Der BGH hat sich mit der Frage befasst, welche Einwendungen im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage erhoben werden können und inwieweit die Entscheidung der Rechtskraft fähig ist.
Hintergrund des Falls
In dem entschiedenen Fall betrieb die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung, wogegen sich die Schuldnerin mit der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr setzte.
Hintergrund des Rechtsstreits war eine Vereinbarung der Parteien, wonach die die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubigerin auf einem der Schuldnerin gehörenden Grundstück als Bauträgerin ein Mehrfamilienhaus errichten und durch Bildung von Wohnungseigentum verwerten sollte. Zu diesem Zweck hatte die Schuldnerin das Grundstück an die Gläubigerin verkauft und den vereinbarten Kaufpreis gestundet. Ferner hat sie die zinslose Vorfinanzierung des Rohbaus in sieben Raten übernommen. Anschließend hat die Gläubigerin das Grundstück an einen Dritten verkauft und dadurch die Umsetzung des vereinbarten Konzepts unmöglich gemacht. Die Schuldnerin leistete daraufhin die letzte vereinbarte Darlehensrate bezüglich der vereinbarten Vorfinanzierung nicht, woraufhin die Gläubigerin in einem Vorprozess einen Titel auf Zahlung dieser letzten Rate erwirkte und die Zwangsvollstreckung einleitete. Dagegen setzte sich die Schuldnerin mit der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr.
Grundsatz von Treu und Glauben als Vollstreckungseinwand
Der BGH vertrat die Auffassung, dass wegen der Unmöglichkeit der Umsetzung des vereinbarten Konzepts die Zeit des vereinbarten Darlehens abgelaufen sei und die letzte Rate daher nicht mehr verlangt werden könne. Unter Berücksichtigung des „dolo agit“-Einwandes müsste diese Rate sofort wieder zurückgezahlt werden, sodass die Gläubigerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben kein schutzwürdiges Interesse an der Vollstreckung dieser letzten Rate hätte. Ein rechtsmissbräuchliches und treuwidriges Verhalten kann nach Ansicht des BGH eine Einwendung i.S.d. § 767 Abs. 1 ZPO begründen, sodass sie im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden kann.
Widerklage mit Schadenersatzforderung trotz vorheriger Aufrechnung?
Im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage hat die Gläubigerin dann zudem Widerklage erhoben und eine Schadenersatzforderung geltend gemacht. Diese Schadenersatzforderung hatte sie teilweise bereits in einem Vorprozess der Parteien zur Aufrechnung gestellt. Bei dem Vorprozess hatte es sich ebenfalls um eine Vollstreckungsgegenklage gehandelt. Die Gläubigerin hatte die Aufrechnung mit der Schadenersatzforderung also nicht als Verteidigungsmittel gegen eine Klage eingesetzt, sondern als Angriffsmittel im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage.
Vollstreckungsgegenklage entfaltet Rechtskraft!
Der BGH hatte nun zu klären, ob die im Vorprozess ergangene Entscheidung gleichwohl auch hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung Rechtskraft entfaltet und somit von der Gläubigerin nicht mehr in einem neuen Prozess widerklagend geltend gemacht werden kann. Dies hat der BGH klar bejaht. Er stellte fest, dass eine rechtskraftfähige Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung lediglich voraussetzt, dass sachlich über sie entschieden wird. Dies sei auch im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage der Fall.
(BGH, Urteil v. 04.12.2014, VII ZR 4/13).