Internetbetrug durch Scheinfirmen
Das kann teuer werden, wie jetzt eine angeblich ahnungslose Steigbügelhalterin, erkennen musste. Sie wollte - so ließ sie sich ein - nur ihr Girokonto zur Verfügung stellen, aber hatte im Übrigen nichts Böses im Sinn.
Onlinezugangsberechtigung zu privatem Girokonto abgetreten
Diese hatte einer ihr unbekannten Person gegen ein monatliches Entgelt von 400 EUR die Onlinezugangsberechtigung zu ihrem privaten Girokonto abgetreten. Dahinter steckte eine Scheinfirma, die u.a. Digitalkamers zu besonders günstigen Preisen im Netz zum Kauf anbot. Die Bezahlung funktionierte per Vorkasse.
In kurzer Zeit zog die „Anbieterin“ auf diese Weise ca. 51.000 EUR über das „gemietete“ Girokonto ein. Ein Kunde, der 295,90 EUR für eine bestellte, aber nicht gelieferte Digitalkamera im Voraus überwiesen hatte, verlangte den Betrag von der Kontoinhaberin zurück und verklagte diese erfolgreich über drei Instanzen.
Die Kontoinhaberin handelte fahrlässig
Wie sich im gerichtlichen Verfahren herausstellte, lieferte die von der „Mieterin“ des Kontos betriebene Scheinfirma überhaupt keine Waren aus. Das gemietete Konto wurde ausschließlich dazu genutzt, auf betrügerische Weise Kunden abzukassieren.
Nach Auffassung aller gerichtlichen Instanzen hätte die Beklagte erkennen können und müssen, dass der „Mieter“ des Kontos keine seriöse Verwendung der Bankverbindung beabsichtigte.
Warum sonst hätte er für die Zugangsmöglichkeit zu einem Girokonto monatlich 400 EUR zahlen sollen?
Die Kontoinhaberin hätte damit rechnen müssen, dass über ihr Girokonto rechtswidrige Geschäfte abgewickelt werden sollten.
Wer ein Girokonto „blind“ zur Verfügung stellt macht sich strafbar.
Grundlage der richterlichen Entscheidungen war § 261 StGB. Nach dieser Vorschrift wird u.a. bestraft, wer einen Gegenstand (hier: Geld), der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, verwahrt, die Herkunft eines solchen Gegenstandes verschleiert bzw. dessen Sicherstellung gefährdet. Nach Abs. 5 dieser Vorschrift wird auch der bestraft, der leichtfertig die Augen vor der rechtswidrigen Herkunft des Gegenstandes verschließt. Zumindest letzteres sahen die Gerichte bei der Beklagten als gegeben an. Ein positives Wissen war ihr nicht nachzuweisen.
Der Geldwäscheparagraph ist ein Schutzgesetz.
Gemäß § 823 Abs. 2 BGB führt ein Verstoß gegen eine strafrechtliche Vorschrift nur dann zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Delinquenten, wenn das verletzte Strafgesetz zumindest auch den Schutz des Geschädigten im Sinn hat. Dies ist deshalb nicht ganz unproblematisch, weil die Geldwäschegesetze in erster Linie dem Schutz des Staates bzw. eines geordneten Finanzmarktes dienen. Dieser Schutzzweck verhindert nach Auffassung der beteiligten Instanzgerichte jedoch nicht, dass das Gesetz auch den Schutz der durch die Vortaten Geschädigten bezweckt.
Vorliegend wurde das Vermögen der Internetkunden durch das betrügerische Verhalten der Scheinanbieterin geschädigt. Die Gerichte bejahten daher die Anwendung von § 261 StGB im Rahmen der Schadenersatzregelung des § 823 Abs. 2 BGB.
Weitere Geschädigte stehen in den Startlöchern
Da die Beklagte gegen ein Schutzgesetz verstoßen hatte, sahen die Gerichte einhellig ihre Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadenersatz als gegeben an. Hinsichtlich der konkreten Klageforderung von knapp 300 EUR war das sicher zu verschmerzen. Aber da warten möglicherweise noch Forderungen von über 50.000 EUR. Das wird dann bitter.
(BGH, Urteil v. 19.12.2012, VIII ZR 302/11).
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