Streit um tagesschau-app: ARD und Zeitungsverlage vor Gericht

Zwischen der ARD und verschiedenen Zeitungsverlagen tobt ein heftiger Streit um die Zulässigkeit der von der ARD lancierten Tagesschau - App. Nach Einschätzung der Zeitungsverleger handelt es sich um ein presseähnliches, wettbewerbswidriges Konkurrenzprodukt.

Im August 2010 hatte der NDR-Rundfunkrat in einem so genannten „3-Stufen-Test“ die Tagesschau - App für mit dem Rundfunkstaatsvertrag vereinbar befunden. Hierauf hatte die niedersächsische Staatskanzlei die App offiziell freigegeben – dies sehr zum Ärger der Verleger. Sie sehen in der kostenlosen App eine unzulässige Konkurrenz zu eigenen Produkten. 11 Verleger zogen darauf vor Gericht, darunter die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Axel Springer und die Funke - Mediengruppe (WAZ).

App ist unzulässiges Konkurrenzprodukt

Das erstinstanzlich mit der Sache befasste LG erklärte die App für unzulässig. Es handele sich um ein nicht sendungsbezogenes, presseähnliches Angebot, das geeignet sei, als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen oder Zeitschriften zu dienen. Damit sei es ein direktes Konkurrenzprodukt zur Presse und widerspreche § 11 d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Rundfunkstaatsvertrages. Mit dieser Entscheidung gab sich die ARD nicht zufrieden und legte Berufung ein.

Zulässige mobile Übertragungsform

Das zweitinstanzlich mit der Sache befasste OLG schätzte die App völlig anders ein. Ihrem Wesen nach sei die App lediglich eine mobile Übertragungsform für Inhalte des ohnehin bestehenden ARD – Online – Angebots “Tagesschau.de“. Die App beinhalte keinen über dieses Online - Angebot hinausgehenden eigenständigen Gehalt und benutze medientypische Gestaltungselemente wie Bewegtbilder, Audios und interaktive Module. Hierdurch unterscheide sich das Produkt von entsprechenden Presseprodukten und sei daher nicht als presseähnlich einzustufen.

Entscheidung des Rundfunkrates wettbewerbsrechtlich nicht justiziabel

Im übrigen machte der OLG - Senat klar, dass er sich nicht befugt fühle, die Presseähnlichkeit des Angebots substanziell zu überprüfen. Der Senat habe lediglich wettbewerbsrechtliche Verstöße festzustellen und sei im übrigen an die Bewertung der mit der Prüfung des Telemedienkonzepts befassten Institutionen gebunden. Die Freigabe des Konzepts durch die niedersächsische Staatskanzlei bedeute eine rechtsverbindliche Feststellung der Konformität des Medienangebots. Diese Feststellung entziehe sich der richterlichen Überprüfung.

ARD begrüßt die Entscheidung

Die Weigerung des OLG, die Entscheidung des Rundfunkrats bzw. der Staatskanzlei auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, löste bei den Verlegern einen Schrei der Empörung aus. Solche Entscheidungen seien von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung für die Presselandschaft und müssten daher in vollem Umfange justiziabel und dürften nicht wettbewerbsrechtlich tabu bleiben. Nicht überraschend ist, dass die ARD die Entscheidung begrüßte und die Verleger aufforderte, nicht auf Konfrontation, sondern auf Kooperation zu setzen. Die ARD sei jederzeit bereit, die Angelegenheit mit den Zeitungsverlagen umfassend zu erörtern und nach einer einvernehmlichen Regelung zu suchen. Dies lehnten die Zeitungsverleger unter Hinweis darauf ab, dass die App bis Ende 2013 nahezu 7 Millionen Mal heruntergeladen worden sei und damit eine grundsätzliche Marktbedeutung habe, an der die Verleger nicht vorbeigehen könnten.

Revision zugelassen

Wegen der erheblichen wettbewerbsrechtlichen Bedeutung der §§ 11 d und 11 f des Rundfunkstaatsvertrages hat das OLG die Revision zum BGH zugelassen, die von den Zeitungsverleger auch eingelegt wurde. Damit bleibt die Sache weiter spannend.

(OLG Köln, Urteil v. 20.12.2013, 6 U 188/12)


Schlagworte zum Thema:  Wettbewerbsrecht