Einwilligung in Schlägerei hat keine rechtfertigende Wirkung

Eine Einwilligung in die eigene Körperverletzung während einer verabredeten Schlägerei hat keine rechtfertigende Wirkung, denn die Tat selbst verstößt in diesen Fällen wegen ihres Gefährlichkeitspotentials gegen die guten Sitten.

So urteilte kürzlich der BGH und bestätigte damit die Verurteilung von drei heranwachsenden Schlägern. Dem gern verwendeten Argument „Er hat es doch nicht anders gewollt!“ wird damit der Boden entzogen.

Verabredete Schlägerei endet mit erheblichen Verletzungen

Nachdem es bereits zu wechselseitigen Provokationen und Beleidigungen gekommen war, verabredeten sich die Mitglieder zweier rivalisierender Jugendgruppen zu einer Schlägerei. Dabei sollten Faustschlägen und Fußtritten erlaubt sein und die Beteiligten billigten sogar den Eintritt erheblicher Verletzungen. Während der Prügelei kam es dann tatsächlich zu schweren Verletzungen durch Schläge und Tritte gegen Kopf und Körper. Ein Beteiligter erlitt eine Schädelprellung, ein anderer verlor drei Zähne und brach sich die Nase, ein weiterer musste wegen seiner Verletzungen einen Tag auf der Intensivstation und zwei weitere Tage stationär behandelt werden.

Einwilligungen in Schläge und Tritte keine Rechtfertigung

Das LG Stuttgart hatte daraufhin drei Heranwachsende wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung nach Jugendstrafrecht verurteilt. Die Einwilligung der Verletzten in die Schläge und Tritte wurden dabei nicht als Rechtfertigung akzeptiert. Gegen diese rechtliche Bewertung wandten sich die Verurteilten mit ihrer Revision.

Körperverletzungshandlung verstößt gegen die guten Sitten

Der BGH bestätigte die Rechtsauffassung des Landgerichts und bejahte zunächst das Vorliegen einer Einwilligung. Da Gegenstand der Übereinkunft auch Faustschläge und Fußtritte waren, hatten die Einwilligenden auch eine Vorstellung von dem voraussichtlichen Verlauf und den möglichen Folgen des Angriffs. Ihre Zustimmung zu der Prügelei schloss somit auch die daraus typischerweise resultierenden Verletzungsfolgen ein. Allerdings konnte die Einwilligung keine rechtfertigende Wirkung entfalten, da die Körperverletzung gegen die guten Sitten verstieß (§ 228 StGB).

Gefahr für Leib und Leben

Die Unvereinbarkeit einer Körperverletzung mit den guten Sitten beurteilt sich nach der Ausführungsart und der damit einhergehenden Gefahr für Leib und Leben des Opfers. Wird die einwilligende Person danach bei objektiver Betrachtung und unter Einbeziehung aller maßgeblichen Umstände in konkrete Todesgefahr gebracht, ist die Körperverletzungshandlung sittenwidrig. Bei massiven Faustschlägen und Fußtritten gerade im Kopfbereich ist nach Ansicht der BGH-Richter regelmäßig von einer konkreten Todesgefahr auszugehen sein.

Andere Bewertung von Sportwettkämpfen

In Abgrenzung hierzu betonten die Richter, dass dies bei sportlichen Wettkämpfen anders gewertet wird. Hier ist anerkannt, dass entsprechende Taten selbst bei Gefahr erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht gegen die guten Sitten verstoßen, wenn die Verhaltensweisen nach den maßgeblichen Regeln des Wettkampfs gestattet sind. Gerade das Aufstellen und Einhalten der Wettkampfregeln bewirkten hier eine Begrenzung des Gefährlichkeitspotentials. In diesen Fällen sind die Körperverletzungshandlung und der daraus resultierende Erfolg durch die Einwilligung gedeckt.

Abstraktgenerelle Eskalationsgefahr

Anders als bei sportlichen Wettkämpfen fehlte im vorliegenden Fall zusätzlich an Absprachen und Vorkehrungen, die lebensbedrohliche Situationen ausschließen. Beispielsweise wurden im Vorfeld nicht geregelt, ob Tritte gegen den Kopf erlaubt sind und ob mit den Schlägen aufzuhören ist, wenn der Gegner nicht mehr wehrfähig verletzt am Boden liegt. Die im Zusammenhang mit einer Schlägerei typischerweise bestehende abstraktgenerelle Eskalationsgefahr birgt auch immer eine so erhebliche Gefahr für das Leben und die körperlichen Unversehrtheit der Beteiligten, dass die Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten ist.

BGH, Beschluss v. 20.2.2013, 1 StR 585/12


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