Insolvenzrechtsreform gilt nun definitiv ab Mitte 2014

Die zweite Insolvenzrechtsreform hat den Bundesrat passiert, steht im Bundesgesetzblatt und tritt zum 1.7.2014 in Kraft. Die Restschuldbefreiung kann nach neuem Recht schneller erreicht werden, es gibt aber auch neue Versagungsgründe.

Im Insolvenzrecht gibt es ab 1.7.2014 spürbare Erleichterungen für Schuldner. Überschuldete sollen früher wieder die Chance zum Neuanfang bekommen, sofern sie sich glaubhaft um Entschädigung ihrer Gläubiger bemühen.

Restschuldbefreiung teilweise bereits nach drei bzw. fünf Jahren

Das Gesetz gewährt Restschuldbefreiung nach neuem Recht u.U. bereits früher. Zwar wird wie bisher gem. § 300 Abs. 1 InsO spätestens 6 Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Erteilung der Restschuldbefreiung entschieden. Diese Frist verkürzt sich aber

  • auf drei Jahre (gem. § 300 Abs. 1 Ziff. 2 InsO), wenn es dem Schuldner gelingt es, mindestens 35 % der Schulden, die Gläubiger angemeldet haben, sowie die gesamten Verfahrenskosten in diesem Zeitraum zu zahlen.

  • Bzw. auf fünf Jahre (gem. § 300 Abs. 1 Ziff. 3 InsO), wenn es dem Schuldner innerhalb dieses Zeitraums zumindest gelingt, die gesamten Verfahrenskosten (im Regelfall ca. ca. 1.500 - 3.000 EUR) abzutragen.

In den übrigen Fällen bleibt es bei der bisherigen Wohlverhaltensphase von sechs Jahren. Zur sofortigen Erteilung der Restschuldbefreiung kommt es weiterhin, sobald die Verfahrenskosten und die Forderung sämtlicher anmeldender Gläubiger zu 100 % gedeckt sind.

Verbraucher-Insolvenzplanverfahren

Ein Kernpunkt der Gesetzesänderung ist die Schaffung eines Verbraucher-Insolvenzplanverfahrens. Dieses Verfahren ermöglicht dem Verbraucher unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls einen Plan darüber zu erarbeiten, auf welche Weise und in welcher Höhe die Entschuldung durchgeführt werden soll.

Ein solcher Plan kann im Einvernehmen mit Gläubigern und Gericht unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben zu Zeit und Höhe der Schuldentilgung einen dem konkreten Fall angepassten, eigenständigen Weg zur Schuldenbefreiung schaffen.

Gesetz tritt zum 1.7.2014 in Kraft

Zum 1.7.2014 wird das Gesetz in Kraft treten. Nur für Verfahren, die nach Inkrafttreten eröffnet werden, kann die vorgezogene Restschuldbefreiung beantragt werden. Auf Insolvenzverfahren, deren Eröffnung zuvor beantragt wurde, finden die §§ 114, 290 ff. InsO alter Fassung Anwendung.

Ausnahme: Die Beantragung des Verbraucher-Insolvenzplanverfahrens kann auch für die bereits zuvor eingeleiteten Privatinsolvenzen beantragt werden

Neue Ausnahmen von der Restschuldbefreiung

Auch nach neuem Recht wird das Insolvenzverfahren für die Schuldner kein Spaziergang. Es werden im Gegenteil auch einige neue Hürden auf dem Weg zur Restschuldbefreiung eingebaut. Bis jetzt waren lediglich Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung sowie Geldstrafen und -bußen etc. von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Jetzt sind hinzugekommen:

  • Ansprüche aus rückständigem Unterhalt, den der Schuldner pflichtwidrig nicht gewährt hat

  • Steuerschulden, wenn der Schuldner wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder 374 der AO rechtskräftig verurteilt worden ist.

Versagung der Restschuldbefreiung

Es wurden auch die Versagungsgründe (§ 290 InsO) geändert. Ab 1.7.2014 kann ein Gläubigerantrag auf Versagung der Restschuldbefreiung im laufenden Insolvenzverfahren jederzeit schriftlich gestellt werden. Die Restschuldbefreiung ist zukünftig gem. § 290 Abs. Ziff. 7 InsO auch zu versagen, wenn der Schuldner seine Erwerbsobliegenheiten nach § 287 b InsO n. F. verletzt. Sie kann außerdem auch noch nach dem Schlusstermin die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn nachträglich ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO festgestellt wird. 

Neuer Antrag nach dem Scheitern der Restschuldbefreiung

Ab Mitte 2014 kann auch bereits 5 Jahre nach rechtskräftiger Versagung einer Restschuldbefreiung ein neuer Antrag gestellt werden (bisher erst nach 10 Jahren).

Hintergrund: Für Schuldner war es nach bisheriger Gesetzeslage nicht leicht, sich über einen Zeitraum von sechs Jahren (= Wohlverhaltensphase) mit dem Nötigsten zu begnügen, um in möglichst großem Umfange die Forderungen der Gläubiger zu bedienen. Im europäischen Ausland ist dieser Zeitraum teilweise deutlich kürzer. Die Reform soll einen Mentalitätswechsel im Insolvenzrecht herbeiführen. Insolvenz soll nicht den Endpunkt darstellen, sondern Hoffnung auf einen Neuanfang lassen.

Wichtig: Allerdings kann im Einzelfall auch ein Antrag vor Inkrafttreten der Neuregelung sinnvoll oder sogar besser sein, etwa beim Greifen neuer Versagungsgründe oder Ausnahmen von der Restschuldbefreiung. 


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