„Führerschein“ für Hundebesitzer
Der Antragsteller war Besitzer eines ca. vier Jahre alten Schäferhund-Rüden und dessen drei Jahre alten weiblichen Nachwuchses. In einer anonymen Anzeige wurde ihm vorgeworfen, seine Hunde zu treten und zu schlagen.
Erhärteter Verdacht auf Tierquälerei
Kontrollbesuche bei dem Hundehalter durch die zuständige Behörde in Begleitung einer Amtstierärztin erhärteten den Verdacht der Tierquälerei. Der Hundehalter bestritt diese Vorwürfe aber vehement und drohte für den Fall behördlicher Auflagen an, den Hunden werde etwas passieren oder er werde sie weggeben. Die Behörde gab dem Hundehalter u.a. auf, einen Nachweis über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen und praktischen Sachkundeprüfung zum Beweis seiner Eignung als Hundehalter vorzulegen. Sie ordnete die sofortige Vollziehung an.
VG sieht Tierschutzbehörde in der Beweispflicht
Der Hundehalter wehrte sich und beantragte beim zuständigen VG die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Das VG sah denn auch die behördlichen Verfügungen als überzogen an und setzte die sofortige Vollziehung aus.
Es sei nicht erwiesen, dass der Antragsteller die Tiere tatsächlich geschlagen habe. Auch die Tatsache, dass beide Hunde bereits durch einen Beißvorfall und durch Entlaufen aufgefallen seien, begründeten nach Auffassung des VG noch nicht hinreichend die Annahme, dass der Hundehalter seiner Aufgabe nicht gewachsen sei. Daher werde sich aller Voraussicht nach der Hauptsachebescheid als rechtswidrig erweisen, so dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig sei.
OVG: Der Hundehalter muss seine Eignung nachweisen
Wie unterschiedlich das Verständnis von Gesetzen sein kann, beweist die Gesetzesauslegung durch das OVG. Gemäß § 2 TierSchG müsse ein Tierhalter über die für die Haltung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Zur angemessenen Pflege eines Tieres gehöre alles, was nach allgemeinem Sprachgebrauch unter einer guten Tierbehandlung zu verstehen sei.
Bestünden an der Eignung eines Hundehalters begründete Zweifel, so könne die Behörde von diesem deinen Eignungsnachweis verlangen.
Das sah nicht gut aus
Zweifel seien vorliegend vor allem deshalb begründet, weil die Tierärztin bei den zweifachen Besuchen beim Antragsteller eindeutige Zeichen von typischem Angstverhalten der Hunde festgestellt habe.
So habe sich einer der Hunde dem Halter nur auf dem Bauch kriechend mit eingeklemmtem Schwanz und bleckenden Zähnen genähert.
Der andere Hund sei überhaupt nicht bereit gewesen, sich dem Halter zu nähern.
Auch das Streunen der Hunde auf einer Bundesstraße im Jahre 2010 sei geeignet, Zweifel an den diesbezüglichen Fähigkeiten des Antragstellers zu wecken.
Prüfung nicht nur aus Tierschutzgründen geboten
Die Sachlage rechtfertigte es nach Auffassung der Richter daher, von dem Antragsteller eine Eignungsprüfung zu verlangen. Nicht zuletzt aus Gründen des Schutzes der Allgemeinheit sei dies sogar zwingend geboten. Dabei komme der Hundehalter mit der Prüfungspflicht noch gut weg. Käme man nämlich zu dem - angesichts der Umstände nicht völlig abwegigen - Schluss, er habe seine Tiere vorsätzlich misshandelt, seien auch schärfere Maßnahmen wie der Entzug der Hunde in Betracht zu ziehen. Die getroffenen Verfügungen seien daher auch unter Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht zu beanstanden.
Tierschutz geht vor Privatinteresse
Die Prognose für das Hauptsacheverfahren legt es nach Auffassung der OVG nahe, dass sich die getroffenen Hauptsacheverfügungen als rechtmäßig erweisen werden. Deshalb müsse das Individualinteresse des Antragstellers an einem freizügigen Umgang mit seinen Tieren hinter das öffentliche Interesse an einem effektiven Schutz der Tiere vor Misshandlungen zurücktreten. Die Richter ordneten daher die sofortige Vollziehung der Grundverfügungen wieder an. Der Antragsteller wird an den geforderten Prüfungen nicht vorbeikommen.
(OVG Lüneburg, Beschluss v. 15.10.2012, 11 ME 234/12).
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