatorischen Vorgaben beschlussweise zu regeln. Ihnen ist insbesondere die Kompetenz zur Beschlussfassung auch über die Ausgestaltung der Versammlungsrechte der in elektronischer Form teilnehmenden Wohnungseigentümer eröffnet. So können einzelne Teilnahmerechte per Beschluss auch beschränkt oder ausgeschlossen werden.

Keine rein virtuelle Eigentümerversammlung

Keine Beschlusskompetenz besteht zur Durchführung von rein virtuellen Wohnungseigentümerversammlungen oder solchen in Form einer Telefonkonferenz. Stets muss den Wohnungseigentümern die Möglichkeit verbleiben, persönlich an der Eigentümerversammlung teilnehmen zu können. 

Umlaufbeschlüsse werden einfacher

Die Zustimmung zu Beschlüssen im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG bedarf künftig nicht mehr der Schriftform. Ausreichend ist die Textform, also die Abstimmung insbesondere per E-Mail oder auch spezieller Handy-App.

Mehrheitsentscheidung im Umlaufverfahren kann beschlossen werden

Im konkreten Einzelfall können die Wohnungseigentümer auch beschließen, dass eine endgültige Willensbildung durch Mehrheitsentscheidung im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG herbeigeführt werden kann. Soll also grundsätzlich ein Beschluss gefasst werden, liegen allerdings noch nicht alle Informationen für eine angemessene Ermessensentscheidung vor, können die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Beschlussfassung im Umlaufverfahren erfolgen kann und dabei dann die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht.

Dokumentation der Willensbildung

Die Beschluss-Sammlung nach § 24 Abs. 7 WEG wird es weiterhin unverändert geben. Der Rechtsausschuss hat hier zuletzt die Regierungspläne nach Schaffung einer anderweitigen Beschluss-Sammlung durchkreuzt.

Die Eintragungen in die Beschluss-Sammlung sind nach § 24 Abs. 7 Satz 7 WEG unverzüglich vorzunehmen, also ohne schuldhaftes Zögern. Hieran ändert sich durch die WEG-Reform nichts. In aller Regel nicht mehr unverzüglich ist eine Eintragung dann, wenn sie nicht innerhalb einer Woche erfolgt. 

Zum Ausgleich des zunächst geplanten Wegfalls der Beschluss-Sammlung nach dem Vorbild des § 24 Abs. 7 WEG sah der Regierungsentwurf die Verpflichtung vor, die Versammlungsniederschrift unverzüglich erstellen zu müssen. Der Rechtsausschuss hat diese Änderung trotz Fortbestandes der Beschluss-Sammlung nicht rückgängig gemacht. Daher ist künftig auch die Versammlungsniederschrift unverzüglich zu erstellen, wie § 24 Abs. 6 WEG vorsieht. Auch hier wird die Wochenfrist als äußerste Grenze maßgeblich sein.

Ein-Personen-Gemeinschaft

Da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 9a Abs. Satz 2 WEG bereits mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher entsteht und somit der teilende Eigentümer eine Ein-Personen-Gemeinschaft bildet, hat er auch die Möglichkeit, Ein-Personen-Beschlüsse zu fassen. Grundsätzlich wird daher auch bereits der teilende Eigentümer nach Entstehen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von ihm gefasste Beschlüsse sowohl in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen als auch in Form einer Niederschrift bzw. Dokumentation zumindest in Textform zu fixieren haben.

Publizität der Willensbildung

Beschlüsse, die auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst werden, bedürfen künftig der Eintragung in das Grundbuch, um Wirkung auch gegen Sondernachfolger von Wohnungseigentümern zu entfalten. So sieht es § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG vor. Unerheblich ist hierbei, ob es sich um Beschlüsse auf Grundlage einer allgemeinen oder einer spezifizierten Öffnungsklausel handelt.

Beschlüsse auf Grundlage einer gesetzlichen Öffnungsklausel, also insbesondere solche zur Kostenverteilungsänderung auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, bedürfen hingegen nicht der Eintragung ins Grundbuch.

Übergangsfrist für Altbeschlüsse

Aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasste Beschlüsse, die vor Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 gefasst wurden, bedürfen ebenfalls der Eintragung ins Grundbuch, um Wirkung gegen Sondernachfolger von Wohnungseigentümern zu entfalten. Insoweit räumt der Gesetzgeber allerdings eine großzügige Frist bis zum 31.12.2025 ein.

Ist die Haftung des Erwerbers von Sondereigentum Gegenstand der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, genügt nicht mehr die Bezugnahme auf die entsprechende Bewilligung im Grundbuch. Vielmehr muss sich die Erwerberhaftung direkt und ausdrücklich aus dem Grundbuch ergeben. Auch insoweit ist die Frist des 31.12.2025 maßgeblich.

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