Türke hatte Pech

Die Verurteilung zu einer 10-monatigen Jugendstrafe steht einem Einbürgerungsantrag auch dann entgegen, wenn das Jugendgericht nachträglich die Beseitigung des Strafmakels der Jugendstrafe angeordnet hat.

Der inzwischen 31 Jahre alte türkische Staatsangehörige war im Jahr 2002 zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten wegen Bedrohung in Tateinheit mit dem Führen einer Schusswaffe verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Im Jahr 2005 erklärte das Jugendgericht nach Ablauf der Bewährungszeit den Strafmakel der Verurteilung nach dem Jugendgerichtsgesetz für beseitigt (Entmakelung). Den Jahre später gestellten Antrag des Betroffenen auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung lehnte die zuständige Behörde mit Hinweis auf die damalige Jugendstrafe ab. Im Zentralregister war diese Strafe zwar nicht mehr ersichtlich, jedoch hatte die Behörde einen Hinweis auf die Verurteilung in der von ihr beigezogenen Ausländerakte entdeckt.

Behördenwillkür?

Der Betroffene wehrte sich gerichtlich gegen diese Entscheidung. Nach seiner Auffassung hätte die Einbürgerungsbehörde diese Strafe nicht berücksichtigen dürfen, da der Strafmakel ausdrücklich für beseitigt erklärt worden war. Aus seiner Sicht stellt es ein willkürliches und widersprüchliches Verhalten der Behörden dar, wenn im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens dieser durch ein Gericht beseitigte Strafmakel nun doch berücksichtigt wird.

Schwere Straftaten

Dies sah das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) anders. Gemäß § 12a Abs. 1 S. 1 StAG haben bei einer Einbürgerung Verurteilungen bis zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen außer Betracht zu bleiben, darüber hinaus Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt sind und die nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wurden. Das BVerwG wies darauf hin, dass durch die gegen den Betroffenen verhängte Jugendstrafe dieser Grenzwert erheblich überschritten worden sei. Hinzu komme noch eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen im März 2007. In der Addition sei damit die Grenze des StAG sogar um das Vierfache überschritten

Die Wirkung der Entmakelung ist begrenzt

Nach Auffassung des BVerwG durfte die Verurteilung auch ausländerrechtlich weiter verwertet werden. Die nach Jugendstrafrecht verfügte Beseitigung des Strafmakels habe für das Einbürgerungsverfahren keine Bedeutung. Zwar dürften diese Strafen nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis aufgenommen werden, gleichwohl erlaube § 41 Abs. 1 BZRG die Mitteilung dieser Strafen an andere Behörden. Tilgungsreife im Bundeszentralregister trete im übrigen erst zehn Jahre nach Verhängung der letzten Strafe, also erst im Jahre 2017, ein. Die Entmakelung der Jugendstrafe führe im Ergebnis nur zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung durch die Behörden im Rechtsverkehr, verhindere aber nicht die Berücksichtigung im Einbürgerungsverfahren.

Ablehnung der Einbürgerungszusicherung war zwingend

Das Gericht verkannte nicht, dass im Regelfall die Einbürgerungsbehörde von einer entmakelten Jugendstrafe keine Kenntnis erlangt. Vorliegend habe die Einbürgerungsbehörde nur durch den eher zufällig eingetragenen Vermerk in der Ausländerakte den entsprechenden Hinweis erhalten. Dies ändere aber nichts daran, dass gemäß § 10 StAG eine solche Strafe im Einbürgerungsverfahren zwingend zu berücksichtigen sei und eine Strafe in dieser Höhe die Einbürgerung auch zwingend verhindere. Die Behörde hätte nach Kenntnis von dieser Strafe also keine Ermessensspielräume gehabt und den Antrag auf Einbürgerungszusicherung zwingend abweisen müssen

(BVerwG, Urteil v. 5.6.2014, 10 C 4.14)

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