Umstrittenes neues Prostitutiertenschutzgesetz ist in Kraft
Wer ein Bordell betreiben will, braucht dafür künftig die Erlaubnis der zuständigen Behörde.
Kriminelle Ausbeutung von Prostituierten und menschenunwürdige Geschäftsmodelle sollen mit der Neuregelung verhindert werden - so optimistisch das Bundesfamilienministerium.
Wie viel die Neuregelung den Prostituierten hilft, wird sich zeigen, sie jedenfalls müssen sich künftig anmelden und leisten damit, sei es auch um ihres eigenen Schutzes Willen, ihrer Stigmatisierung Vorschub.
Das umstrittene Prostituiertenschutzgesetz hatte schon im September 2016 Bundestag und Bundesrat passiert, die Umsetzung gestaltete sich aber als schwierig. Für die Bundesländer gibt es auch jetzt noch Übergangsfristen.
#Verbände von Sexarbeitern #kritisieren das #Prostituiertenschutzesetz und befürchten eine massive Entrechtung und polizeiliche Reglementierung.
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Am 23. September 2016 billigte der Bundesrat mit dem Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz der im Prostitutionsrecht tätigen Personen (ProstSchG)
die umstrittene Neuregelung des Prostitutionsrechts.
Damit wird die Erlaubnispflicht für das Prostitutionsgewerbe an die Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen, wie die Einhaltung von Hygienestandards und Arbeitsschutzbestimmungen, sowie die Zuverlässigkeit des Bordellbetreibers geknüpft.
Umstrittene Anmeldepflicht für Prostituierte
- Die Ausübung der Prostitution selbst ist weiterhin erlaubnisfrei, Prostituierte müssen ihre Tätigkeit jedoch anmelden.
- Die ausgestellte Anmeldebescheinigung ist für zwei Jahre gültig und kann verlängert werden.
Prostituierte müssen vor Aufnahme der Tätigkeit und danach jährlich eine gesundheitliche Beratung beim öffentlichen Gesundheitsdienst wahrnehmen, unter 21-Jährige im halbjährlichen Abstand.
Bisherige Prostitutionsgesetz gilt eher als Flop
Das im Jahre 2002 eingeführte ProstG hatte das Verdikt der Sittenwidrigkeit für die Beziehung zwischen Prostituierten und ihren Kunden und Kundinnen abgeschafft. Ein hehres Ziel des Gesetzes war die Beendigung der Diskriminierung von Prostituierten im Zivilrecht aber auch in der Sozialversicherung.
Inzwischen steht fest, dass der Gesetzgeber damals mit dem Gesetz mehr Probleme geschaffen als beseitigt hat. Deutschland hat sich infolge der Legalisierung inzwischen zum „größten Puff Europas“ entwickelt, das Prostitutionsgeschäft zu einem Wirtschaftszweig mit erheblichen, aber schwer einschätzbaren Umsätzen.
Auswüchse sollen durch Neuregelung eingedämmt werden
Mit dem reformierten „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz der in der Prostitution tätigen Personen“ will der Gesetzgeber unerträgliche Auswüchse des Gewerbes unterbinden. Es wurden Mindestvorgaben zum Schutz der Gesundheit der Sexarbeiter und der Sexarbeiterinnen eingeführt werden.
Das neue Gesetz soll der besonders verletzlichen und belastenden Situation vieler Prostituierter ein Mindestmaß an gesetzlichen Regeln gegenüberstellen, die Mindeststandards der Berufsausübung garantieren.
Dazu dienen insbesondere die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Zuverlässigkeit der Betreiber von Bordellen als auch die regelmäßige gesundheitliche Beratung beim öffentlichen Gesundheitsdienst, die den Prostituierten permanente Kontakte und damit Gesprächsmöglichkeiten mit einer öffentlichen Stelle garantieren sollen.
Kein Flatrate-Sex mehr
Ein Kernelement der #Prostitutionsrechts-#Reform ist Einführung der #Erlaubnispflicht für das #Prostitutionsgewerbe.
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- Der Betreiber eines Bordells sowie sein Stellvertreter müssen künftig ihre persönliche Zuverlässigkeit nachweisen. Sie unterfallen damit der Zuverlässigkeitsprüfung nach der Gewerbeordnung wie jeder andere Gewerbetreibende.
- Der Bordellbetreiber muss ein Betriebskonzept vorlegen, das Formen der Sexarbeit ausschließt, die mit der sexuellen Selbstbestimmung von Prostituierten nicht vereinbar ist.
- Ausbeuterische und menschenrechtswidrige Angebote wie Gruppensex und Flatrate-Sex werden verboten.
- Die Erlaubnis zum Betreiben eines Bordells wird künftig an das vorgelegte Betriebskonzept gebunden und ist darauf beschränkt.
- Die Betriebsstätte selbst muss hinsichtlich Lage und Ausstattung gesetzliche Mindestanforderungen erfüllen, die auch den Schutz der Allgemeinheit, der Anwohner sowie den Schutz von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen.
- Der Betreiber eines Bordells muss Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten hinsichtlich der bei ihm beschäftigten Mitarbeiter und deren Tätigkeit erfüllen.
Besondere Maßnahmen zum Schutz der Prostituierten
Die gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz der Prostituierten sind von der Absicht des Gesetzgebers getragen, das Schutzniveau für Prostituierte zu erhöhen. Änderungen gab es dazu im StGB in den §§ 232 bis 233a.
Fachleute befürchten jedoch auch unerwünschte gegenteilige Effekte.
Die Neuerungen im Einzelnen:
Grundsätzlich muss nach der Neuregelung jede #Prostituierte ihre #Tätigkeit bei der zuständigen Behörde #anmelden.
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- Folge: Die angemeldeten Prostituierte werden in einer Datenbank geführt.
- Die Behörde muss Informationen zur Unterrichtung von Prostituierten über ihre Rechte in Deutschland bereitstellen und allgemeine Beratungs- und Unterstützungsangebote offerieren.
- Sämtliche Sexarbeiter und Sexarbeiterin sind verpflichtet, einmal jährlich eine gesundheitliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
- Für Heranwachsende bis zum 21. Lebensjahr gilt diese Verpflichtung halbjährlich. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass körperlich erkennbare Misshandlungen der Prostituierten aufgedeckt und entsprechende Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden.
- Jede Prostituierte erhält eine Anmeldebescheinigung, die für jeweils zwei Jahre gültig ist. Die Anmeldebescheinigung wird verweigert, wenn erkennbar ist, dass Heranwachsende mit unlauteren Mitteln zur Prostitution gebracht wurden.
- Für die Freier wurde eine Kondompflicht eingeführt. Die Einhaltung ist zwar schwer zu kontrollieren, der Verstoß hiergegen ist jedoch unter Strafe gestellt: Freier, die entgegen der Kondompflicht nicht dafür Sorge tragen beim Geschlechtsverkehr Kondome zu verwenden, werden nach den Reformplänen einem Bußgeld bis zu 50.000 EUR belegt (§ 32§ 33 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 ProstSchG)
- Werbung für die Ausübung des Geschlechtsverkehrs ohne Kondome wurde untersagt.
- Die Überwachungsbefugnisse, Kontroll- und Betretensrechte durch die zuständigen Behörden wurden ausgedehnt.
Freier, die wissentlich die Dienste eines Opfers von Zwangsprostitution in Anspruch nehmen, werden künftig zur Verantwortung gezogen. Freier, die wissentlich die Dienste eines Opfers von Zwangsprostitution in Anspruch nehmen, werden nach den Reformplänen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft (§ 232a Abs. 6 Nr. 2 StGB neu)
- Werbung für Sex mit Schwangeren - für den es einen besonderen Markt gibt - wird verboten
Zum Outing verdammt
Die Reform des ProstG hat weitreichende Bedeutung. Die Schätzungen der Zahl der Personen, die dem Prostitutionsgewerbe nachgehen, gehen weit auseinander. Die Zahlen schwanken zwischen 150.000 und 700.000. Mit Einführung der Registrierungspflicht sollen diese Zahlen zukünftig klarer werden.
Sozialarbeiter lehnen allerdings gerade die Registrierungspflicht vehement ab. Die Anmeldepflicht führe dazu, dass Prostituierte sich als Huren outen müssen. Frauen, die dies ablehnten, würden gerade durch die Reform in die Illegalität getrieben.
Das Stigma der Anmeldung ist nicht mehr abzuschütteln
Schutzverbände befürchten, dass entgegen der Auffassung des Gesetzgebers Opfer von Menschenhändlern durch die Reform nicht geschützt werden und der Zwang der nicht anmeldebereiten Prostituierten, sich zwielichtigen Zuhältern anzuvertrauen, deutlich wachsen wird.
Darüber hinaus würden Frauen durch die Registrierung in der Prostitution festgehalten, ihr Ausstieg aus dem Gewerbe würde gravierend erschwert, da sie durch die Registrierung als Sexarbeiter stigmatisiert seien. Wer später ein ganz „normales“ Geschäft aufmachen oder in einem Anstellungsverhältnis arbeiten wolle, habe es dann deutlich schwerer.
Ein Schritt zurück ins vorige Jahrhundert?
Die Prostituiertenverbände weisen darauf hin, dass in Deutschland bereits im 19. Jahrhundert eine Anmeldepflicht für Prostituierte bestanden hat. Jahrelang hätten die Sexarbeiter gegen diese Registrierungspflicht angekämpft.
Erst nach Einführung des Frauenwahlrechts zu Beginn des 20. Jahrhunderts seien die Anmeldepflicht und auch die für die Frauen oft demütigenden ärztlichen Zwangsuntersuchungen abgeschafft worden.
Die Wiedereinführung dieser Maßnahmen sei ein Schritt zurück in das letzte Jahrhundert und wenig zukunftsweisend. Mit dem Inkrafttreten der kompletten Reform ist frühestens Mitte des nächsten Jahres zu rechnen. Es bleibt also noch Zeit für Nachbesserungen.
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